Stories

Sehen und Erkennen

von Katja Neumann, 06.08.2010


Brigitte Kowanz darf durchaus als Grande Dame der Lichtkunst gelten. Die 1957 geborene Wiener Künstlerin wurde bereits in den früher 80er Jahren durch den Einsatz phosphoreszierender Farben und farbigen Lichts in ihren Arbeiten international bekannt. Nun würdigt das Wiener Museum Moderner Kunst Stiftung Ludwig, kurz MUMOK, die Künstlerin mit einer umfassenden Retrospektive. Unter dem Titel „Now I See“ sind Wandarbeiten, Installationen und Arbeiten im architektonischen Kontext von 1984 bis heute zu sehen. Parallel zur Ausstellung entwickelte Brigitte Kowanz auch zwei Lichtinstallationen im öffentlichen Raum: Nach Einbruch der Dunkelheit erstrahlt weithin sichtbar neben der Fassade des MUMOK eine leuchtende Animation auf dem 20-stöckigen Gebäude der Uniqa Versicherung.


Licht und Sprache sind die beiden Grundmotive, mit denen Brigitte Kowanz arbeitet. Durch Licht nehmen wir die Welt wahr, durch Sprache und Kommunikation verstehen wir sie. Sowohl Licht als auch Sprache fungieren als „Filter“ für unsere Wahrnehmung – genau mit diesen Funktionen arbeitet Brigitte Kowanz und vermittelt dem Betrachter ihrer Werke immer wieder aufs Neue, dass Erkennen mehr ist als bloßes Sehen. Neben dem Einsatz von Licht, das sich in Worten manifestiert, sind auch Spiegel und die Integration von technischen Elementen wie Glühbirnen oder Lichtröhren unverkennbare Merkmale der österreichischen Künstlerin.

„Now I See“

Daher ist der Titel der Ausstellung „Now I See“ mehr als passend gewählt. Denn es geht um das Sehen und das anschließende Erkennen. Rund zwei Jahre hat die Künstlerin mit Kurator Rainer Fuchs an der Ausstellung gearbeitet. Zwei Drittel der Exponate sind in den letzten Jahren entstanden, aber auch ältere Werke werden im MUMOK gezeigt. Zu sehen sind beispielsweise die bekannten Neonarbeiten der Künstlerin, bei denen sie aus Neonröhren Worte bildet und damit Licht und Sprache miteinander verschmelzen lässt. Weiter geführt wird dieser Ansatz in den Lichtinstallationen, die nach der Handschrift Brigitte Kowanz‘ geformt sind. Auch die typischen Spiegelarbeiten werden gezeigt, die mit der Wahrnehmung des Betrachters spielen. Zum einen arbeitet die Künstlerin mit Reflexfolien, die codierte Botschaften in Form von Morsezeichen über den ganzen Raum verbreiten. Zum anderen werden aber auch Zweiwegspiegel verwendet, bei der eine gleichzeitig transparente und reflektierende Scheibe die Grenzen der Objekte auflöst. Highlight der Ausstellung ist eine neue Spiegelinstallation in den Räumen des MUMOK: In dem 450 Quadratmeter großen Spiegelsaal ist der Betrachter nicht nur in atmosphärisches Licht gehüllt, sondern regelrecht Teil des Kunstwerks: als Zentrum und Motiv des Szenarios sieht er sich selbst unendlich oft gespiegelt.

Lichtbespielte Hochhausfassade

International bekannt geworden ist Brigitte Kowanz aber vor allem durch zahlreiche Projekte im öffentlichen Raum. So sind permanente Lichtinstallationen der Künstlerin unter anderem an der Europäischen Zentralbank in Luxemburg oder am Hauptstadtstudio der ARD in Berlin zu sehen. Seit einigen Wochen erstrahlen nun auch in Wien gleich zwei neue Kowanz-Fassadeninstallationen. Am MUMOK selbst wird die Architektur scheinbar „vermessen“ und in ihren Proportionen dargestellt durch diagonal und in ansteigenden Abständen angebrachte Leuchten. Die zweite Lichtinstallation befindet sich an der Fassade des sogenannten Uniqa Tower am Wiener Donaukanal. Die zwanzig Stockwerke hohe und rund 7000 Quadratmeter umfassende Medienfassade wurde bereits 2006 durch das Büro Licht Kunst Licht mit mehr als 40 000 LED-Lichtpunkten ausgestattet und mit einer das gesamte Gebäude umfassenden Lichtbespielung versehen. Brigitte Kowanz nutzte nun die vorhandene Struktur und Technologie des Uniqa Towers, um bei ihrer Installation den Schriftzug „Now I See“ und dessen Übersetzung in Morsecode großflächig abzubilden. Dabei ändert sich mit der Geschwindigkeit der Bewegung auch die Größe der Schrift, Buchstaben kreisen und oszillieren auf der großflächigen Fassade und machen Sprache zu einem visuellen Erlebnis – eben typisch Brigitte Kowanz.

Die Ausstellung „Now I See“ ist noch bis zum 3. Oktober 2010 im MUMOK in Wien zu sehen. Die Lichtinstallation am Uniqa Tower ist bis Ausstellungsende jeden Freitag, Samstag und Sonntag jeweils nach Einbruch der Dunkelheit bis 24 Uhr zu bewundern.
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Links

MUMOK Wien

www.mumok.at

Brigitte Kowanz

www.kowanz.com

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