Rohbau-Charme im Grünen
Umbau eines Bauernhauses in der Uckermark von Gonzalez Haase AAS

Viel brauchte es nicht für die Sanierung eines halb zerstörten Bauernhauses nordöstlich von Berlin: Mit behutsam freigelegten Mauerresten, einer neuen Betonstruktur und einem Holzdachstuhl plus OSB-Verkleidung wurde der einfache Bau wieder nutzbar gemacht. Die bewusst roh belassenen Oberflächen und erkennbaren Schichten wirken so urwüchsig wie das wilde Grün der Umgebung.
Inmitten landwirtschaftlicher Nutzflächen in der Uckermark, nur wenige Kilometer von der polnischen Grenze entfernt, liegt ein kleines Gehöft mit drei U-förmig angeordneten Gebäuden. Die Ostsee ist hier näher als Berlin – ein idealer Rückzugsort für müde Großstädter*innen und eine Inspirationsquelle für Künstler*innen. Das Berliner Büro Gonzalez Haase AAS übernahm die Aufgabe, das seit geraumer Zeit leer stehende, teilweise zerstörte Ensemble für ein Paar zu sanieren und eine erneute Nutzung zu ermöglichen.
Drei Gebäude im Grünen
Die Hoffläche ist nur teilweise mit einem Pflaster befestigt, sodass die drei Häuser unmittelbar in das üppige, aus Gräsern und Wildblumen bestehende Grün der Umgebung eingebunden sind. Die beiden alten Wirtschaftsgebäude mit typischem Mauerwerk und Bretterschalung wurden dem ursprünglichen Charakter der Bauten entsprechend restauriert und mit neuer Dachdeckung versehen. Im Gegensatz dazu war das dritte Gebäude – das eigentliche Haus der Familie – in den 1980er-Jahren kostengünstig auf den Überresten eines Mitte des 19. Jahrhunderts entstandenen Vorgängerbaus errichtet worden und nur eingeschränkt erhaltenswert.
Symbiose aus alt und neu
Die Architekt*innen entschieden sich dafür, die historischen Teile des Bestands mit reduzierten und erkennbar zeitgenössischen Formen und Materialien zu ergänzen. Zunächst wurden die zu erhaltenden Mauerreste freigelegt und die baulichen Eingriffe späteren Datums aufgrund ihres schlechten Zustands entfernt. Anschließend wurden die Relikte des alten Baus in eine neue, einheitliche Betonstruktur integriert. Dabei entspricht die Grundfläche des Baus exakt dem ursprünglichen Gebäude. Der Betonkörper bildet das Erdgeschoss mit Wohnbereich, Küche und Bad. Mithilfe des aufgesetzten Dachstuhls aus Holz wurde im Obergeschoss Platz für zwei Schlafräume geschaffen. Auf Innentüren wurde vollständig verzichtet, sodass die Räume ineinander übergehen. Nur kleine Wandvorsprünge bieten etwas Privatheit.
Haus mit vier Fenstern
Das Gebäude ist denkbar einfach strukturiert: ein eingeschossiger Bau mit rechteckigem Grundriss, darüber ein Satteldach und auf jeder Fassadenseite eine überdimensionierte, gerahmte Öffnung. Es ist schlicht „ein Haus mit vier Fenstern“, wie die Architekt*innen ihr Projekt selbst nennen. Das Motiv der Öffnung wurde dabei variantenreich umgesetzt: geschosshohe Verglasungen an den Längsseiten, an den Giebelseiten jeweils geschossübergreifend mit Querbalken und teilweise mit integrierten Lüftungsklappen.
Rohe Oberflächen
Die Darstellung der verschiedenen Schichten und das Verwenden einfacher, robuster Materialien waren die zentralen Motive bei dem Entwurf. Für die Dachuntersicht und Innenausbauten wurden OSB-Platten verwendet. Auch für die Schalung der Betonwände kam OSB zum Einsatz. Die Schalung zeichnet sich detailliert im Beton ab, sodass sich die beiden Materialien sehr gut ergänzen und in ein Gesamtbild fügen. Alle Oberflächen wurden roh belassen – ohne Anstriche, Lasuren oder Verkleidung. Das Haus kokettiert mit dem Charakter des Unfertigen. Es wirkt zwanglos. Und mit dem Blick durch das große Fenster in die naturbelassene Umgebung können die Gedanken schweifen.
FOTOGRAFIE Thomas Meyer Thomas Meyer
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