Shoppen und Beten
Einkaufszentrum, Kirche und Messestand: Die Gewinner des Deutschen Innenarchitektur Preis 2014.
Einkaufszentrum, Kirche und Messestand: Beim Deutschen Innenarchitektur Preis 2014 wurden drei realisierte Projekte ausgezeichnet, deren Themenbereiche kaum unterschiedlicher hätten sein können. Und doch gab es Gemeinsamkeiten: Jeder der Sieger legte, neben hervorragender Gestaltung, besonderen Wert auf die emotionale Einbindung der Nutzer.
Zum achten Mal zeichnete der BDIA Bund Deutscher Innenarchitekten Projekte aus, „deren ‚innere Architektur‘ vorbildlich konzipiert, gestaltet und ausgeführt ist.“ Auf der Orgatec wurden nicht nur die drei Gewinner des Preises bekannt gegeben, sondern auch 26 weitere Auszeichnungen in verschiedenen Kategorien vergeben.
Fließendes Erlebnisareal
Der 1. Preis ging an die Düsseldorfer Innenarchitektin Bettina Kratz von kplus konzept, die mit ihrem Open Space-Shopkonzept im Untergeschoss des Einkaufszentrums Köln Arcaden die Jury begeistern konnte. Das Projekt mischt dem Einkaufserlebnis weitere Zutaten bei: Die Betreiber der um einen „Marktplatz“ gruppierten Smart Concept Stores können mittels Workshops, Makerlabs und anderen Events die Gemeinschaftsfläche bespielen und kreieren so ein fließendes Erlebnisareal, das die Käuferschaft mit einbezieht. Die Innenarchitekten schufen dazu das passende Raumsystem: Eine weiße Skelettstruktur aus Beton, die das ansonsten schwarze Untergeschoss gliedert. Ein weiterer Bestandteil des Konzepts war der Wettbewerb „Pop-up Store“, bei dem die Einzelhändler gemeinsam mit kplus konzept ihre Shops gestalten konnten. Das Preisgericht war begeistert von dem „lebendigen, sich ständig in Veränderung und Entwicklung befindlichen Raumkonstrukt, in dem Improvisation, Low Budgets und gestalterische Phantasie keine Gegensätze mehr sind.“
Spiritueller Rahmen
Um eine etwas andere Art von Erlebnisraum ging es bei der Neugestaltung von Altarraum und Prinzipalstücken der evangelischen Lutherkirche in Düsseldorf. Die Gestalter von Lepel & Lepel schafften es mit subtilen Eingriffen, den ehemaligen Gemeindesaal umzufunktionieren: Dafür gab es den 2. Preis. Die flexible Möblierung macht eine mobile und wechselnde Nutzung des Raumes möglich und schafft einen „Raum, in dem Gläubige und Atheisten unterschiedslos Zeit zum Nachdenken, zum Relativieren, zum Hoffnung schöpfen finden können“, erklärt die Jury. Weißer Beton und Holz wurden als Oberflächen gewählt und erzeugen eine helle und warme Atmosphäre, die dem spirituellen Rahmen gerecht wird.
Gepaarte Zwei- und Dreidimensionalität
Wand, Boden, Decke! Ein beeindruckendes Raumerlebnis bot der Messestand „Das Tapetenhaus“ und wurde vom BDIA mit dem 3. Preis ausgezeichnet. Jens Wendland vom Düsseldorfer Büro raumkontor griff „mit einfachen, aber imposanten Mitteln die Dialektik ‚Zwei- und Dreidimensionalität’ auf und zelebriert eine hochinteressante und spielerische Auseinandersetzung mit visueller Wahrnehmung und plastischer Wirkung“, urteilt die Jury. In einem einzelnen Kubus brachten die Innenarchitekten vier Szenarien unter, die besonders ausgeprägte Einrichtungscharaktere repräsentieren. Dabei werden Boden, Wände, Decken, Leuchten, Möbel und Accessoires der einzelnen Raumszenen komplett mit nur einem einzigen Tapetenornament überlagert: ein beeindruckender und fast surrealer Moment für jeden Besucher des „Tapetenhauses“, der sicherlich in Erinnerung bleiben wird.
Der diesjährige Deutschen Innenarchitektur Preis hat die Qualitäten guter Gestaltung aufgezeigt, und wir schließen uns der Forderung von Vera Schmitz, der BDIA Präsidentin, an: „Kein Gebäude soll ohne die Beteiligung von Innenarchitektinnen und Innenarchitekten geplant werden. Innenarchitektinnen und Innenarchitekten beziehen sich in ihrer Konzeption immer auf das Innere: auf die Struktur und Materialität der Dinge – und vor allem auf die Bedürfnisse der Menschen, die das Innere der Architektur nutzen und beleben.“