Licht aus! Whoom! Spot an!
Alles digital: Der Leuchtenhersteller Erco setzt zu 100 Prozent auf LED!
„Licht aus! Whoom! Spot an! Yeah …!“, begeisterte sich Ilja Richter zu Beginn der 1970er Jahren in der legendären ZDF-Musikshow Disco. Der Moderator hatte verstanden, dass Licht – gekonnt eingesetzt – der Dramaturgie und der Beeinflussung der Stimmung überaus dienlich sein kann. Bereits ein paar Jahre zuvor hatte das Unternehmen Erco seine Strategie geändert und propagierte fortan: „Wir verkaufen Licht, und nicht Leuchten“. Das wirkte zunächst vor allem wie geschicktes Marketing, im Rückblick war es aber die entscheidende unternehmerische Weichenstellung. Aus dem Hersteller von dekorativen Hängeleuchten wurde die Lichtfabrik. Jetzt werden erneut die Weichen gestellt, denn ab sofort ist Erco 100 Prozent LED.
Mit dem Ansatz Licht statt Leuchten avancierte Erco rasch zum Liebling vieler Architekten und Planer. 1987, fast zwei Dekaden nach der Formulierung der Idee, feierte das Magazin Spiegel mit einem Zitat des australischen Architekten Harry Siedler das „Licht als die vierte Dimension der Architektur“ und die Lüdenscheider Firma als Marktführer „für professionelles Architekturlicht“. 2015 macht das Familienunternehmen nun den Schritt in „das Zeitalter des digitalen Lichtes“. Hochwertiger Beleuchtung fühlt sich Erco auch weiterhin verpflichtet, doch der vor acht Jahren begonnene technologische Wandel könnte radikaler kaum sein.
5.000 Produkte auf LED umgestellt
„Erco wird zu 100 Prozent digital“, verkündet Tim Hendrik Maak, Sprecher der Geschäftsführung, mit einigem Stolz. Mit Jahresbeginn ist das komplette Leuchten-Portfolio auf LED-Technologie umgestellt. 65 Leuchten-Serien mit rund 5.000 Produkten wurden komplett überarbeitet. Eine beeindruckende Entwicklungsleistung, die (fast) vollständig im Unternehmen erfolgte. Für die bisherigen Produkte werden noch Ersatzteile geliefert, bei kommenden Aufträgen setzt Erco ausschließlich auf das vollständig erneuerte Sortiment.
Digitaler Einfluss
„Wir wollten nicht nur die Technik verändern, sondern auch die Beleuchtungsqualität weiter verbessern“, beschreibt Kay Pawlik, in der Geschäftsführung für Innovation verantwortlich, den weitreichenden Innovations- und Veränderungsprozess. Nun ist der Slogan light digital zweifelsohne ein wenig unscharf, weil Licht natürlich Licht bleibt und lediglich die Erzeugung des Lichtes und seine Steuerung digital mittels aufwendiger Elektronik geschieht. Doch der Einfluss der digitalen LED-Technik auf die Produktpalette ist erheblich. „Es war schnell klar, dass es nicht reichen würde, die bisherigen Leuchtmittel einfach durch LED zu ersetzen.“ Alle Komponenten bis auf die eigentlichen Leuchtdioden, die unter strengen Qualitätsvorgaben aus gut gehüteten Quellen eingekauft werden, werden im Unternehmen selbst gefertigt.
Gleichteile für alle
Dieser Ansatz, die Fertigung komplett in eigener Hand zu realisieren, hat deutliche Folgen für den betrieblichen Ablauf und die Qualifikationen der Mitarbeiter. Aus den analogen Leuchten mit Glüh- und Halogenbirnen und allerlei Reflektoren sind optoelektronische Systeme mit digitaler Steuerung und neuartigen Linsen geworden. Kay Pawlik dazu: „Statt Blechbiegen mit vielen manuellen Eingriffen sehen wir in der Produktion nun einen hohen Grad von Automatisierung.“ Plattformstrategie heißt dieser Ansatz, möglichst viele Komponenten als Gleichteile zu entwickeln, und wird seit Jahren erfolgreich in der Automobilindustrie praktiziert.
In Otls Sinne
Die Digitalisierung der Produkte führte gleichzeitig zu einer Miniaturisierung, was auch Auswirkung auf das Produktdesign hat. Gehäusegrößen und Proportionen folgen den konstruktiven Veränderungen der inneren Komponenten, orientieren sich aber weiterhin am prägenden Corporate Design von Otl Aicher. 1975 hatte Aicher ein umfängliches Designsystem entwickelt, welches damals starke Beachtung bei Gestaltern und Architekten fand, auch weil es half, das Unternehmen umzustrukturieren und klar auszurichten. Bis heute regeln Aichers Gestaltungsleitlinien die Produktsprache und die Kommunikation des Unternehmens. „Auch bei der Entwicklung unserer aktuellen Bildsprache für das Internet und die Bewegtbilder hat das vorhandenen Corporate Design sehr geholfen“, unterstreicht Tim Hendrik Maak die Nachhaltigkeit der Gestaltungsrichtlinien.