Wohnen im Weiler
Schweizer Wohnscheune von BE Architektur
Nach dem Vorbild einer Scheune erbaute das Büro BE Architektur in der ländlichen Schweiz ein Einfamilienhaus. Während außen eine Holzfassade und große Schiebetüren für einen rustikalen Eindruck sorgen, wird das Innere von Putz und Beton bestimmt.
Das ästhetische Gefüge eines traditionellen Schweizer Bergdorfs ist sensibel und kann durch einen Neubau leicht in Schieflage geraten. Als das Büro BE Architektur von Boris Egli ein Einfamilienhaus in Reppischtal bei Zürich plante, ließ es sich daher von der vorhandenen Architektur inspirieren. Genauer gesagt diente eine für die Region typische Scheune als Vorbild. So ist der Neubau aus der Ferne kaum als solcher zu erkennen.
Regionale Materialien
Die Wohnscheune bildet mit 14 weiteren Gebäuden einen Weiler in einer vorwiegend landwirtschaftlich geprägten Umgebung. Bei der mit lasiertem Fichtenholz verkleideten Außenfassade bediente sich Boris Egli eines lokalen Materials. „Es handelt sich um die gleiche Holzart, die bei traditionellen Schweizer Scheunen verwendet wird“, sagt der Architekt. „Das Satteldach trägt ebenfalls die typischen Ziegel.“ Die frei stehende Doppelgarage aus Sichtbeton mit Solarpaneelen auf dem Dach wurde ebenfalls in diesem Stil erbaut.
Industrielle Innenräume
So viel zu den äußerlichen Ähnlichkeiten. Innen sieht die Wohnscheune nämlich ganz anders aus als ein ländlich-schlichter Lagerraum. Als Kontrast zur Holzkonstruktion setzen sich die Böden aus Sichtbetonplatten zusammen und die Wände sind Ton in Ton mit einem hellgrauen Putz versehen. Er besteht aus Quarzsand, Kalk und Weißzement mit Einfärbungen aus grauen, mineralischen Pigmenten. Dabei handelt es sich um eine Spezialanfertigung, die der Architekt, der Hersteller und der Stuckateurbetrieb gemeinsam entwickelt haben. Durch das Grau-in-Grau entsteht ein rohes, unfertiges Raumgefühl. Im Kontrast dazu stehen Antiquitäten, einladende Polstermöbel sowie die holzverkleidete Küche. Große Fenster lassen sich mit Holzschiebetüren aus lichtdurchlässigen Lamellen schließen. Sie dienen als Sonnenschutz sowie Verdunkelung und geben den Bewohner*innen Privatsphäre.
Wohnen am Hang
Der offene Wohnbereich im Erdgeschoss erstreckt sich auf verschiedene Ebenen. Denn das Haus folgt der Topografie des Bodens. Die leichte Hanglage glich Boris Egli allein durch die Konstruktion aus und verzichtete damit auf invasive Baumethoden, die einen massiven Aushub notwendig gemacht hätten. Im ersten Stock befinden sich die Schlafzimmer, teilweise mit begehbarem Kleiderschrank, sowie ein Badezimmer. Wie aus einem Guss wirkt darin die Raumgestaltung mit der in einer Betonkonstruktion eingebetteten Badewanne.
Gestapelte Räume
So sehr das Innenleben der Wohnscheune von einem Lagerhaus abweicht, sieht Boris Egli doch Ähnlichkeiten: „Eine Scheune wird in der Regel als Lager- und Arbeitsraum für die landwirtschaftliche Produktion genutzt. Dieses neue Gebäude ist zwar kein Lagerraum, seine Räume – wie Schlafzimmer, Bäder oder Schränke – werden darin aber als geschlossene Volumen ‚gelagert’ und figurativ übereinandergestapelt.“ Dieser „skulpturale Innenraum“ steht offenen Leerräumen gegenüber, die vertikal und horizontal miteinander verbunden sind. Das wird zum Beispiel im Wohnzimmer deutlich. Seine doppelte Höhe wird oben von einer Galerie eingefasst.
Dieses Spiel vor- und zurückspringender Volumen macht das Innenleben der Wohnscheune einzigartig. Immer wieder ergeben sich spannende Durchblicke zwischen den Geschossen und zugleich Rückzugsmöglichkeiten für die Bewohner*innen. Entstanden ist ein ungewöhnlicher Landsitz zwischen lokaler Bautradition und moderner Raumgestaltung.
FOTOGRAFIE Vito Stallone
Vito Stallone
| Projektname | Wohnscheune |
| Entwurf | BE ARCHITEKTUR, Boris Egli |
| Auftraggeber | Privat |
| Typologie | Neubau |
| Wohnfläche | 215 Quadratmeter |
| Lichtplanung | Lichtblick AG, Buchs |
| Fertigstellung: | August 2022 |
| Auszeichnungen | Schweizer Preis für Putz und Farbe 2023 in Bronze in der Kategorie „Innenraumgestaltung“ |
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