Designers’ Saturday 2014: Schweizer Schnitzeljagd
Der Designers' Saturday in Langenthal zeigt alle zwei Jahre die Wertschätzung für Produkte und die Menschen, die sie herstellen.
Keine Biennale, keine Messe und auch kein Tag der offenen Tür: Der Designers’ Saturday in Langenthal im Schweizer Kanton Bern lässt sich nur schwer in ein Genre einsortieren, er ist ein eigenes Format.
Zum Glück. Entstanden anstelle eines ursprünglich geplanten, gemeinsamen Showrooms, haben sich hier die fünf Hersteller Glas Trösch, Girsberger, Ruckstuhl, Création Baumann und Hector Egger Holzbau zusammengeschlossen, um alle zwei Jahre ihre Produktionsstätten für drei Tage zu öffnen – gegen Eintritt, dafür sind Kaffee, Wein und Kleinigkeiten aus der guten Schweizer Küche inklusive. Das Prozedere erinnert an die Schnitzeljagd aus Kindertagen. Die Besucher erleben Station für Station fünf Orte, an denen Designprodukte entstehen. Kuratierte Ausstellungen und aufwändige Installationen von ausgewählten Kooperationspartnern begleiten und inszenieren die Besichtigung der einzelnen Produktionsanlagen. Ergänzend zu den Firmenpräsentationen werden außerdem Cartes Blanches für nationale und internationale Kunst- und Designhochschulen ausgestellt. Es ist gerade dieses besondere Setup, das den Designers’ Saturday auch für ein internationales Fachpublikum interessant macht. Und zwischen den einzelnen Standorten liegen entspannt die Kühe auf den Wiesen.
Unkommerzielle Präsentation
Es ist seit 1987 immer wieder aufs Neue ein Spagat – schließlich sollen die Ausstellungen nicht kommerziell sein, aber auch nicht zu künstlerisch. „Wir wollen ja kein Pendant zur Art Basel sein“, erklärt Peter Ruckstuhl, Vorstand der gleichnamigen Schweizer Teppichmanufaktur und Mitbegründer des Designers’ Saturday. Alle zwei Jahre wird aufs Neue ausgewählt, entschieden und inszeniert, um sich danach in kleiner Runde ganz pragmatisch zu überlegen, was verbessert werden kann: Trial and Error, mit Bedacht auf Schweizer Art.
Roboter und Webstationen
Fünf Kreisverkehre weiter gelangte man während der diesjährigen Ausgabe des Designers’ Saturday von der Teppichmanufaktur Ruckstuhl per Shuttle-Bus zu den Werkhallen von Création Baumann, dem zweiten Mitbegründer des Formats. Konnte man vorher Teppiche knüpfende Roboter im Format eines Doppel-Carports bei der Arbeit zusehen (vorausgesetzt, man hat ein schnelles Auge), werden bei Création Baumann Stoffe auf ebenso großformatigen Webstationen hergestellt – in allen erdenklichen Variationen. Da durfte wie in jedem Durchgang ein Blick in Werkstätten und die sonst geschlossenen Ateliers nicht fehlen.
Aber auch Designexperten, die alle zwei Jahre nach Langenthal pilgern, kommen auf ihre Kosten: Es gibt hier Neuheiten zu sehen, die bisher weder in Köln oder Mailand noch anderswo gezeigt wurden. Die Möbelfabrik Horgenglarus präsentierte zum Beispiel einen neuen Holzstuhl Klio mit einer Lehne, die aus einem großen gebogenen Block herausgeschnitzt wird. Fast mystisch, aber auch poetisch hat Horgenglarus nur vier Produkte auf etwa 200 Quadratmetern in einem schwach beleuchteten Kellerdurchgang inszeniert – die Gestaltung übernahm das Studio Hannes Wettstein. Was für eine Leere und Ruhe, wenn man unter den freischwebenden Baumwurzeln steht – als hätte jemand das gesamte Erdreich weggegraben.
Schattenspiele und Seifenoper
Eine geheimnisvolle Finsternis dominierte viele der Ausstellungen. Analog zur Dunkelheit spielte an vielen Orten das Thema Licht eine wichtige Rolle – kein Wunder also, dass der Hauptpreis des D’S Award an Schätti Leuchten ging. Ihr Firmenauftritt wurde von dem Designer Jörg Boner gestaltet, der einen runden Ausstellungsraum aus Papier zwischen die mächtigen Webmaschinen von Création Baumann gestellt hat – über Brückentreppen aus Holz konnten die Besucher in die Leuchtenausstellung gelangen. Der D’S Award in der Kategorie Silber wurde in diesem Jahr zwei Mal vergeben: Die Auszeichnungen gingen an Horgenglarus und an eine Seifenoper als XXL-Schaumbad von Axor/Hansgrohe, die hängenden Kugel-Mobilés von USM wurden mit Bronze ausgezeichnet.
Und sonst? Im Lager des Bürostuhl-Herstellers Girsberger sind grüne Oasen gewachsen, ein gläsernes Xylophon klang durch die Hallen von Glas Trösch, und bei Ruckstuhl wurden Teppiche von Hand gestrickt: Für diese Live-Performance der extra aus Kolumbien eingeflogenen Strickerinnen bekam Ruckstuhl den Publikumspreis. Die Wertschätzung den Menschen, den Orten und den Dingen gegenüber, die rund um Langenthal hergestellt werden, ist der Grund, warum der Designers’ Saturday alle zwei Jahre sein Publikum so begeistert.
FOTOGRAFIE Designers Saturday, Jeanette Kunsmann
Designers Saturday, Jeanette Kunsmann