An Leder kommt man nicht vorbei
Im Gespräch mit Andrea Probst von Leder Probst

Partner: LEDER PROBST
Das Material Leder fasziniert Andrea Probst, seit sie denken kann. Nach einer Ausbildung studierte sie Modedesign in der Toskana und arbeitete anschließend in der Modebranche. Vor sechs Jahren gründete sie mit Leder Probst ihr eigenes Unternehmen, das sich auf die Zusammenarbeit mit Architekt*innen, Interiordesigner*innen und Raumausstatter*innen spezialisiert hat. Zu ihren Kund*innen gehören unter anderen Holzrausch, Geplan Design, Sebastian Zenker Interior Design und Stephanie Thatenhorst. Wir sprachen mit der Wahlmünchnerin über ihre Faszination für Leder, die Arbeit zwischen Handwerk und Industrie und die Vorteile eines eigenen Showrooms.
Das Material Leder bestimmt Ihren beruflichen Werdegang von Anfang an. Wie kam es dazu?
Noch vor meiner Ausbildung zur Modedesignerin habe ich mich dazu entschieden, eine duale Ausbildung zu absolvieren, um Handwerk und Industrie in Verbindung bringen zu können. Im Studium an der technischen Akademie und auch im anschließenden Designstudium habe ich immer viel mit Leder als Material gearbeitet. Auch in meiner Tätigkeit als Produktmanagerin bei Joop!, Rinaldi oder Laurèl sowie beim Concept Store Off & Co als persönliche Assistentin von Ulli Off. 2008 habe ich mich nach und nach selbstständig gemacht und zunehmend mit Leder gearbeitet. Dabei habe ich auch bereits bestehende Kontakte in Italien zur Lederindustrie intensiviert. Seit 2016 widme ich mich mit Leder Probst nunmehr ganz und mit großer Leidenschaft dem Thema Leder. Meine Erfahrungen aus dem Design und aus dem Produktmanagement sind Grundsäulen für mein heutiges Schaffen.
Wie sind Sie von der Mode zum Thema Leder in der Inneneinrichtung gekommen?
Die Modebranche ist inzwischen längst im Interior- beziehungsweise Lifestylebereich unterwegs und bietet ein breites Spektrum an Accessoires – wie etwa Schreibtischutensilien – an. Es reicht einfach nicht mehr aus, sich auf ein einziges Produkt oder Segment zu spezialisieren. Heute braucht es ganzheitliche Konzepte, um sich gut zu vermarkten. Schon vor 20 Jahren wurden viele Interior- und Lifestyleprodukte im Sortiment angeboten. Dies hat kontinuierlich zugenommen und ich habe selbst viele dieser Entwicklungen bei der Verwendung von Leder betreut und gesteuert.
Was fasziniert Sie am Material Leder?
Die Vielseitigkeit und Langlebigkeit von Leder sind sehr spannend. Leder kann über viele Produktgruppen hinweg eingesetzt werden. Wobei mich der Bereich Inneneinrichtung fasziniert. Hochwertiges und natürliches Leder entwickelt beim Gebrauch eine Patina und wird dadurch immer schöner. Es ist wie eine zweite Haut. Kein anderes Naturprodukt hat für mich diese Vielfalt. Als Lederspezialistin dem Kunden diese Eigenschaften in der Anwendung anzubieten, ist für mich jeden Tag aufs Neue eine große Freude.
Durch die Kooperation mit dem Hersteller hochwertigen Naturleders Conceria la Bretagna aus der Toskana ist es uns gelungen, den Premiumbereich von vegetabil gegerbten Naturledern in einer Vielzahl an Farben in unterschiedlichen Qualitäten anbieten zu können. Die Herausforderung, die Traditionsmarke zu vertreten und im deutschsprachigen Raum zu etablieren, war für uns der Anlass, einen Showroom in der Maxvorstadt zu realisieren. Wir sind dabei, den Fokus stark auf das Möbelleder und die Anwendung im Interior auszubauen – neben dem klassischen Lederhandel im Bereich Mode und Accessoires.
Ist die Spezialisierung auf ein einziges Material nicht ein ziemliches Risiko?
