Projekte

Wohnen auf dem Wasser

Yachtserie Seadeck von Matteo Thun für Azimut 

Inside-Out-Effekt: Die italienische Werft Azimut hat die neue Yachtserie Seadeck vorgestellt. Sie schont mit leichten und wiederverwerteten Materialien die Ressourcen. Exterieur und Interieur gehen fließend ineinander über – dank wohnlicher Korkböden und weicher Teppiche von Object Carpet in Naturtönen. Die Mailänder Gestalter Matteo Thun und Antonio Rodriguez geben ihren Einstand auf dem Wasser.

von Norman Kietzmann, 10.07.2024

Azimut steht im Arabischen für „die Wege“. In der Astronomie wird damit ein Winkel angegeben, der die horizontale Position eines Himmelskörpers bestimmt. Für die Navigation ist er unerlässlich. Kein Wunder also, dass sich der Unternehmer Paolo Vitelli 1969 für diesen Namen entschied, als er eine Werft am Lago Grande di Avigliana im Piemont gründete. Seitdem ist viel passiert. Die Yacht-Branche erfindet sich gerade doppelt neu – mit emissionsarmen Antrieben und recycelten Rohstoffen. Doch auch stilistisch wird längst kein rustikales Seemannsgarn mehr gesponnen. Architekt*innen wie Piero Lissoni, Patricia Urquiola oder Antonio Citterio haben bereits mehrere Yachten eingerichtet. Nun hat auch Matteo Thun zusammen mit seinem Partner Antonio Rodriguez das erste Projekt auf dem Wasser realisiert: die Yachtserie Seadeck für Azimut.

Nähe zum Wasser
Das Exterieur stammt vom Yachtdesigner Alberto Mancini. Er will mit seinem Entwurf die Grenzen zwischen Innen- und Außenbereich überwinden. Bodentiefe Fenster verstärken den Kontakt zum Meer. Gläserne Schiebetüren öffnen den Wohnbereich zur sogenannten Fun Island: einer offenen Plattform am Achterdeck, die sich mit ausklappbaren Flügeln auf eine Fläche von 60 Quadratmetern vergrößern lässt. Der Essbereich geht direkt in eine gepolsterte Insel zum Sonnenbaden über. Eine hydraulisch auf Wasserhöhe absenkbare Ebene erleichtert den Einstieg zum Schwimmen sowie den Einsatz von Seabobs oder Jetskis.

Fließende Raumgrenzen
Ein wichtiger Protagonist an Bord ist der Boden. Für die Außenbereiche kommt anstelle von traditionellem Teakholz regenerationsfähiger Kork zum Einsatz. Dessen warme, wohnliche Tonalität setzt sich in den Innenräumen fort – sowohl im Wohn- und Essbereich als auch in den vier Gästekabinen. Für die Kabinen haben Matteo Thun und Antonio Rodriguez den Teppich Milo in der Farbe Talco gewählt. Er stammt aus der Kollektion Mediterraneo, die das Mailänder Duo 2023 für Object Carpet entworfen hat, und kann innen sowie außen verwendet werden. Der seetaugliche Teppich trocknet schnell und ist sowohl UV-beständig als auch sehr robust und pflegeleicht. Sein trittschalldämmendes Flachgewebe sorgt für eine angenehme Akustik und verstärkt den Wohnkomfort.

Flauschige Textur
Die Anmutung des Teppichs erinnert an Rattan. Jedoch kommen recycelte Kunststoffe aus der Industrie und von Verbraucherabfällen zum Einsatz. Durch das feine Verspinnen verschiedener Garne entsteht ein Gewebe, das viel weicher und flauschiger ist als natürlicher Rattan-Boden, der zum Kratzen neigt. Die Haptik des Recyclingteppichs lädt regelrecht dazu ein, barfuß auf ihm zu laufen. „Die Auswahl der Materialien, der Umweltgedanke und die Innovation haben die Führung im Teppichdesign übernommen. Natürliche und recycelbare Materialien sind heute nicht mehr verhandelbar“, meint Matteo Thun.

Nachhaltige Gestaltung
Im Inneren der Yacht wurden die Wände mit Eichenholzpaneelen verkleidet. Deren Oberflächen sind teils plan und teils gerippt. Letztere werden sowohl in vertikaler als auch in horizontaler Richtung eingesetzt, um raffinierte Schattenwürfe zu erzeugen. Je nach Sonnenstand verändert sich so die plastische Wirkung der Raumgrenzen. Auch die Unterseite des Brisesoleils am Achterdeck greift die gerippte Holzstruktur auf. Auf ihm tänzeln die Sonnenstrahlen, die von der Wasseroberfläche reflektiert werden.

Verschlankte Konstruktion
Im Vergleich zur konventionellen Konstruktionsweise von Yachten senkt die Seadeck-Serie den CO2-Ausstoß um 40 Prozent. Dazu wird an Bord auf Leichtbau gesetzt. Die bereits erwähnte Verwendung von Korkböden reduziert das Gewicht um über 65 Prozent gegenüber einer Beplankung mit Teakholz. Kork ist resistent gegenüber Wasser, Insekten, Nagetieren und Schimmel. Zudem wird das Naturmaterial weder durch UV-Strahlen noch durch Salz beschädigt. Das Skelett im Inneren des Kohlenfaserrumpfs besteht zu 30 Prozent aus recyceltem Kunststoff. 15.000 PET-Flaschen werden für den Bau der Seadeck 6 einer neuen Verwendung zugeführt. Es ist das kleinste Schiff der Serie, die auf dem Salone Nautico in Venedig Ende Mai Premiere feierte.

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Matteo Thun & Partner

matteothun.com

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