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Spektrale Inspirationen

Mehr Gestaltungsfreiheit in der Architekturbeleuchtung

Während hybride Räume und Multi-Spaces derzeit schwer diskutiert werden, ist die aktuelle Architekturbeleuchtung längst bei einer zukunftsfähigen Flexibilität angekommen: Smarte Schienensysteme, modulare Strukturen und Leuchten in moderner Ästhetik ermöglichen eine spielerische und leichte Gestaltung mit Licht, die anpassungsfähig, natürlich und nachhaltig ist.

von Kathrin Spohr, 20.10.2021

Flexibilität ist in der Architekturbeleuchtung das Motto der Stunde. Hard- und Software der neuen, intelligenten Beleuchtungsprodukte sorgen gleichermaßen für Vielseitigkeit und Anpassungsfähigkeit. Nichts ist endgültig. Davon profitieren nicht nur die Nutzer*innen sondern auch die Planer*innen und Gestalter*innen.

Toolkits für Gestaltende
So ist es kein Wunder, dass viele Hersteller ihre Leuchten derzeit als Tools verstehen, mit denen immer wieder maßgeschneidertes Licht kreiert werden kann. Das macht Sinn. Spätestens seit Corona wissen wir, dass Interiors am besten funktionieren, wenn sie sich flexibel neuen Situationen und Atmosphären anpassen lassen – egal ob im Office, im Co-Working-Space oder etwa im Foyer eines Hotels. „Permanent Beta“ lautet das Stichwort dazu.

Leuchtende Skulptur
Black Light nennt sich eine Kollektion aus eleganten LED-Lichtskulpturen, die Tom Dixon gerade für den Mailänder Flagship-Store der Taschenmanufaktur Valextra gestaltet hat. Der Clou: Die Black Lights bestehen aus quadratischen oder kreisrunden, schwarzen LED-Platten, die zu unterschiedlichen Formen zusammengefügt wurden. 52.000 LED-Chips bringen so eine Skulptur zum Leuchten. Es sind faszinierende Eyecatcher – egal ob sie gerade funkeln oder nicht.

Codierte Platten
Zwar wurden die Black Lights individuell für den Valextra-Store in Mailand entwickelt, doch dahinter steckt ein System. Die LED-Platinen sind Teil von Code, einem neuen, modularen Lichtsystem, das Dixon zusammen mit dem österreichischem Hersteller Prolicht entwickelt hat. Es setzt hinsichtlich der Gestaltung von Leuchtkörpern Maßstäbe. Code besteht aus drei LED-Elementen: der runden Platte Dot, der quadratischen Platte Grid und der Linienform Dash.

Individuelle Formen
Tom Dixon geht es vor allem darum, Designer*innen zu inspirieren, ganz individuelle Leuchtkörper damit zu gestalten. So können diese Platinen zum Bau von minimalen grafischen Formen aber auch für voluminöse, kubische Lichtskulpturen genutzt werden. Bei voller Leistung liefern die Platinen helles, ungefiltertes Licht. In gedimmtem Zustand fungieren sie als dekorative Elemente: Es sind Lichtmuster, die vor schwarzem Hintergrund hervorstechen und zu schweben scheinen. Für die Stromzufuhr nutzt Code die Prolicht-Schiene Minimal Track, die eine individuelle Steuerung jeder einzelnen Leuchte ermöglicht. Und so einmal mehr ein hohes Maß an Flexibilität in der Gestaltung mit Licht erlaubt.

Clevere Beleuchtungswerkzeuge
Die Philosophie des Herstellers Vibia zielt bei den neuen Konzepten Plusminus und Sticks ebenfalls darauf ab: „Es handelt sich nicht um Beleuchtungsprodukte, sondern um Beleuchtungswerkzeuge, die an den Raum und die Anforderungen des Projekts angepasst und von Innenarchitekt*innen je nach gewünschter Funktionalität und Atmosphäre individuell gestaltet werden können“, so die spanische Marke.

Spielerische Lichtplanung
Bei der Kollektion Plusminus von Stefan Diez, die Vibia im November launchen will, wird ein eigens entwickelter, leitfähig gemachter Textilstreifen zur Strom-Infrastruktur. Verschiedene Leuchtkörper lassen sich – typisch Diez – per Clip-Verbindungssystem daran andocken. Die Leuchten der Kollektion können jederzeit zum System hinzugefügt oder daraus entfernt werden. Plusminus eignet sich fürs Zuhause ebenso wie für umfassende Lichtskulpturen im Objekt. Der Toolkit-Faktor dieser Neuheit wird durch spezielle Software und Expertise unterstützt, die Vibia auf seiner Website bereitstellt: So sollen Gestalter*innen die Möglichkeit erhalten, mit voreingestellten Konfigurationen zu arbeiten oder ihre eigenen individuellen Beleuchtungslösungen zu kreieren.