Ich habe enge Kontakte zu den Gerbereien in Italien und in Deutschland. Daher kann ich sehr viele Qualitäten und Farben exklusiv anbieten und meine Projekte von der Bemusterung an begleiten. Ich biete auch nur Qualitäten an, die meinen hohen Ansprüchen gerecht werden. Dabei arbeite ich am liebsten projektbezogen. Es macht einfach am meisten Sinn. Ich konzentriere mich auf die Farbkonzepte und Ansprüche des Bauvorhabens, betreue gewerbliche Projekte – wie Hotels – und Privathäuser und kooperiere mit beiden Seiten: sowohl mit den Gerbereien, als auch mit den Planer*innen. Durch meine langjährige Tätigkeit bei Off & Co habe ich auch tolle Kontakte in München und konnte beim Start von Leder Probst sofort spannende Projekte umsetzen. Wir haben neben der Belederung von Sitzmöbeln schon Wand- und Möbelpaneele mit Leder ausgestattet sowie Türen, Handläufe und Bodenleder eingesetzt.
Haptische Materialien wie Holz und Naturstein sind gerade sehr gefragt. Beobachten Sie, dass auch Leder beliebter wird im Interiordesign?
Auf jeden Fall. Es ist nicht mehr wegzudenken aus dem Interiordesign. Auch Möbelfirmen spezialisieren sich zunehmend auf Materialien mit natürlicher Haptik. Leder bringt einen warmen Akzent in den Raum. Außerdem wird verstärkt nach Alternativen zu Stoffen gesucht, gerade weil Leder sehr langlebig und damit nachhaltig ist. Wenn dann noch eine vegetabile Gerbung verlangt wird, bieten wir durch unsere Neuzugänge spannende taktile Erlebnisse. Allerdings sind die Anforderungen bei solchen Projekten sehr hoch. Wenn ich beispielsweise Wandpaneele mit Kuhleder bespannen will, sind dem allein durch die Größe natürliche Grenzen gesetzt. Das Thema Leder in der Inneneinrichtung ist sehr komplex. Es geht um Farben und Oberflächen, darum, wie pflegeleicht und lichtbeständig ein Leder am Ende sein soll. Daher haben wir unser Sortiment spezialisiert. Wir haben circa 230 Qualitäten für verschiedene Bereiche und oft bis zu 100 Farben im Angebot. Für jede Anwendung gibt es das richtige Leder.
Diese Vielseitigkeit lässt sich in Ihrem Showroom sicher gut darstellen.
Natürlich. Wir haben in den Räumen die Möglichkeit, unser Sortiment zu präsentieren, und gleichzeitig an Projekten zu arbeiten. Der Kunde kann die Lederarten fühlen und sich ein Bild von ihrer Qualität machen. In meinen ersten Jahren mit Leder Probst habe ich meine Projekte noch durch Vor-Ort-Termine betreut, um Probleme durch ungeeignete Wareneinsätze von vornherein zu vermeiden. Ein weiterer Grund, den Showroom zu eröffnen: Ich wollte das Angebot nachhaltig gegerbten Leders im Premiumbereich ausbauen. Wie bereits erwähnt, war die Herausforderung, die Traditionsmarke Conceria la Bretagna zu vertreten und im deutschsprachigen Raum zu etablieren, der finale Anstoß, unseren Showroom in der Maxvorstadt zu realisieren.
Welche Trends gibt es im Interiordesign, das Material Leder betreffend?
Farben sind ein großer Trend. Knallfarben wie beispielsweise Neonorange, aber auch zurückhaltende Sorbet-Farbtöne und Metalleffekte. Naturleder kommt immer mehr auch im Außenbereich zum Einsatz, als wasserabweisende Polsterung von Outdoor-Möbeln. Auch in Bezug auf die antiallergene Eigenschaft des Leders liegt das Thema sehr im Trend. Und auch Velourshaptiken sind en vogue.
Und wie geht es nun nach der Showroomeröffnung weiter?
Mein Ziel ist es, dass wir unser Sofortlager mit den hochwertigen Ledern immer weiter ausbauen, um unser Lederangebot im Sinne eines Lederkaufhauses umzusetzen. Da die Vielfalt gerade bei nachhaltig gegerbtem Leder auf ein großes Interesse stößt, sind wir dabei, für Architekten, Raumausstatter, Sattler, Schreiner und andere Interessierte Schulungen anzubieten. Dabei sind die Gerber vor Ort und vermitteln Vielseitigkeit, Herstellung und Beschaffenheit des Leders. Wir haben noch viel vor.
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