Ingo Maurer: Pionier des Lichts
Nachruf zum Tod von Ingo Maurer.
Ingo Maurer entwarf Leuchten, Lichtinszenierungen und Beleuchtungskonzepte für die Architektur. Schon zu Lebzeiten fanden seine Objekte den Weg in zahlreiche Ausstellungen und Museen. Und zu Recht erhielt er die namhaftesten Preise der Branche. Denn der nachdenkliche und humorvolle Gestalter war stets einer der ersten, der die neuen technischen Möglichkeiten auslotete und das Licht in immer neue Formen brachte, ohne die Kunst außer Acht zu lassen. All seine Entwürfe erzählen Geschichten – und schreiben Designgeschichte.
„Ich bin nicht total gegen den klassischen Lampenkörper, aber ich brauche eine neue Dimension, neue Wege, will über die Grenzen. Ich gehe weiter und weiter, so lange ich kann“, sagte Ingo Maurer einmal. Tatsächlich war er ein Grenzgänger – buchstäblich, genauso wie im übertragenen Sinn. Er pendelte zwischen geographischen Grenzen und überkam die Beschränkungen seiner Disziplin. Er lotete die Schwelle zwischen Kunst und Design aus, zwischen Poesie und Funktion, und überwand die Trennung zwischen Gestaltern und Nutzern. Ein Vordenker, der oft schon einen Schritt voraus war.
Ideale Symbiose
Tüftler des Lichts
Dabei war Maurer keineswegs der Tradition verhaftet. Vielmehr gilt er als Wegbereiter, der neue Technologien früh adaptierte. LED und OLED boten sich an, um mit neuen Formen und Funktionen zu experimentieren. Was in Maurers fertigen Produkten oft spielerisch daherkommt, forderte jedoch oft lange Phasen des Tüftelns. „Manchmal dauert es Jahrzehnte, bis die technischen Entwicklungen unsere Vorstellung möglich machen“, sagte er über die Arbeit mit seinem Team. Mehrere Jahre dauerte auch die Entwicklung der „YaYaHo“ in den Achtzigerjahren, eine Niedervolt-Halogen-Beleuchtung, deren Beleuchtungselemente sich, auf zwei Drahtseile gehängt, flexibel bewegen und auf individuelle Bedürfnisse ausrichten lassen.
Und auch vor großen Gesten schreckte der Autodidakt nicht zurück. 1998 und 2009 entwickelte er Lichtkonzepte für die U-Bahn-Stationen „Westfriedhof“ und „Münchner Freiheit“. Das Mailänder Hochhaus „Torre Velasca“ tauchte er mal in leuchtendes Rot, mal in tiefes Blau. Und für die Messe Frankfurt entwarf er im letzten Jahr ein kinetisches, eiförmiges Pendel mit dem Titel „Flying to Peace“, das mittlerweile auch in der Pinakothek in München hängt. Er empfand die Form des Eis als eine der schönsten und harmonischsten und die Bewegung des Pendels faszinierte ihn. Es sei ein Symbol des Lebens, das mal schneller, mal langsamer geht und irgendwann einmal zum Punkt komme. Seine raumhohe Installation sollte einen Moment der Ruhe und Besinnung ausstrahlen. Das gelang Maurer. In all seinen Objekten liegt ein Moment der Magie, des Innehaltens und der Reflektion, die fortwährt.
Am 21. Oktober ist Ingo Maurer im Alter von 87 Jahren in München verstorben.
„Ich bin nicht total gegen den klassischen Lampenkörper, aber ich brauche eine neue Dimension, neue Wege, will über die Grenzen. Ich gehe weiter und weiter, so lange ich kann“, sagte Ingo Maurer einmal. Tatsächlich war er ein Grenzgänger – buchstäblich, genauso wie im übertragenen Sinn. Er pendelte zwischen geographischen Grenzen und überkam die Beschränkungen seiner Disziplin. Er lotete die Schwelle zwischen Kunst und Design aus, zwischen Poesie und Funktion, und überwand die Trennung zwischen Gestaltern und Nutzern. Ein Vordenker, der oft schon einen Schritt voraus war.
