Von der Sonne geküsst
In Lissabon entwarf DC.AD studio eine Maisonettewohnung zum Rotwerden

Was andere schamvoll verstecken, wird von DC.AD studio lustvoll betont. In der Lissabonner Maisonettewohnung RGM 46 ließen die Architekten alle unnötigen Hüllen fallen und verwandelte funktionale Details in buchstäblich „kleine schwarze“. So entstanden harte Kontraste auf hellem Grund und vor sanft abgerundeten Wänden. Hinzu kommen offene Glasfronten, gezielte Spiegelungen und delikate Schattierungen.
„Das Projekt zielt darauf ab, den Raum aufzuhellen, mittels geräumiger, untereinander kommunizierender, fließender Bereiche ohne Hindernisse“, so die Architekten von DC.AD studio über den Umbau dieses Lissabonner Apartments. Tatsächlich verwandelten sie die 60 Quadratmeter große Wohnfläche mit Dachterrasse in zwei frei flottierende Ebenen, die über eine Treppe mit abgerundeten Wänden verbunden werden. Subtile Variationen innerhalb der einzelnen Zonen entstehen durch eine offenliegende Statik, bedachte Positionierungen der Möbel und einen behutsamen Umgang mit Farbe.
Konkrete Abstraktion
„Die beiden Stockwerke gaben zunächst eine Trennung von öffentlichen und privaten Bereichen des Apartments vor“, erklärt das Lissabonner Büro. Parallel entfernten die Architekten auf der unteren Ebene alle unnötigen Wände, wodurch ein weitläufiger Koch-, Ess- und Wohnbereich entstand. Hier dient ein neues Deckensystem aus Balken und Säulen nicht nur konstruktiven Zwecken, sondern übernimmt auch strukturgebende Aufgaben: Es gliedert die verschiedenen Funktionsbereiche optisch, ohne wirklich in das Raumvolumen einzugreifen.
Die transparente Handschrift setzt sich durch das gesamte Apartment fort. Küchenzeile, Technik- und Sanitäreinbauten, Griffe, Kabel und Treppengeländer sowie sämtliche Steckdosen in Böden und Wänden ließen die Planer frei liegen und setzten sie in markantem Schwarz um. Auf hellem Untergrund platziert werden diese sonst möglichst dezent gehaltenen Funktionsträger bewusst betont. Das überrascht umso mehr, da man sich in punkto Licht für eine gegensätzliche Gestaltungsweise entschied. „Die Wandbeleuchtung bleibt unsichtbar, weiß und unauffällig“, sagen die Architekten.
Auf der Sonnenseite
Hier sorgen allerdings speziell angebrachte Spiegel für besondere Effekte. Etwa im Schlafzimmer lenkten sie den Blick bewusst auf Balkon und Landschaft, erklären die Planer. Spiegelflächen vermögen aber auch das Licht im Raum zu streuen, gerade wenn es wie hier recht unregelmäßig verteilt ist. Während sich die südliche Hauptfassade mit vielen Fenstern und einer bodentief verglasten Dachterrasse zur Sonne hin öffnet, ist die Nordwand des Apartments komplett fensterlos.
Dort planten die Architekten eine weitere Wohnfläche, in der sich auf der unteren Ebene die Küchenzeile, Einbauschränke und der Treppenzugang befinden. Durch den vollständigen Verzicht auf Abtrennungen werden allerdings auch diese Bereiche hell ausgeleuchtet. Das auch dank eines einheitlichen Farbschemas, was für nahtlose Übergänge sorgt. Böden, Wände und Decken sind durchgängig weiß gestrichen, Mobiliar und Einbauten rangieren zwischen weiß, lichtgrau und anthrazit.
Rouge für Räume
Lediglich ein Möbelstück setzt sich farblich ab. Mit einem leichten Roséton verbreitet ein halb-offener Raumteiler zwischen Küche und Wohnbereich eine warme Atmosphäre im sonst eher kühlen Schwarz-Weiß-Kontext. Ähnlich gingen die Planer im oberen Stock vor. Hier sind es Mosaikwände in Nude und apricotfarbene Schiebetüren, die Schlaf- und Nasszellen voneinander trennen. Ihre leicht transparenten Acrylpaneele filtern das Tageslicht eines neu integrierten Dachfensters und verleihen den Räumen sanfte Farbreflexionen, die auf das umliegende Weiß abstrahlen und deren Wirkung auch als dezentes Glühen beschrieben werden kann.
Schon in vorherigen Projekten zeigten die Planer von DC.AD studio, dass sie mit Farben und Licht umgehen können. Hier trifft man auf veilchenfarbiges Licht, himmelblaue Wände und sonnengelbe Neonröhren. In dem Lissabonner Apartment schaffen sie es mit vielfältigen Farbschattierungen à la „Fifty Shades“ vielleicht nicht gleich, einem die Schamesröte ins Gesicht zu treiben. Auch Sonnenbrand wird man sich trotz gleißender Lichtspiegelungen keinen einfangen. Doch ein paar Sonnenstrahlen und ein paar Tupfer Rot haben einem frischen Antlitz ja noch nie geschadet.
FOTOGRAFIE Francisco Nogueira
Francisco Nogueira
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