Lineare Verkettungen
Spielerisch und adaptiv gedacht ist auch Sticks von Arik Levy: eine minimalistische Leuchtstange aus Aluminium. Ein Sticks-Toolkit umfasst drei Stangen mit 1,5, 2 und 3 Metern Länge, die sich beliebig auf maximal 6,5 Meter verlängern lassen. Die Sticks können von einer Wand zur anderen, vom Boden zur Wand und von der Wand zur Decke angeschlossen oder frei von der Decke abgehängt werden. Die Leuchtstangen sind um die eigene Achse drehbar, um die Lichtquelle genau dorthin zu richten, wo sie im Raum benötigt wird.

Es wird bunt
Mit dem ebenfalls modularen System Katà Métron von Artemide kann es obendrein richtig bunt werden: Architekt Mario Cucinella hat bei den zusammensetzbaren linearen Elementen die Gestaltungsmöglichkeiten noch einmal vervielfacht, indem er sie in sechs Farben anbietet. Katà Métron kann also eine horizontale Lichtlinie werden, die vom kontrastreichen, farbigen Wechsel ihrer Module geprägt ist.

Komposition aus Stäben
Und auch bei Infra-Structure Episode 2 von Vincent Van Duysen für Flos geht es um variantenreiche Spielformen: Die leuchtenden Stahlrohrstäbe lassen sich miteinander verbinden und werden durch Kompositionen in unterschiedlichen Höhen zur 3-D-Gitterstruktur. Dass all diese Leuchten mit aktueller Lichttechnologie ausgestattet sind – mit blendfreiem Licht zum Arbeiten oder auch mit Diffusoren, um atmosphärisches Licht zu erzeugen – versteht sich von selbst.

Wie auf Schienen
Intelligente, digitale Beleuchtungssysteme sind ein weiterer entscheidender Faktor, der für große Flexibilität in der Beleuchtung sorgt. Gerade bei der Erweiterung von Anpassungsoptionen in großflächigen, hybrid genutzten Räumen – etwa beim Megatrend Co-Working-Spaces – sind sie überall dort relevant, wo Raumzonen und Nutzungen sich stets auch spontan verändern können. Stromschienensysteme bieten dort die optimale Basis: Leuchten sind nicht starr montiert, sondern lassen sich bei veränderter Anordnung der Möbel werkzeuglos mit nur wenigen Handgriffen neu in der Schiene positionieren.

Intelligente Steuerung
Erco beispielsweise bietet mit seinen Stromschienen-Downlights Jilly vielseitige Leuchten, die sich jeder Umgebung anpassen: Statt flächendeckendes Licht zu erzeugen, können Lichtplaner*innen optimale und effiziente Konzepte realisieren, die eben nur dort Licht spenden, wo es benötigt wird. Zusätzlich bieten diese Stromschienen-Downlights hohen Sehkomfort bei gleichzeitiger Energieeinsparung. Auch in Sachen intelligente Steuerung wartet das Erco-Schienensystem mit maximaler Flexibilität auf. So lassen sich verschiedene Lichtszenarien für unterschiedliche Tätigkeiten einrichten. Und das Licht kann bequem mit dem Smartphone oder Tablet über Casambi Bluetooth geschaltet und gedimmt werden.

Freie Formen, sensible Sensoren
Auch bei der Modernisierung von Bestandsbauten, denkmalgeschützten Gebäuden und Museen gewinnen intelligente Lichtschienensysteme an Bedeutung: In diesem Bereich hat sich die Lichtmanufaktur Buschfeld mit dem minimalen digitalen Schienensystem Sense System weiter spezialisiert. Das Besondere: Die Buschfeld-Schienen sind nicht nur linear geformt. Sie können auch in jede Form gebogen werden, um runde, geschwungene Formen der Schienenverläufe zu kreieren. Durch spezielle Verbinderelemente lassen sich sogar riesige, dreidimensionale Freestyle-Strukturen daraus bauen: Kugeln, Sterne, auch rasterartige oder zylindrische Formen sind möglich. Somit lassen sich die Schienen individuell jeder noch so komplexen Architektur anpassen.

