Sevil Peach: Arbeiten im Wohnzimmer
Im dänischen Ebeltoft wurde das Kvadrat-Headquarter in eine gemütliche Wohnlandschaft verwandelt.
Kvadrat ist eine Maschine, der Hauptsitz der Firma im dänischen Ebeltoft aber gleicht eher einer Wohnlandschaft mit Küche, Kamin und Bibliothek. Es liegt auf der Hand, wer hier die Finger im Spiel hatte: Sevil Peach.
Mit Vitra, Novartis und Microsoft als Referenzen kam die Londoner Architektin letzten Sommer nach Ebeltoft in Dänemark: Hier sitzt der 1968 gegründete Textilverlag Kvadrat. Der Firmensitz entstand in den Achtzigerjahren, stammt von den Architekten Poulsen & Therkildsen aus dem benachbarten Aarhus und zeigte sich erstaunlich aktuell. Viel wollte Sevil Peach hier gar nicht ändern, das Backstein-Ensemble benötigte eher etwas Aufmerksamkeit: ein Makeover, ein paar Umbaumaßnahmen und eine Ausweitung der Lagerfläche.
Ob ein Headquarter in der Nähe von Basel oder eine jütländische Kleinstadt: In solchen „Off-Situationen“ muss alles stimmen, damit sich die Mitarbeiter fernab der Großstadt heute und in Zukunft wohlfühlen – vor allem, wenn das Unternehmen aus der Design- oder Möbelbranche kommt. Bei Kvadrat kommt die Liebe zu Textilien hinzu, die Stoffe aus Ebeltoft werden schließlich von Architekten und Designer der ganzen Welt geschätzt. Auch im Studio von Sevil Peach kannte man die Materialien aus Ebeltoft längst aus vorigen Projekten. Mit Danskina, Kinnasand, Soft Cells, der Raf Simons-Kollektion und den Stoffkollektionen ist die Kvadrat-Gruppe heute einer der führenden Textilverlage der Branche. Trotz Expansion steht weiterhin an erster Stelle die Familie.
Das Team von SevilPeach Architecture+Design hat im Kvadrat-Headquarter nicht nur völlig neue Büro- und Arbeitsplätze geschaffen, sondern auch kleine Rückzugsnischen, eine Bibliothek, einen 320 Quadratmeter großen Showroom und ein stattliches Entree in die 37 Jahre alten Mauern gezaubert. Der Gedanke des Open Space ist dabei so konsequent umgesetzt, wie man es selten sieht. Dass hier tatsächlich keine Büroeinheit eine Tür hat, fällt gar nicht auf. Dafür sorgen akustische Maßnahmen aus der Hausapotheke: Polstermöbel, Vorhänge und die lärmabsorbierenden Deckenpaneele von Kvadrat Soft Cells. Es ist ein Open Office, das funktioniert. Tatsächlich.
Mit Sevil Peach kamen auch die Blumen. Und zwar fast in jeden Raum. Außerdem blickt man von jedem Schreibtisch hinaus ins Grüne: dorthin, wo die grauen Schafe grasen, die Olafur Eliasson 2012 aus Island nach Ebeltoft gebracht hat. Auch das rote Haus vom Schweizer Künstler Roman Signer, dessen Satteldach sich nach unten stülpt und das Regenwasser sammelt, steht hier. Durch Anders Byriel, Sohn des Firmengründers und seit 20 Jahren Geschäftsführer von Kvadrat, richtet sich in Ebeltoft alles mehr und mehr auf Architektur und Kunst aus.
Das Interieur ist entsprechend der eigenen Produkte extrem hochwertig: Bürostühle und Tische von Vitra, Leuchten von Viabizzuno und eingebaute Regale und Wandschränke aus Eiche treffen auf Designklassiker wie den Loungesessel von Hans Olsen, Fundstücke wie den ess.tee.tisch von Jürg Bally, den Horgenglarus seit 2016 wieder herstellt, oder Kunst von Thomas Demand. Und wenn man sich in der Bibliothek auf eines der weichen Sofa setzt und mit den Augen durch die Regale wandert, fragt man sich nicht, wer hier arbeitet, man will wissen, wer wohnt hier eigentlich?
FOTOGRAFIE Ed Reeve
Ed Reeve