Zeitgemäße Raumverdoppelung
Studio Bernd Oberwinkler renoviert Wohnung in Wien

Altehrwürdiges Parkett, elegante Fliesen und ein kontrastreiches Farbkonzept formen den neuen Charme eines Wiener Altbaus, den Studio Bernd Oberwinkler restauriert und räumlich optimiert hat. Auf 112 Quadratmetern wohnt eine Familie in der ehemaligen Dreizimmerwohnung nun in sieben Räumen.
Entkernt, restauriert und vollkommen neu geordnet: Das Apartment in einem Wiener Gründerzeithaus von 1900 im 8. Bezirk gestaltete der Architekt Bernd Oberwinkler mit seinem Studio von Grund auf um. Aus ehemals drei Zimmern mit Bad schuf er zusätzliche Räume, ganz nach den Vorstellungen der Bewohner*innen. „Die Auftraggeber*innen wohnten bereits im Bezirk, die Ruhelage der Wohnung zwischen zwei begrünten, sonnigen Innenhöfen des Gründerzeitensembles war für sie ausschlaggebend für den Kauf“, erzählt der Architekt. Die Familie wünschte sich eine Vierzimmerwohnung mit offener Küche, zwei Badezimmern, einer Ankleide, einem Abstellraum und umfassendem Stauraum. „Tageslicht sollte alle Bereiche erhellen, was allerdings im Bestand nicht gegeben war. Die Kunstwerke der Auftraggeber*innen wurden ab dem Vorentwurf mit eingeplant“, erklärt Oberwinkler.
Historischer Bestand
Im Entree bieten raumhohe Schränke in der Farbe der Wände sowie eine Kommode mit Marmorplatte Stauraum, eine Schaukel lockert das Setting auf. Das schon in die Jahre gekommene Fischgrätparkett entfernten die Architekt*innen in der gesamten Wohnung behutsam und erneuerten den Untergrund ebenso wie die patinierte Oberfläche. Auch Flügeltüren und Fenster wurden mit den noch erhaltenen Türdrückern instand gesetzt. Farblich prägen die Wohnung helle und dunkle Kontraste. „Das Farbkonzept wurde bereits in der ersten Bemusterung definiert. Es finden sich hauptsächlich helle, kreidige Farben an den Wänden und Einbaumöbeln sowie helles naturbelassenes oder lackiertes Eichenholz“, sagt der Architekt. Dunkle Elemente wie die maßgefertigte Sitzbank in der Küche oder die nachtblauen Oberflächen schaffen unterschiedliche räumliche Zonen.
Nuancenreiches Weiß
Wände und Dunstabzug in der länglichen, schmalen Küche sind mit hellen, matten Fliesen verkleidet, die laut dem Architekten eine sinnliche Behaglichkeit schaffen. Die Arbeitsplatte aus gebürstetem Serpentinit-Stein aus Osttirol, die samtene Sitznische in Zederngrün und der runde Bistrotisch strahlen Eleganz aus. Im großen Badezimmer finden sich ebenfalls helle Fliesen in fünf Weißnuancen, aber dort in einer glänzenden Variante: „Die Reflexionen dieser Fliesen erinnern an die Wasseroberfläche eine Sees und verstärken das einfallende Sonnenlicht. Die Weißtöne sind die konsequente Weiterführung der kreidefarbenen Tischlermöbel und Wände“, so der Architekt. Mit Fliesen aus derselben Serie, allerdings in fünf dunklen Blau-, Braun- und Grautönen, ist das kleinere Bad ausgestattet.
Werte und Lebendigkeit
Große Flügeltüren führen vom Flur ins Wohnzimmer mit Esstisch, Sofa und einer schwarzen Sitzbank aus gebeizter und gebürsteter Eiche, die sich über die Tiefe des Wohnraumes erstreckt. Leuchten lassen die Kunst an den Wänden erstrahlen. Das erhaltene historische Flair des Raumes haucht den zeitgenössischen Elementen Leben ein. „Wir haben bei der Umformung die Substanz in einen modernen Lebensraum verwandelt und dabei den Zeitgeist bewahrt“, sagt Oberwinkler. „Handwerkliches Geschick bei der Sanierung des historischen Parketts, der alten Kastenfenster und Türen erlaubte den sensiblen Umgang mit Ressourcen. Das entspricht unserer Haltung – dem Streben nach Beständigkeit und Wertigkeit.“
Mängel und Motivation
Dass bei der Umgestaltung von rund 200 Jahre alten Räumen Komplikationen auftreten, ist keine Seltenheit. Vor allem am Anfang musste Bernd Oberwinkler den späteren Bewohner*innen Unvorhergesehenes mit Fingerspitzengefühl vermitteln. „Der Zustand der Immobilie stellte sich nach und nach als stark sanierungsbedürftig heraus, beinahe täglich musste auf neue Erkenntnisse reagiert werden. Die festgestellten Mängel am Bestand und die notwendigen Maßnahmen stellten die Motivation der Bauherrschaft auf die Probe“, erinnert sich der Architekt, der eine kluge Lösung fand: „Wir luden die Familie erst auf die Baustelle ein, als das neue Raumbild bereits erkennbar war. Inmitten von abgebrochenen Ziegelwänden und Bauschutt konnten wir mit starkem Kaffee, Musik, frischen Blumen und guter Laune die Begeisterung neu erwecken.“
FOTOGRAFIE Studio Bernd Oberwinkler
Studio Bernd Oberwinkler
Projektname | Wohnung O |
Entwurf | Studio Bernd Oberwinkler |
Typologie | Umbau |
Ort | Wien |
Fläche | 112 Quadratmeter |
Fertigstellung | 2020 |
Mehr Projekte
Kunst unter den Füßen
Atelierwohnung von Tereza Porybná und Objektor Architekti