Drahtlose Vernetzung
Bei Sense System wird deutlich, welchen Vorteil Flexibilität auf Software-Ebene für den modernen Beleuchtungskomfort bieten kann: Um historische, denkmalgeschützte Gebäude mit sensorgesteuerter Beleuchtung und komplexen Lichtszenarien auszustatten, braucht es keine aufwändigen Installationen von BUS-Stromleitungen. Drahtlose Vernetzung mit smarten und komplexen Steuerbarkeiten läuft auch hier per internationalem Funkstandard, mit Xicato Controls oder Casambi. Leuchten eines Systems können mit dem Smartphone individuell adressiert werden. Das geht so weit, dass sogar Programmierungsänderungen nicht mehr vor Ort – etwa in einem Museum – durchgeführt werden müssen: Der Lichttechniker hat per Smartphone von überall Zugriff. Die Buschfeld-Leuchtköpfe sind hoch spezialisiert, Lichtfarben und -intensitäten in kleinsten Nuancen veränderbar, sodass sie Beleuchtungen von sensiblen Kunstobjekten oder eben historischen Architekturen gerecht werden.

Positive Lichtqualitäten
Nicht nur Objekte brauchen wohldosierte Beleuchtung. „Human Centric Lighting“-Konzepte nehmen derzeit immer mehr Raum ein – in Büros, Bildungs- und Medizineinrichtungen. Der Mensch steht im Zentrum der Beleuchtung. Mit passender Farbtemperatur und Beleuchtungsstärke fördert Kunstlicht unser Wohlbefinden. Neue Leuchten erzielen mit „Tunable White“-Technologie unterschiedliche Lichtfarben und Lichtverteilungen, unterstützen den zirkadianen Rhythmus und haben somit eine positive biologische Wirkung.

Verschiedene Sehaufgaben
Die Iku Work-Downlights von Erco etwa wurden speziell für Arbeitsplätze entwickelt und verfügen über Funktionen wie eine gute Abblendung und Dimmfähigkeit, sodass sich die Leuchten nuanciert an verschiedene Sehaufgaben anpassen können. Sie haben ein perfektes Dimmverhalten bis 0,1 Prozent und flimmerfreies Licht, was für störungsfreie Videotelefonate unerlässlich ist.

Stimmungen steuern
Auch Ingo Maurer greift mit der aktuellen Wandleuchte Moodmoon diesen Trend auf. Sie vereint LED-Technologie und japanische Papierkunst. Moodmoon stellt gleich 14 unterschiedliche Stimmungen zur Verfügung, die über die Ingo Maurer Digital App gesteuert werden. Inspiriert vom Mond, entwarf Sebastian Hepting die Leuchte in Zeiten des Lockdowns: Während ein Raum tagsüber als Büro, abends als Wohnzimmer und dann als Schlafzimmer genutzt werden kann, dient Moodmoon durch individuell gewählte Lichtstimmungen und -rhythmen nicht nur als künstlerisches Lichtobjekt. Die Leuchte fördert durch „Tunable White“-Technologie auch die Leistungsfähigkeit, sorgt für Wohlbefinden und Entspannung.

Nachhaltiges Licht
Nicht zuletzt spielt bei allen digitalen Lichtlösungen Nachhaltigkeit eine große Rolle: Individualisierte und situativ genau einstellbare LEDs sind effizient und sparen bei der Beleuchtung im Objekt viel Energie. Doch es gibt ein Problem: LEDs sind meist fest verbaut im Leuchtkörper, sodass diese bei defekter LED gleich mit entsorgt werden müssen. Es macht also Sinn, auch in diesem Bereich anders zu denken. Ein Protagonist bei den nachhaltigen Leuchten ist Oplight von Jasper Morrison für den italienischen Leuchtenhersteller Flos. Die LED-Quelle der Wandleuchte ist nicht nur hocheffizient, sie gibt auch bei geringem Stromverbrauch eine große Lichtmenge ab und hat eine Lebensdauer von 50.000 Stunden. Die LED-Karte kann vom Elektriker ausgetauscht werden, denn sie ist nicht, wie üblich, auf den Kühlkörper aufgeklebt. Oplight wurde zudem aus recycelten Materialien hergestellt und ist so konzipiert, dass die verschiedenen Bauteile auswechselbar und vollständig recycelbar sind. Alles also ganz im Sinne eines Songtitels des Musikers Peter Licht: „Die Technik wird uns retten“.

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