Projekte

Alpine Sinuskurve

Neustart nach 80 Jahren: Eine Biwakschachtel in den slowenischen Alpen.

von Norman Kietzmann , 23.11.2016

In den slowenischen Alpen hat der Architekt Darko Bernik eine Biwakschachtel aus den dreißiger Jahren neu aufgebaut. Das neun Quadratmeter große Refugium bietet nicht nur sicheren Schutz vor Wind und Wetter auf 2118 Höhenmetern. Es überrascht mit einer wohnlichen Materialität und spektakulären Ausblicken.

Die schönsten Formen sind auf Effizienz getrimmt. Dieser Grundsatz gilt längst nicht nur in der Natur, sondern ebenso in der Konstruktion. Bereits 1936 haben die Mitglieder eines Bergsteigerclubs in den steilen Hängen des Nationalpark Triglav in den slowenischen Alpen eine Schutzhütte errichtet. Die Gestaltung lag in den Händen des Ingenieurs und Kletterers Karel Korenini, der dem Bau die Form einer längs halbierten Tonne gab. Ein markantes Detail sind die nach außen gebogenen Unterkanten des Daches, die direkt mit der Bodenplatte verschmelzen und dem Gebäude die Silhouette einer Sinuskurve verleihen. 

Montage in den Bergen 
Der Grund für die Bauart lag auf der Hand: Schließlich sollte die Unterkunft nicht nur Windgeschwindigkeiten von 200 Kilometern pro Stunde und meterhohe Schneeberge aushalten, sondern ebenso leicht zu transportieren sein. Die vorproduzierten Holz- und Stahlteilen sind damals von den Bergsteigern mühevoll hinauf ins Gebirge geschafft und vor Ort montiert worden. Allen Komplikationen zum Trotz entstand ein Bau, der verlässliche 80 Jahre seinen Dienst tat – bis er auf eine neue Plattform geschoben und per Helikopter ins Tal transportiert wurde: Als Ausstellungsstück für das Slowenische Gebirgsmuseum.

Behutsame Weiterentwicklung 
Beim Wiederaufbau der Hütte setze der Architekt Darko Bernik auf gestalterische Kontinuität. „Das Bivak II na Jezerih wurde auf Basis der 1936er Glockenkurvenform konzipiert, die ihre originale Silhouette beibehält. Jedoch haben wir Verbesserungen in der Konstruktion, Funktion sowie in der Verarbeitung vorgenommen“, erklärt der Architekt. Anders als beim Vorgängerbau konnte die Schutzhütte bereits im Tal fertig montiert und anschließend mit dem Helikopter als Ganzes in die Berge befördert werden. Die Voraussetzung dafür war, dass die kompakte Architektur nicht mehr als 1,3 Tonnen auf die Waage bringt: das maximale Transportgewicht, das die Hubschrauber in der Region befördern können.

Monochrom in Holz
9,15 Quadratmeter misst der für bis zu sechs Personen ausgelegte Innenraum. Für Komfort und Wohlbefinden sorgt eine durchgehende Verkleidung sämtlicher Innenwände sowie des markanten Tonnengewölbes mit hölzernen Leisten – die unweigerlich den Eindruck einer großen Saunakabine erzeugen. Auf Stühle wurde zugunsten von hölzernen Bänken und Boxen verzichtet, die unterhalb der Sitzflächen noch zusätzlichen Stauraum für Rücksäcke und Equipment bieten.

Ein breites Panoramafenster öffnet atemberaubende Blicke auf die umliegenden Gipfel und Täler. Das verwendete Glas ist nicht nur gegen Kälte gewappnet, sondern ebenso besonders bruchsicher. „Eine unserer größten Sorgen war, dass das Glas während des Transports und der Installation vor Ort bersten würde“, begründet Darko Bernik die Wahl des Materials. Unterhalb des Fensters lehnt eine Tischplatte an der Wand, die mit einem Handgriff nach oben geklappt werden kann. Die Schlafstätten sind auf einer erhöhten Plattform im talabgewandten Teil der Biwakschachtel untergebracht und ebenfalls mit hölzernen Leisten ausgelegt.
Schimmernde Hülle
Ein klarer Bruch wird hingegen am Fußboden vollzogen. Anstelle von Holz kommen vier Millimeter starke Aluminiumplatten mit einer rutschfesten 3D-Struktur zum Einsatz, die zudem das Wasser aus geschmolzenen Schneeresten fern halten. Um Gewicht zu sparen, sind für die Verkleidung der Außenwände hingegen nur zwei Millimeter dicke Aluminiumplatten verwendet worden.

„Wir haben uns für das Material sowohl aus praktischen als auch aus ästhetischen Gründen entschieden. Es ist leicht, langlebig, einfach zu verarbeiten und passt sehr gut zum grauen Kalkstein des Sockels“, erklärt Darko Bernik. Das Ergebnis ist mehr als nur eine Verneigung vor dem Originalbau aus den dreißiger Jahren. Mit seiner reflektierenden Außenhaut fügt sich das Bivak II na Jezerih in die alpine Landschaft stimmig ein und überrascht die erschöpften Bergsteiger umso mehr mit seinen wohnlichen Qualitäten im Inneren. 

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Links

Bauherr

Slowenischer Kletterverband

www.alpinizem.net

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