Ideale Symbiose
1932 auf der Insel Reichenau geboren, begann Maurers Karriere als Grafiker. Er absolvierte eine Ausbildung zum Typographen in Deutschland und in der Schweiz und studierte Grafikdesign in München, wonach er 1960 in die USA auswanderte. Zwar kehrte er nach einigen Jahren nach Deutschland zurück, doch die Stadt New York ließ ihn nie ganz los. Er eröffnete einen Showroom in der amerikanischen Metropole und unterhielt dort eine Wohnung, in der er zwischenzeitlich immer wieder lebte. Im Ausland treffe er auf größeres Verständnis, sagte er. Der Big Apple setze Energie frei, sei offener für das Ausgefallene und sollte mit seiner offenen Kultur als Vorbild dienen.
Zurück in München, gründetet er 1966 seine eigene Firma „Design M“. Hier sollten seine Entwürfe von nun an produziert und weltweit vertrieben werden. Sein erster Entwurf war „Bulb“, eine Leuchte in Form einer Glühbirne. Inzwischen eine Ikone des Leuchtendesigns, verkörpert sie seine Faszination für die Glühlampe, die er als die „ideale Symbiose von Poesie und Technik“ beschrieb. Ein Entwurf, der sich als Huldigung an das traditionelle Leuchtmittel und ihren Entwickler Thomas Alva Edison verstehen lässt.
Tüftler des Lichts
Dabei war Maurer keineswegs der Tradition verhaftet. Vielmehr gilt er als Wegbereiter, der neue Technologien früh adaptierte. LED und OLED boten sich an, um mit neuen Formen und Funktionen zu experimentieren. Was in Maurers fertigen Produkten oft spielerisch daherkommt, forderte jedoch oft lange Phasen des Tüftelns. „Manchmal dauert es Jahrzehnte, bis die technischen Entwicklungen unsere Vorstellung möglich machen“, sagte er über die Arbeit mit seinem Team. Mehrere Jahre dauerte auch die Entwicklung der „YaYaHo“ in den Achtzigerjahren, eine Niedervolt-Halogen-Beleuchtung, deren Beleuchtungselemente sich, auf zwei Drahtseile gehängt, flexibel bewegen und auf individuelle Bedürfnisse ausrichten lassen.
So bezog Maurer die Nutzer in die Gestaltung seiner Objekte ein, ließ sie förmlich mit entwerfen. Noch weiter ging er mit den Hängeleuchten „Zettel’z“ von 1997, mit der er die Nutzer aufforderte, selbst kreativ zu werden und Hand anzulegen, die Zettel zu beschriften, bemalen und aufzuhängen. Fertig bestückt, flattern die Zettel lose um die Lichtquellen und erzeugen ein lebendiges wie einzigartiges Lichtspiel, das immer wieder verändert werden kann. Klassisch geformte, statische Lampenschirme findet man in Maurers Repertoire ohnehin selten. Er verlieh seinen Entwürfen lieber Flügel („Lucellino“, 1992) oder ließ ganze Insektenschwärme um das Licht schwirren.
Poet, Kritiker, Humorist
Doch bei aller Leichtigkeit scheute der eloquente Designer auch vor politischen Statements nicht zurück. Im Cooper Hewitt, Smithsonian Design Museum stellte er Objekte aus, die auf die Gefangenen von Guantánamo aufmerksam machten. Auch mit „What We Do Counts“, Tischleuchten in Form von Sprechblasen aus dem Jahr 2015, spricht er in eher kritischem Ton. Gleichsam haben die Objekte in Comic-Ästhetik einen humoristischen Anklang. Das jedoch, ohne gestalterische Ernsthaftigkeit einzubüßen. „Wenn ich mir einen Spaß erlaube, hat er Tiefe und eine Lichtfunktion“, kommentierte Maurer sein Schaffen.
Am 21. Oktober ist Ingo Maurer im Alter von 87 Jahren in München verstorben.
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