James Turrell
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Waren Sie schon einmal auf einer Seh-Reise? Dann stellen Sie sich bitte Folgendes vor: Eine weite, offene Landschaft unter einem azurblauen Himmel, ein erloschener Vulkan 300 m über dem Erdboden, in seiner Mitte ein exakt kreisförmiger Trichter und kraftvoll einfallendes Tageslicht. Sie befinden sich inmitten des „Roden Crater“ in dem riesigen, über 6.000 km2 großen San Francisco Volcanic Fields. Genau hier verlässt Sie die gewohnte Wahrnehmung und Sie tauchen ein in die faszinierenden Lichträume des kalifornischen Künstlers James Turrell.
Der Roden Crater ist das Lebenswerk und Langzeitprojekt des 1943 geborenen Künstlers. Seit nunmehr 34 Jahren formt er den Trichter eines erloschenen Vulkans in der Nähe von Flagstaff, Arizona zu einem riesigen Auge, einem Observatorium, das den Besuchern erlauben soll, den Himmel mit seinen Phänomenen, Licht, Mond, Sonne und Sterne in einzigartiger Weise zu erfahren. Nur jeweils 16 Besucher dürfen gleichzeitig das präzise berechnete System aus unterirdischen Räumen, Gängen und Aussichtspunkten betreten.
Light and Space
Mitte der 1960er Jahre begann sich im Westen der USA eine Kunstrichtung zu etablieren, die sich mit der experimentellen Erforschung von Licht und Raum befasste. Zu den bekanntesten Vertretern dieser „Light and Space“-Bewegung zählen neben James Turrell die Künstler Larry Bell, Robert Irwin und Douglas Wheeler. Allen voran steht Turrell für eine außergewöhnliche Bandbreite künstlerischen Schaffens, das Naturprojekte ebenso umfasst wie räumliche Installationen und architektonische Arbeiten. Dabei konzentriert er sich vor allem auf eine Synthese von Materialität und menschlicher Präsenz unter der Einbeziehung psychologischer Wahrnehmungsprozesse. Es gelingt dem Kalifornier auf fast magische Weise das Medium „Licht“ unmittelbar und sinnlich erlebbar zu machen. Licht, so Turrell, ist ein Material mit greifbaren Eigenschaften, die man fühlen kann. Der architektonische Raum wird in seinen Arbeiten zu einem transparenten, entmaterialisierten Medium, das Licht hingegen wird zum Baumaterial: Form, Farbe und Raum treten in ein unmittelbares und irritierendes Wechselspiel.
James Turrell studierte von 1961 bis 1965 die Fächer Psychologie, Mathematik und Kunstgeschichte. Im Anschluss daran absolvierte er bis 1973 das Studium der Kunst und beschäftigte sich fortan mit den Materialisationsformen des Lichtes. In den frühen „Shallow Space Constructions“ aus den 1960er Jahren werden aus nicht sichtbar angebrachten Projektoren Lichtkegel erzeugt, die den dunklen Raum, in den der Betrachter tritt, in materialisierte Lichtflächen zerlegen. Ab 1972 beginnt Turell mit dem ambitionierten Projekt des „Roden Crater“. Ab 1975 entsteht die Werkgruppe „Skyspaces“. Diese „Himmelsräume“ werden schließlich zum Markenzeichen des Lichtkünstlers. Internationale Bekanntheit erlangte er jedoch mit den Arbeiten „Lichträume“. In diesen betretbaren Räumen erhält der Betrachter das Gefühl, das Licht körperlich zu spüren, es greifen zu können. Es bleibt nicht nur Gestaltungselement eines Objektes oder Raumteiles, sondern manifestiert sich selbst zu einem erfahrbaren Objekt. Seit den 1990er Jahren entwickelt er zunehmend Lichtinstallationen für Architekturprojekte, sowohl für Innenräume wie der Münchner Rück in München, als auch für den Außenbereich.
Lichtinstallationen für Architekturprojekte
Für die Hauptverwaltung der Verbundnetz AG in Leipzig von entwickelte Turrell 1997 zusammen mit dem Berliner Architektenbüro Becker Gewers, Kühn & Kühn eine dauerhafte Lichtinstallation für die Außenfassade des Hauptgebäudes. Dabei wirken die Beleuchtung und das Energiekontrollsystem des Hauses unmittelbar zusammen. Das Beleuchtungssystem reagiert auf Impulse der Umgebung wie Temperatur, Witterung und Lichtverhältnisse und stimmt seinen Energiebedarf und eben die Beleuchtung des Hauses darauf ab. So entsteht eine illuminierte Glasfassade, die in einem faszinierenden Wechselspiel zu den Bedingungen der Umgebung steht: Mit Einbrechen der Dunkelheit erlebt der Betrachter ein schillerndes Farbspiel aus Rot, Orange, Rosa und Blau. Die Gebäudefassade erscheint durchlässig, fast wie eine Membran – eine stetige Verbindung von Innen- und Außenraum, die je nach Impuls durch das Licht gespeist wird.
Erst im Dezember 2006 schuf Turrell im Auftrag der Salzburg Foundation auf dem Mönchsberg die Installation „Skyspace“, die in die sanft hügelige Landschaft eingebettet liegt. Durch eine Öffnung in der Decke eines zylindrischen Raumes ist der Himmel wie ein Deckengemälde sichtbar. Der architektonische Innen- und der natürliche Außenraum reagieren dabei aufeinander und formen auf beeindruckende Weise die Wahrnehmung von Vorder- und Hintergrund. Das wechselnde künstliche Licht im Innern des zylindrischen Raumes tritt dabei in Korrespondenz mit dem natürlichen Licht des Außernraumes. Es braucht etwas Zeit bis die vertrauten Sehgewohnheiten aufgegeben und eine völlig neue Situation von Licht und Raum erkennbar wird: Dann wird das Licht sinnlich erlebbar und hebt die Grenze zwischen Künstlichkeit und Wirklichkeit auf.
Viele Museen widmen dem Werk des Lichtkünstlers immer wieder umfassende Ausstellungen. Gegenwärtig läuft in Boston eine Gemeinschaftsausstellung mit dem Titel „Superhuman vision“. Dort werden unter anderem Werke von Turrell, Jeff Koons, Sigmar Polke und Gerhard Richter gezeigt. Ab dem 12.05.2007 zeigt die Galerie Almine Rech in Paris ausschließlich Werke von James Turrell und in der Londoner Louise T Blouin Foundation ist bis Ende März 2007 eine umfassende Ausstellung seines Schaffens zu sehen. Eine gute Gelegenheit, mit dem Meister des Lichts auf eine faszinierende Seh-Reise zu gehen.
ICA Boston
„Superhuman vision“
10. Dezember 2006 - 29. April 2007
www.icaboston.org
Galerie Almine Rech, Paris
„James Turrell“
12. Mai 2007 - 30. Juni 2007
www.galeriealminerech.com
Louise T Blouin Foundation, London
„A Life in Light“
13. Oktober 2006 - Ende März 2007
www.ltbfoundation.org
FOTOGRAFIE Florian Holzherr
Florian Holzherr
Links
James Turrell
www.pbs.org/art21/artists/turrell/Mehr Stories
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