Hightech-Kojen über den Wolken
Schichtwechsel in 11.000 Höhenmetern: die Unterkünfte der Stewardessen und Piloten.

Sie sind ein wohlgehütetes Geheimnis über den Wolken: die Unterkünfte, in die sich die Stewardessen und Piloten nach einem Schichtwechsel in 11.000 Höhenmetern ebenfalls zur Nachtruhe begeben. Im Bug und Heck der Riesenflieger sind ihre Hightech-Kojen vor den Augen der Passagiere sicher versteckt.
Vor genau 75 Jahren unmittelbar vor Ausbruch das Zweiten Weltkriegs, am 27. August 1939, hob in Rostock das erste Düsenflugzeug der Welt ab: die Testmaschine Heinkel He 178. Kam der neue Antrieb 1943 im deutschen Düsenjäger Messerschmitt Me 262 in Serie zum Einsatz, begann neun Jahre später die zivile Nutzung. Als das britische Düsenflugzeug De Havilland DH 106 Comet am 2. Mai 1952 zum ersten Linienflug startete, läutete es eine neue Epoche des Reisens ein.
Geschwindigkeit und Ausdauer
Strahltriebwerke sind nicht nur doppelt so schnell wie ihre propellergetriebenen Vorgänger. Sie können zudem ungleich längere Distanzen überwinden. Vermochte die Boing 767 im Jahr 1980 erstmals weiter als 10.000 Kilometer am Stück zu fliegen, hält die 2005er Boeing 777-200LR den derzeitigen Langstreckenrekord mit 17.446 Kilometern. Auch Entfernungen, die bislang mit einem oder mehreren Zwischenstopps geflogen wurden, lassen sich nun in einem Stück absolvieren. Während sich die Passagiere den längeren Aufenthalt an Bord mit Filmen und Musik die Zeit vertreiben, mussten hinter den Kulissen die Arbeitsläufe neu organisiert werden. Schließlich können 16 bis 18 Stunden lange Flüge nur von zwei Besatzungen nacheinander geflogen werden.
Kokon über den Wolken
Wo genau sich die Schlafunterkünfte für die Stewardessen und Piloten befinden, variiert mit jedem Flugzeugtyp und jeder Airlines – und gilt als wohlgehütetes Geheimnis über den Wolken. Schließlich sollen die Kojen von den Passagieren nicht bemerkt werden – auch wenn sie ihnen räumlich bis auf wenige Zentimeter nahe rücken. Beim Airbus A380 wurden die Crew Rest Compartments (CRC) – so die offizielle Bezeichnung – im Unterdeck des Riesenjets installiert. Die Größe wurde mit insgesamt zwölf Betten so bemessen, dass eine gesamte Schicht der 21 bis 23 Stewardessen an Bord schlafen kann.
Der Zugang in den fensterlosen Schlafbereich erfolgt über eine versteckte Treppe, die sich direkt hinter dem Cockpit befindet. Weil das Unterdeck des Flugzeugs über keine Heizung verfügt, werden die Schlafbereiche mit einer thermischen Isolierschicht ummantelt und von innen zusätzlich beheizt. Federt eine Silikonschicht die mitunter starken Vibrationen der Außenkabine ab, reduzieren zusätzliche Isoliermatten den Geräuschpegel der Triebwerke. Die Crew Rest Compartments (CRC) werden so zu schützenden Kokons, die mit ihren dreifach übereinander gestapelten Betten an ein Hightech-Hostel über den Wolken erinnern.
Eigene Sauerstoff-Versorgung
Unternehmen wie der schwäbische Kabinenausstatter Diehl Aircabin haben sich auf Mannschaftsunterkünfte des A380 spezialisiert und beliefern Fluggesellschaften rund um den Globus. Um Verletzungen bei Turbulenzen vorzubeugen, verfügen die Kojen über Einstiegsöffnungen mit sanft abgerundeten Ecken und können mit Vorhängen komplett geschlossen werden. Eine indirekte Beleuchtung, die in die weißen Wand- und Deckenpaneele eingelassen wurde, markiert den Weg. Uniformen und Schuhe werden in Wandschränken sicher verstaut. Auch eine eigene Sauerstoff-Notversorgung gehört zur Grundausstattung, die Atemluft für mindestens zwanzig Minuten generieren muss. Als Extra spendieren einige Fluggesellschaften ihren Stewardessen zudem Bildschirme mit Zugang zum Bord-Entertaiment-Programm sowie eigene Wasch- und Toilettenräume.
Schlummern über dem Handgepäck
In anderen Flugzeugen wie den neuen Langstreckenjets Airbus A350 und Boeing 777 werden die Crew Rest Compartments (CRC) im schmalen Zwischenraum unterhalb der Decke untergebracht. Bis zu vier zusätzliche Passagier-Sitzplätze und vier Cargo-Container lassen sich so an Bord einbauen. Während die Unterkünfte der Piloten direkt vom Cockpit aus zu erreichen sind, befinden sich die Schlafkabinen der Stewardessen im Heck des Flugzeugs. Die Platzierung im Hochdeck verändert das Raumgefühl immens. Anstatt die einzelnen Kojen übereinander zu stapeln, werden sie aus Platzgründen auf einer Ebene nebeneinander platziert. Für Intimsphäre sorgen leichte Trennwände und Vorhänge. In einigen Fällen werden auch Schiebewände aus schallschluckendem Material eingebaut, um die Lärmbelastung weiter zu reduzieren. Sollte es also einmal in einem Langstreckenjet über ihren Köpfen rascheln, müssen Sie nicht gleich eine Maus im Handgepäck vermuten. Höchstwahrscheinlich steht lediglich der nächste Schichtwechsel über den Wolken bevor.
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