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Kuratierter Kraftakt

Die Neuheiten der Stockholmer Möbelmesse 2024

Gute Nachrichten, schlechte Nachrichten: Wie die Stockholmer Möbelmesse mit Konzept und Engagement das Beste aus der Krise macht. Plus: eine Auswahl von zwölf nordischen Neuheiten in der Bildergalerie.

von Jasmin Jouhar, 14.02.2024

Die schlechte Nachricht vorweg: Im Vergleich zum vergangenen Jahr ist die Stockholmer Möbelmesse (Stockholm Furniture Fair) erneut geschrumpft. Während 2023 noch annähernd 500 Aussteller alle drei Hallen des Messegeländes belegten, bespielten dieses Jahr 270 Aussteller lediglich zwei Hallen. Die wichtigen dänischen Marken, die bereits vergangenes Jahr auf eine Teilnahme verzichtet hatten, waren auch in diesem Jahr bis auf wenige Ausnahmen nicht dabei. Vor der Pandemie hatten sie noch zahlreich ihre Neuheiten vorgestellt und die Messe zur wichtigsten im skandinavischen Raum gemacht. Mittlerweile verlassen sich die Dänen ganz auf ihr Heimspiel, die 3 Days of Design in Kopenhagen. Das Schicksal der schwindenden Internationalität teilt Stockholm mit der Kölner Möbelmesse, die inzwischen ebenfalls ein regionales Branchentreffen ist. Doch anders als die imm cologne, und hier beginnen die guten Nachrichten, hat die Stockholm Furniture Fair unter der Leitung von Hanna Nova Beatrice das Beste aus der Situation gemacht. Und das in einer wirtschaftlich schwierigen Lage, in der auch die skandinavischen Hersteller mit Einbußen zu kämpfen haben.

Lebendige Atmosphäre, facettenreiches Bild
Was die Stockholmer Messe in diesem Jahr auszeichnete: Sie hatte ein gutes Konzept und war umsichtig kuratiert. Die Stände der kommerziellen Teilnehmer, der Kern jeder Messe, waren durchmischt mit kulturellen Angeboten – und das nicht nur, um die freien Flächen zu füllen. Es gab ambitioniert gestaltete Gastronomie, etwa die Designbar The Yellow Thread vom Stockholmer Designduo Färg & Blanche, zu der auch eine Bühne für Talks gehörte. Oder das Café Surface Club des Designstudios Lab La Bla, für das Abfallmaterialien verwendet wurden – und das mit einem Minigolfparcours Spaß in den Messealltag brachte. Daneben fielen Präsentationen von Designer*innen auf – wie das Museum of Masonite von Folkform, dem vom Markt verschwindenden Plattenmaterial Masonit gewidmet. Auch das im vergangenen Jahr etablierte Format Älvsjö Gård für „Collectible Design“, eine Plattform für Erstaussteller und die bewährte Nachwuchsschau Greenhouse gehörten zum Programm. All das sorgte für eine sehr lebendige Atmosphäre und ein facettenreiches Bild vom zeitgenössischen nordischen Design – mit schwedischem Schwerpunkt. Denn nicht nur unter den Ausstellern waren viele heimische Unternehmen vertreten. Auch bei den kuratierten Formaten scheuten sich die Organisator*innen um Leiterin Hanna Nova Beatrice nicht, die lokale Szene zu fördern. Mit internationalen Highlights allerdings: „Guest of Honour“ waren Formafantasma aus Italien, die in der Eingangshalle einen Lesesaal aufgebaut hatten und ihre Forschungen zu Waldwirtschaft und Holzproduktion vorstellten.

Engagierte Unternehmen, gegensätzliche Trends
Weiteres Plus der Stockholmer Messe: Sie wird getragen von einer Gruppe engagierter Designunternehmen und Möbelhersteller, die sie als Marktplatz schätzen und deshalb in einen guten Auftritt investieren. Darunter sind traditionsreiche Firmen wie Gärsnärs, Gemla oder Lammhults ebenso wie jüngere Marken, darunter Hem, Wästberg, Massproductions oder das Textillabel Astrid. Gerade die Traditionsunternehmen produzieren oft noch in Schweden selbst und sind mit ihren Fabriken in einer bestimmten Region verwurzelt. So sei es eine der Aufgaben der Messe, wie Hanna Nova Beatrice in der Pressekonferenz sagte, die Produktion im Land zu halten und damit das Erbe zu bewahren. Die Identität des schwedischen Designs ist jedoch nicht nur in der Tradition verwurzelt. Es beweist auch viel Innovationsfreude, überall war der Wille zur Veränderung zu spüren. Die Frage, wie die Branche nachhaltiger und umweltverträglicher wirtschaften kann, durchzog viele Präsentationen und Gespräche. Ein Wille, der sich auch in den Neuheiten niederschlug. Etwa in dem anhaltenden Trend, einheimische Hölzer wie Kiefer zu verwenden, mit natürlichen Materialien wie Wolle oder Hanf zu arbeiten oder auf Modularität und Reparierbarkeit zu setzen. Ästhetisch dominierten die Gegensätze: Einerseits sah man häufig Metall, mit harten Kanten und rohen Oberflächen, andererseits gab es viele rundum gepolsterte Möbel – im Sinne des Trendschlagworts „Softness“.

Die diesjährige Ausgabe der Stockholm Furniture Fair war angesichts der schwierigen Ausgangslage ein Kraftakt für alle Beteiligten und zugleich ein Erfolg. Ob sich das im nächsten Jahr wiederholen und sich die Messe damit dauerhaft retten lässt, hängt aber nicht nur von guten Konzepten und engagierten Unternehmen ab, sondern auch davon, wie sich die wirtschaftliche Lage weiter entwickelt.

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Links

Stockholm Furniture Fair

www.stockholmfurniturefair.se

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