Schatten aus Zement
Ein mexikanisches Feriendomizil im Valle de Bravo von PPAA
Wie ein geheimnisvoller Tempel versteckt sich das von PPAA gestaltete Ferienhaus im mexikanischen Wald. Monochrom in Zementgrau ist es im Schatten der Bäume gut getarnt. Sein stufiges Layout führt durch die verschiedenen Ebenen des Forstes und erinnert an die Besteigung eines Berges. Highlight ist die Terrasse, die im grünen Dickicht die Aufgabe einer Lichtung übernimmt und mit ihrem Pool zum sozialen Epizentrum wird.
Aufgrund der zentralen Lage von Mexiko-Stadt im Landesinneren führen Ausflüge stadtflüchtende Bewohner*innen meist nicht an die fünf bis sechs Autostunden entfernten Küsten, sondern in die Wälder, Berge und an die Seen der Region. Das Valle de Bravo ist eines der beliebtesten Ziele. Auf 1.800 Metern gelegen bietet es ein mildes Klima sowie mit Stausee und immergrünen Wäldern viel Raum fürs Naturerlebnis. Auf einem einsamen Waldgrundstück ließ sich der Gründer einer Kommunikationsagentur aus der Hauptstadt vom Architekturbüro Pérez Palacios Arquitectos Asociados (PPAA) ein Wochenendrefugium entwerfen. Mit sechs Schlafzimmern ist das Haus großzügig angelegt. Dennoch war es dem Auftraggeber wichtig, dass die Architektur in einen zurückhaltenden Dialog mit der Umgebung tritt und beim Bau die Landschaft möglichst unberührt bleibt.
Symbiose von Landschaft und Architektur
Das brutalistische, skulpturale und monolithische Volumen ist ein maximaler Kontrast zum üppigen Grün – und doch ein optimaler Verbündeter. Der Bau ist komplett in Anthrazit ausgeführt, wirkt wie aus einem Guss und ist ästhetisch so leise wie ein Schatten. Wie ein massiver Felsblock wird er hinter Stämmen, Ästen und Blättern geradezu unsichtbar. Passend dazu wirken die dunklen Räume mit ihren Betonwänden und steinernen Böden, die nahtlos in Terrassen übergehen, wie asketische Höhlen. Die bodentiefen Fenster laufen auf in den Boden eingelassenen Schienen und lassen sich komplett öffnen. Sie machen das Haus zu einem Teil des Waldes und den Wald zu einem Teil des Hauses. Klare Grenzen sind kaum vorhanden. Nur wenige Zentimeter trennen manchen Baum vom Gemäuer und das Unterholz schließt unmittelbar an den Laubengang an, der in dem höhergelegenen Baukörper als Pufferzone dient.
Statische Raumangebote
Weil das Haus an und in einen Hang gebaut wurde, funktioniert es wie ein abgetreppter Bungalow. Die höher liegende Fläche beherbergt die Wohnzone mit Lounge, rundem Essplatz, einer langen Tafel und der räumlich separierten Küche. Die gesamte Struktur ist für viele Nutzer*innen ausgelegt, damit der Eigner das Haus auch bei einer Workation mit den Kolleg*innen aus seiner Agentur nutzen kann. Die Ausstattung wurde dabei aber auf ein Minimum reduziert. Viele Nutzungsangebote ergeben sich aus in die Architektur integrierten Plattformen, Tischen, Bänken und Becken. Der Bereich rund um den Kamin wird durch eine an der Wand verlaufende breite Stufe zur Sofaecke. Tische aus Steinplatten definieren unverrückbar Kommunikationszonen. Auch die Badewanne des Master Bedrooms wurde fugenlos in Wände und Boden integriert.
Atmosphärische Kletterpartie
Der großzügige Wohnbereich geht direkt in eine partiell überdachte Terrasse über, die im Pool mündet. Neben dem Wasserbecken führt eine Treppe sowohl zum tiefer liegenden zweiten Gebäudeblock als auch auf dessen Dach, das als alternatives Sonnendeck, baumfreie Außenzone und Aussichtsplattform dient. Dort sind die Bewohner*innen und Gäste durch das Gefälle des Geländes auf Höhe der Baumkronen und erleben Flora und Fauna aus einer anderen Perspektive als in den bodennahen Schlafzimmern. Das Konzept folgt der Logik der Natur: In der geschützten Atmosphäre des Dickichts finden sich die privaten Rückzugsräume, die höhergelegene Lichtung ist Treffpunkt und Aufenthaltsbereich während des Tages. „Das Konzept dieses Hauses erinnert an das Erklimmen eines Berges“, erklären die Architekt*innen. „Wenn man hinaufsteigt, entdeckt man eine atemberaubende Aussicht.“
Findling im Foyer
Der Bau von PPAA zeigt Demut vor dem naturnahen Standort, der auch das Habitat anderer Waldbewohner*innen ist. Die Architektur soll nicht stören, sondern sich unaufdringlich in die Hanglage und zwischen das Bestandsgrün schmiegen. Für den Bau wurden keine Bäume gefällt und auch keine starken Aushubarbeiten vorgenommen. Allerdings wurde bei der Angleichung des Baugrundes ein großer Felsen freigelegt und kurzerhand in das Konzept des Hauses integriert. Der Findling liegt jetzt – eingeschlossen in die Architektur – im zum Himmel offenen Tunnel, der den Eingangsbereich formuliert. Inmitten der strengen Raumgeometrie erinnert er mit seiner organischen Silhouette an den Genius Loci und wirkt in seiner sakralen Präsenz wie eine Bitte um Ruhe und Respekt.
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