Alpiner Schaukasten
Wo früher die Seilbahnen zu Tal geschwebt sind: Hotel Chetzeron auf 2.212 Metern.
Unverstellter Blick aufs Matterhorn und den Montblanc: Im Schweizer Wintersportort Crans-Montana erweckte der Hotelier Sami Lamaa eine verlassene Seilbahnstation zu neuem Leben: als intimes Alpenhotel mit eindrucksvollem Panoramarestaurant – das nur per Schneemobil, auf Skiern oder zu Fuß erreichbar ist.
Sie haben genug vom ewigen Schaulaufen in St. Moritz oder Zermatt? Dann ist Crans-Montana im Kanton Wallis eine passende Alternative. Boutiquen und Nachtclubs gibt es in dem französischsprachigen Wintersportort zwar auch. Aber die Atmosphäre ist ruhiger und intimer, weswegen Ex-Bond Roger Moore dort schon vor Jahren ein Chalet erwarb und seinem geliebten Gstaad den Rücken kehrte.
Verlängerte Sonnenstunden
Wem auch Crans-Montana zu aufregend ist, wird nun außerhalb des Ortes fündig. Auf 2.212 Höhenmetern ist dort eine verlassene Seilbahnstation in ein entlegenes Refugium für Alpinisten verwandelt worden – wo Zaungäste, Autogrammjäger und Neugierige gewiss keine Chance bekommen. Der Grund: Es gibt nur drei Wege, bei Schnee das Hotel Chetzeron zu erreichen: auf Skiern, zu Fuß oder mit dem Schneemobil. Letzteres sorgt in den Wintermonaten für die stilsichere An- und Abreise der Hotelgäste. Im Sommer geht es mit dem Geländewagen zum 700 Meter tiefer gelegenen Ort.
Den Charme des Hauses bestimmt jedoch nicht nur seine Lage. Es ist vor allem der Ausblick. Rhonetal, Matterhorn und Montblanc liegen den Gästen zu Füßen – sowohl aus allen öffentlichen Bereichen des Fünf-Sterne-Hauses als auch aus den 16 Zimmern und Suiten, die allesamt die Namen von Bergen tragen statt schnöde durchnummeriert zu sein. Während unten im Tal bereits der Abend beginnt, können oben auf den Hotel-Terrassen noch die letzten Sonnenstrahlen genossen werden – umringt vom eindrucksvollen Farbspiel der in Rot und Orange getauchten Gipfel.
Weites Extra
Haben die Skilifte in den Nachmittagsstunden den Dienst eingestellt, sind die Gäste unter sich. Für den schweizerisch-libanesischen Hotelier Sami Lamaa liegt darin der Reiz des Hauses, das in zweieinhalb Jahren Bauzeit verwandelt wurde. Seine Familie ist seit drei Generationen in der Branche tätig. Er weiß um den Druck, dem gerade die gehobenen Häuser ausgesetzt sind. Sie müssen etwas bieten, das die anderen nicht haben – ohne dabei bemüht zu wirken. Was dieses Extra sein kann, danach musste der bekennende Klaustrophobiker nicht lange suchen: Weite wurde zum Thema erklärt, das das Lausanner Architekturbüro Actescollectifs bei der Gestaltung der Innen- und Außenräume gleichermaßen verfolgte.
Dinieren mit Aussicht
Weitläufig erscheint nicht nur die über drei Höhenebenen gestaffelte Terrasse, die mit Sonnenliegen, Picknicktischen und Schafsfellen ausgestattet ist. Vor allem das Restaurant im früheren Haltebereich der Gondeln überrascht mit seinen räumlichen Dimensionen. Ein Indiz für die ursprüngliche Nutzung ist das riesige Fenster an der Stirnseite des hallenartigen Raumes. Durch diesen weit geöffneten Schlund sind einst die Seilbahnen ins Tal hinab geschwebt. Heute öffnet er einen atemberaubenden Ausblick auf die Alpenkulisse und füllt den Raum mit Tageslicht.
Räumliche Staffelung
Für wohnliche Atmosphäre im Restaurant sorgen nicht nur mit grauem Wollstoff gepolsterte Sessel. Actescollectifs ließen die Wände und Decken mit Eichenpaneelen verkleiden, die einen warmen Kontrapunkt zur den freiliegenden Betonträgern setzen und dabei auch noch die Akustik verbessern. Die Höhe des Raumes erlaubt zudem eine funktionale Staffelung: Die Restauranttische wurden direkt vor das zentrale Panoramafenster gruppiert. Auf einem Mezzanin sowie auf zwei seitlichen Galerien wurde ein informeller Lounge-Bereich mit hohen Sesseln und Sofas eingerichtet. Ganz am Ende der Galerie lädt eine Kamin-Bar zu intimen Cocktail-Runden ein – ergänzt um einen Raucherraum, von wo die Gäste durch eine Glasscheibe direkt in den Weinkeller des Hauses hinabschauen.
Zimmer und Suiten
Die 16 Zimmer und Suiten sind in einem Gebäudetrakt mit breiten Panoramafenstern untergebracht, der seitlich an die frühere Seilbahnstation angedockt wurde. Actescollectifs ließen die Fassade mit lokalen Steinen verkleiden, die auch an den Innenwänden wieder auftauchen. Mit Größen zwischen 30 und 50 Quadratmetern ist in den Zimmern gewiss keine Enge zu befürchten. Sämtliche Möbel sind eigens für das Hotel aus Eichenholz angefertigt worden und korrespondieren in ihrer Materialität mit den Fußböden sowie den teils mit Holzpaneelen verkleideten Wänden und Decken. „Das Interieur spielt die Karte der Einfachheit“, bringt Sami Lamaa die Wirkung auf den Punkt. Schließlich sollen die Räume nicht vom Hauptakteur dieses Ortes ablenken: der alpinen Kulisse, die hier auf 2.212 Metern Höhe filmreif in Szene gesetzt wird.
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