Super mega Monaco
Die Monaco Yacht Show 2014 zeigte neue Spielsachen für Superreiche.
Das Schaulaufen maritimer Eitelkeiten findet alljährlich Ende September statt, wenn sich die Branche zu ihrem wichtigsten Treffen an der Côte d‘Azur versammelt: der Monaco Yacht Show. Auch weil Länge weiterhin Trumpf ist, gewinnen räumliche Qualitäten zunehmend an Terrain im Bootsbau der Luxusklasse. Abenteuerlustige erkunden unterdessen mit Mini-U-Booten den Meeresgrund.
Es ist ein verlässliches Ritual: Nicht nur das Hafenbecken zu Füßen des Fürstenpalastes ist bis auf den letzten Liegeplatz mit dem teuersten Spielzeug gefüllt, was derzeit auf dem (zivilen) Markt zu haben ist. Auch auf dem offenen Meer drängelt sich eine Armada an Riesenyachten, deren Lichter die Nacht zum Funkeln bringen. Die Monaco Yacht Show ist keine Messe im herkömmlichen Sinne, auch wenn einige stattliche Exemplare zu erwerben wären. Sie dient vielmehr als Appetitanreger für neue Kunden, die die aktuellen Schmuckstücke der Werften unter der monegassischen Sonne in Augenschein nehmen.
Barfuß durch Privatgemächer
Wenn die Türen um zehn Uhr morgens öffnen, haben sich die Besitzer der Yachten bereits zurückgezogen. Dass viele von ihnen tatsächlich auf den Schiffen wohnen, verschärft zugleich die Exklusivität. Zutritt zu den Yachten wird nur wenigen ausgewählten Besuchern gewährt, die dann barfuß oder auf Socken durch die Privatgemächer der Superreichen flanieren dürfen – sofern sie nicht längst selbst dazugehören. Auch die Besitzer der 80-Meter-Yacht Chopi Chopi sind nicht anzutreffen, als wir an Bord gehen.
Die von der Werft CRN in Ancona gebaute Yacht war eines der Highlights dieser Show und ist zuvor bei den World Superyacht Awards und Showboats Design Awards ausgezeichnet worden – und das, obwohl sie im Vergleich zu anderen Schiffen recht „mickrig“ ausfällt. Doch Größe ist auch in der Yachtwelt nicht alles. Um Prestige zu erlangen, wird das Zusammenspiel aus Exterieur und Interieur immer höher bewertet. Und damit nicht genug: Auch wohnlich sollen die schwimmenden Paläste sein und nicht nur als dieselbetriebene Geldverbrenner dienen.
Näher ans Wasser
Über sechs Decks erstreckt sich die Chopi Chopi, deren Interieur von der römischen Architektin Laura Sessa entworfen wurde. Sechs Suiten bieten Platz für zwölf Passagiere und wurden unter Verzicht aud rustikales Seemannsgarn oder funkelnde Swarovski-Applikationen ausgestattet. Stattdessen bestimmen helle Hölzer, weiße Vorhänge und ebenso weiße Polsterbezüge die Innenräume. Vereinzelt mischen sich Designklassiker wie der Eames Loungechair unter die durchweg dezente wie zeitlose Möblierung. Einige Kabinen verfügen in Analogie zum Speisesalon über einen eigenen Balkon, der aus dem Schiffsrumpf nach außen geklappt wird und den Wohnraum ins Freie öffnet.
Auch die Proportionen sämtlicher Fenster wurden vergrößert, um mehr Sonnenlicht ins Innere zu holen und die Blicke von den Sitzecken zum Meer zu öffnen. Auf Tuchfühlung mit der Wasseroberfläche begibt sich ein 100 Quadratmeter großer Beachclub. Dieser befindet sich auf einer ausklappbaren Ebene am Heck, die während der Fahrt geschlossen bleibt. Dient dieser Bereich bei vielen Yachten als Garage für Beiboote oder Jetskis, wurden hier eine Bar, ein Massageraum sowie eine Sauna eingerichtet – ergänzt um Sonnenliegen, Clubsessel und rollbare Beistelltische.
Glanz und Gloria
Wie ein gestalterisches Gegenmodell wirkt die 85-Meter-Yacht Solandge der Bremer Werft Lürssen. Im Inneren wurde von Designerin Aileen Rodriguez aufgefahren, was das Neureichen-Klischee zu bieten hat: Ein 16 Meter hoher Kristallleuchter, der von 1.200 Lichtpunkten erhellt wird und sich über die gesamte Größe des zentralen Treppenhauses erstreckt. Die Holzböden wurden mit Intarsien aus Onyx versehen, die Möbel in den Badezimmern warten mit echten Silberfronten auf, und der große Tisch im Speisesalon wurde mit Perlmutt, Blattgold und Wurzelholz-Applikationen verziert. Schwere Brokatvorhänge und Wandverkleidungen aus Amethyst runden den wilden Materialmix schließlich ab.
