Ultragraue Implosion
Stuttgarts Architekturfakultät von Berger Röcker Gork Architekten
Wenn sich jemand für die brutale Seite von Beton begeistern kann, dann Architekten. Der Neubau aus Sichtbeton der Hochschule für Technik in Stuttgart zeigt sich weder im Stadtbild, noch im Innern gefällig. Mit der Botschaft, dass Schönheit einen nicht warm umarmen muss, sondern auch mal nackt und nüchtern sein kann, greifen Berger Röcker Gork Architekten so manchen Lehrinhalten vor.
Beton, Glas und Aluminium auf fünf Geschossen, klare Linien und kein Chichi: Der Bau auf dem Universitätsgelände im Zentrum Stuttgarts ist die neue Visitenkarte für die Architekturfakultät. Als „maximale Reduktion“ beschreiben die Planer des Büros Berger Röcker Gork Architekten ihren strengen Monolithen. Die Fassade öffnet sich zur Straßenseite mit zwei vertikalen Glasflächen unterschiedlicher Breite. An den Längsseiten wirken die drei horizontalen, in der Fassade zurückgesetzten Fensterbänder wie zusammengekniffene Sichtschlitze. Es sind die wenigen gestalterischen Elemente, die harten Kontraste zwischen hellem Beton und dunklen Fenstern, die als Statement funktionieren. Es ist aber auch Architektur wie Teflon, die in ihrer funktionalen Konsequenz über den Emotionen steht und auf eine fast autistische Neutralität setzt.
Beim Betreten ist sofort klar: Für ein Gebäude der Lehre und des Studiums ist das eine ausgezeichnete Haltung. Das Gebäude ist ein asketischer Raum, der sich der Arbeit und Konzentration gegenüber einladend zeigt. Er wird zur Leinwand für neue Ideen und bleibt offen für eine flexible Nutzung. Die funktionale Gliederung kommuniziert sich außen wie innen. Die beiden vertikalen Fensterbänder markieren die Unterteilung in drei parallele, in ihren Dimensionen und Abständen variierende Riegel. Hier befinden sich die Räume der Fakultät, die durch eine breite Foyerzone erschlossen werden. Die Architekten bezeichnen sie als „eine innere Magistrale“, die im Erdgeschoss in die großen Hörsäle, ein Lichtlabor und auch eine Veranstaltungsküche führt. In den oberen Etagen liegen Büro- und Besprechungszimmer, Seminar- und EDV-Räume.
Die natürliche Beleuchtung über die gläsernen Fassadenelemente und die über dem Dach fortgeführte Oberlichter wird durch Neonröhren ergänzt. In ihrer rhythmischen und zur Ausrichtung des Flures orthogonalen Positionierung werden sie zu einem grafischen Gestaltungselement, das im monochromen Grau an eine künstlerische Lichtinstallationen erinnert. Das reduzierte Interieur stellt die präzise ausgeführten Ausstattungsdetails in den Vordergrund. Die Sichtbetonoberflächen sind handwerklich hergestellt und vor Ort verbaut, die Aluminiumprofile der Fassade und Innenausbauten millimetergenau gefertigt. In der ästhetischen Stille des Gebäudes haben die Architekten allerdings einige Örtchen des Krawalls versteckt. Wer die Waschräume aufsucht, landet in monochromen Farbwelten. Neonpink, Grellorange und Ultramarinblau sind hier die Wände – und wer länger bleibt, erlebt mit dem Grau vor der Tür vielleicht sogar eine Kontraststeigerung in der jeweiligen Komplementärfarbe.
FOTOGRAFIE Klaus Mellenthin, Oliver Rieger, Niels Schubert
Klaus Mellenthin, Oliver Rieger, Niels Schubert
Hochschule für Technik Stuttgart
Neubau aus Sichtbeton / Bruttogrundfläche: 8600 qm / Bauzeit: Oktober 2012 – November 2016 / erster von zwei geplanten Bauabschnitten
Mehr Projekte
Qualität der Stille
Asketische Saunahütten von Makoto Tanijiri in Japan
Minimalismus am Waldrand
Der Bungalow U7A von KANANI verbindet Architektur und Natur
Messingfarbene Highlights
Neugestaltung des Hotels zum Hirschen in Salzburg von LP architektur und Dietrich Untertrifaller
Über den Dächern
Umbau einer Berliner Penthousewohnung von Christopher Sitzler
Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten
Der Fjord als Bühne
Sauna Trosten in Oslo von Estudio Herreros
Mehr als heiße Luft
Saunen inmitten der Natur
Monolith in der Schwebe
Ein abgelegenes Waldbad von Vector Architects in China
Vision und Tradition
Hotel Badeschloss in Bad Gastein von BWM Design
Wohnen im Wasserwerk
Loftwohnung in ehemaligem Pumpwerk von Giorgio Gullotta Architekten
Moderner Barock
Kunst- und Designhotel in Berching von Atelier Dimanche
Sportliche Erfrischung
Neuer DFB-Campus in Frankfurt am Main von kadawittfeldarchitektur
Moderne Badkultur
Das Royal in Bad Füssing wird von Zeilberger + Hartl Architekten umgebaut
Trigonale Interventionen
Altbausanierung in Porto mit modernen Ecken von Paulo Moreira
Unikate aus Titan-Stahl
Bette stattet die Bäder im Hotel Wilmina aus
Radikales Raffinement
Studio-Apartment von minuit architectes in Paris
Schutzraum wird zum Wohnraum
Transformation eines Hochbunkers in Hamburg von Björn Liese
Ganzheitliche Genesung
Krankenhausneubau von tsj-architekten in Niedersachsen
Maritime Farbwelten
Neugestaltung der Bäder im 25hours Hotel Hamburg HafenCity von Stephen Williams Associates
Akademisches Schwitzen
Mobile Sauna von Designstudent*innen der Kunsthochschule Halle
Besondere Böden
Fünf Projekte mit ungewöhnlicher Bodengestaltung
Moderne Behaglichkeit
Ausgestaltung einer Villa im Großraum Frankfurt von Andrea Busch Inneneinrichtung
Heilende Räume
Umbau einer Reha-Einrichtung in Polen
Fenster zum Bad
Ein 10.000-Euro-Umbau von TAKK in Barcelona
Baden in Beton
Ehemaliges Lagerhaus in Athen wird zum Penthouse
Ausweitung der Komfortzone
Wohnanlage für Studierende in Bielefeld von Stopfel Architekten
Mit Scarpa baden
Ludwig Godefroy gestaltet das Hotel Casa TO in Oaxaca
Gestaffeltes Wohnhaus
Umbau einer kleinen Genter Stadtvilla von Graux & Baeyens Architecten
Mediterrane Moderne
Zweizimmerwohnung in Barcelona von Szymon Keller
Durchbruch zur Natur
Hotel Sou von Suppose Design Office auf der japanischen Insel Fukue