Pico Bello
Ruine, Wohnhaus und Skulptur: Feriendomizil auf der Azoreninsel Pico.
Es ist wie mit einer alten Wurzel, aus der ein neuer, junger Baum gewachsen ist: Auf Pico, einer Insel der portugiesischen Azoren, setzte das Architekturbüro SAMI ein graziles Betonvolumen in die Wände eines alten Bauernhauses. An machen Stellen nahtlos, an anderen leicht versetzt oder mit respektvollem Abstand. Eine wunderbar einfache, baukünstlerische Metapher für Erneuerung und Wiederauferstehung.
Die Insel Pico ist landschaftlich durch den gleichnamigen Vulkan geprägt. Seine Silhouette lässt das Eiland zwischen zwei Extremen pendeln: der horizontalen Linie des Atlantischen Ozeans und dem Gipfel des höchsten Bergs Portugals. Eine Dramatik, die sich die das E/C House genannte Projek von SAMI zu eigen macht.
Auferstanden aus Ruinen
Alles begann mit den steinernen Resten eines alten Bauernhauses am Hang: einer Ruine. Die Beteiligten waren sich schnell einig, dass sie nicht nur erhalten, sondern in das neue Ferienhaus integriert werden sollte. Was dann folgte, erinnert ein wenig an das Matroschka-Prinzip: Die Architekten modellierten den Neubau in die alte Substanz hinein. Altes Gemäuer und neu errichtete Betonwände schmiegen sich nun eng aneinander. Mal tritt der Neubau hervor, mal versteckt er sich hinter den aufgetürmten und bemoosten Steinen: Alles scheint sich entlang eines unsichtbaren und äußerst schmalen Grats zu bewegen, von dem die architektonischen Aggregatszustände immer wieder ab- und zurückweichen.
Häuslein, versteck Dich
Erschlossen wird das Haus von oben: Hier führt eine schmale Straße entlang, die sich das steile Terrain hinaufschlängelt. Erde und Stein sind auf der Insel dunkel eingefärbt durch den über allem thronenden Vulkan. Und zusammen mit dem subtropischen Klima entsteht eine surreale Atmosphäre, die die Sinne zu trüben scheint. Tritt man als Besucher näher an das Gebäude heran, erschließt sich nicht sofort, um was es sich bei dieser Struktur nun handeln soll: Ruine, Skulptur oder Wohnhaus? Und dieses Versteckspiel setzen die Architekten auch im Detail fort. Die alten Mauern, die den Neubau aus hellem Beton ummanteln, dienen einerseits als spannende historische Hülle, andererseits werden sie zu Podesten, Sitzflächen und Stufen, die das Ensemble auch architektonisch aufwerten. Das Architekturbüro SAMI platzierte zudem großformatige Öffnungen so, dass sie die Überreste geschickt in Szene setzen.
Nebulös nominiert
Die Einrichtung des Wohnhauses ist minimal und in seiner Farb- und Materialgebung äußerst zurückhaltend: Weiße Wände und Oberflächen, Einbauten aus unbehandeltem Holz und graue Polster- und Kissenbezüge bilden einen fast schon nebulösen Hintergrund für die aufregende Choreografie von Architektur und Landschaft, die nicht umsonst in diesem Jahr für den Mies van der Rohe Award nominiert wurde. Das Phantom von Pico spielt mit seiner Wirkung und macht sich die Qualitäten der alten und der neuen Form zunutze – trotz des modernen Neubaus bleibt der Ruinencharakter erhalten und zieht sich auch ins Innere hinein.
FOTOGRAFIE Paulo Catrica
Paulo Catrica
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