Die dringend notwendige Abkühlung für die Sinne verspricht der sechs Meter lange Pool auf dem Außendeck, der nahtlos mit dem Meer zu verschmelzen scheint und dank Strömungsmaschine auch zum schnellen Schwimmen genutzt werden kann. Eine weitere Besonderheit: Im Zentrum der großen Sitzfläche am Heck des Schiffes kann ein runder Whirlpool mit einem metallenen Aufsatz in eine Tanzfläche mit eingebauter Disko-Beleuchtung verwandelt werden. Ein DJ-Pult sowie eine Bar komplettieren den schwimmenden Nachtklub, der mit einer einzelnen Tankfüllung rund 11.000 Kilometer zurücklegen kann. Wem das nicht reicht, der kann sich ins eigene Bordkino unter Deck zurückziehen – ausgestattet mit breiten Sofas und goldenen Poufs.
Verschiebung der Maßstäbe
Unter die Riege der Megayachten mischt sich derweil auch Riva. Hatte die Werft bislang ausschließlich kompakte Serienmodelle produziert, deren Längen zwischen acht und 35 Metern variieren, wurde in Monaco der Startschuss für die erste 50-Meter-Yacht gegeben. Dieses bildet den Auftakt einer neuen, maßgeschneiderten Linie, die längerfristig auch Schiffe von über 100 Metern Länge produzieren soll – ausgestattet mit dem unverkennbaren Kurvenschwung der 1962 vorgestellten Ur-Riva Aquarama. „Der Charakter eines Bootes muss in drei Strichen fassbar sein“, erklärte dazu Mauro Micheli, der mit seinem Büro Officina Italiana Design seit zwanzig Jahren die Linienführung der Riva-Modelle verantwortet.
Die sich im Bau befindliche 50-Meter-Yacht soll auf vier Decks Platz für zwölf Passagiere und neun Crewmitglieder bieten. Dank drehbarer Schiebetüren sollen die Innen- und Außenräume auf allen Ebenen nahtlos ineinander übergehen. Für ein wahres James-Bond-Gefühl sorgt die wassergefüllte Garage, in der ein sechs Meter langes Beiboot anlegen kann. Wollen die Passagiere einen Landausflug unternehmen, betreten sie das Beiboot noch im Bauch der Yacht. Anschließend öffnet sich an der Backbordseite eine Klappe und die Fahrt kann beginnen.
Neue Spielzeuge
Doch auch diejenigen, die bereits eine kleine Riva als Beiboot ihrer Megayacht erstanden haben, mussten keineswegs mit leeren Händen heimkehren. Gehören Jetskis längst zur 08/15-Grundausstattung, zeichnet sich ein neuer Trend bei den Accessoires ab: Luxuriöse Mini-U-Boote, mit denen Korallenriffe und Wracks ohne Komfortverzicht erkundet werden. Das Super Yacht Sub 3 (SYS3) des niederländischen Herstellers U-Boat Worx ist eigens für den Einsatz auf Megayachten entwickelt worden und bietet Platz für zwei Passagiere und einen Steuermann. Die kleinste Ausführung vermag 150 Meter tief zu tauchen und schlägt mit 990.000 Euro zu Buche. Wer weiter in die Tiefe will, muss auch tiefer in die Brieftasche greifen. 1,35 Millionen Euro kostet die Version für Tauchgänge in bis zu 300 Meter unterhalb der Wasseroberfläche.
Auf Kapitän Nemos Spuren
Aufgrund seiner kompakten Bauart kann das U-Boot in der Bordgarage verstaut werden. Auch lässt es sich mit den normalen Kranauslegern ins Wasser befördern, die ohnehin für das Einholen von Beiboote vorgesehen sind. Auf Annehmlichkeiten müssen die Hobby-Abenteurer nicht verzichten. Neben weich gepolsterten Ledersitzen verfügt das U-Boot über eine Klimaanlage, die zudem die Bildung von Kondenswasser an der großen Panoramascheibe verhindert. Der Druck bleibt während des gesamten Tauchgangs bei konstanten 1 Bar, um den Passagieren den anschließenden Besuch einer Dekompressionskammer zu ersparen. Wer möchte schon riskieren, zur abendlichen Bordparty zu spät zu kommen?