Tokioter Schlafkapsel
Eine ungewöhnliche Raum-im-Raum-Lösung von Takehiko Suzuki

Stein auf Stein
Mallorquinisches Wohnhaus aus Ziegeln von Nøra Studio

Kupferkleid auf Beton
Mehrfamilienhaus von Edition Office im Nordosten von Melbourne

Inspiriert von Japan
Rückzugsort in Australien von Dane Taylor Design

Neustart im Altbau
Eine posthumane KI-Intervention in Valencia

Ton in Ton
Neubau aus Naturmaterialien von MESURA in Spanien

Dreiteiliges Familiendomizil
Mostlikely baut im österreichischen Klosterneuburg

Mit dem Wald wohnen
Carlo Berlin baut eine Scheune im Brandenburger Forst um

Wohnen im Weiler
Schweizer Wohnscheune von BE Architektur

Zurück zur Pracht
Akurat restauriert ein Apartment in Danzig

Raum für die Natur
Das kykladische Piperi House von Sigurd Larsen

Die Erde über dem Himmel
Bruno Spaas’ monochrome Wohnvision in Antwerpen

Pure Materialität
Vives St-Laurent belebt die Montpellier-Residenz in Quebec

Update für ein Zeitzeugnis
Umbau und Erweiterung der Villa Koivikko bei Helsinki

Schraube zum Himmel
Ein Wohnbau in Porto von Tsou Arquitectos

Moderne Behaglichkeit
Ausgestaltung einer Villa im Großraum Frankfurt von Andrea Busch Inneneinrichtung

Heilende Räume
Umbau einer Reha-Einrichtung in Polen

Spielraum für Kinder
Neues Freizeitzentrum in Budapest von Archikon Architects

Naturverbundenes Domizil
Wohnhaus von Cullinan Studio im englischen Amersham

Fenster zum Bad
Ein 10.000-Euro-Umbau von TAKK in Barcelona

Berliner Dreierlei
Zoniertes Apartment in Friedrichshain von Christopher Sitzler

Provokantes Penthouse
Jan Ulmer gestaltet das Loft R in Berlin

Waldbaden in Kanada
Wohnhaus mit Naturerlebnis von Matière Première Architecture

Haus ohne Namen
Diskreter, fensterloser Neubau in Mexiko von HW Studio

Moderner Triumphbogen
Gebäudekomplex von Nikken Sekkei in Dubai

Ein Haus, zwei Gesichter
Refugium in den australischen Bergen von Robbie Walker

Blick in den Sternenhimmel
Flexibles Ferienhaus von Orange Architects auf Texel

Patio in London
Pashenko Works erweitert ein viktorianisches Reihenhaus

Belebter Backstein
Mehrfamilienhaus in ehemaliger Textilfabrik in Melbourne
