Archaische Architektur
Yogastudio in São Paulo von MNMA Studio
MNMA entwarf ein Yogastudio in der Millionenmetropole São Paulo, das dank erdiger Materialien, einer schlichten Farbpalette und seltenen exotischen Pflanzen zum Refugium wird.
Mit mehr als 11 Millionen Einwohnern ist São Paulo die größte Stadt Brasiliens. Inmitten des geschäftigen Wirtschafts-, Finanz- und Kulturzentrums des Landes entwarfen die Architekten von MNMA Studio einen Ruhepol, der Yoga, Wellness und Gastronomie vereint. Das Dois Trópicos sollte ein Ort werden, an dem die Gäste sich Zeit für sich nehmen können, sagen die Bürogründer Andre Pepato und Mariana Schmidt.
Dabei wirkt der Bau von außen eher unscheinbar: Eine Falttür aus halbtransparenten Polycarbonatplatten umschließt die urbane Oase. „Diese Paneele wurden in Aluminiumrahmen montiert, die sich drehen und schieben, um unterschiedliche Öffnungsmuster zu erzeugen“, erklären die Architekten, die damit Sonnenlicht und Wind hereinlassen und eine künstliche Klimaanlage überflüssig machen wollten.
Erdige Sinneserfahrung
Während der Außenraum mit Metall und Kunststoff eher technisch-funktional und leicht anmutet, wartet das Innere mit einer gänzlich gegensätzlichen Gestaltung auf. Hier wird es organisch und traditionell, bisweilen sogar archaisch. „Die Möbel und das gesamte Erdgeschoss bestehen aus handgefertigten Ziegeln, die von lokalen Handwerkern hergestellt wurden“, kommentieren Pepato und Schmidt.
Bewusst entschieden sie sich für eine einheitliche Gestaltung. Allerdings wurden die verwendeten Ziegel so gefertigt, dass sie leicht unterschiedliche Erdtöne und Texturen aufweisen. Diese schönen Details in den Räumen sollen die Sinne der Besucher ansprechen. Außerdem entstünde der Effekt, dass Wände, Decken und Böden nicht wie Abgrenzungen, sondern wie Leinwände für das Sonnenlicht erscheinen, auf denen es sich in variierenden Formen ausdrücke, berichtet das Duo. Und selbst der Geruchssinn wird angesprochen: Bei Regen steigt der Geruch von Erde empor.
Markant und monumental
Vom Eingangsbereich aus staffeln sich die verschiedenen Funktionen. Hinter dem Foyer erreicht man eine Lounge, in dem ein freistehender Waschtisch steht; das Restaurant und Nass- und Wellnesszonen sind daran angeschlossen. Das Konzept umfasse einen hybriden Raum, in dem es keine Bestimmung oder Begrenzungen gebe, sagen Pepato und Schmidt. Sichtbar wird dieser Gedanke an der gleichen Farb- und Materialpalette, die sich in allen Räumen wiederfindet.
Am Eingang wartet eine Wendeltreppe aus Beton. Sie führt zu den Trainingsräumen in den ersten Stock und sorgt mit ihrem schwungvollen Volumen und ihrer monumentalen Form für einen markanten ersten Eindruck. Kunstvoll wirken auch die bauchigen Vasen und kunsthandwerklich hergestellten Objekte, die sich harmonisch in die Ton in Ton gehaltene Gestaltung von Wasch- und Wellnessbereichen einfügen. Seltene exotische Pflanzen, die im Dois Trópicos erworben werden können, bilden lebendige Kontraste.
Auf das Wesentliche reduziert
Durch einen kreisrunden Durchbruch und eine geometrisch geformte Treppe gelangen die Gäste in den etwas vertieft liegenden Gastronomiebereich. Nach oben hin verglast, sollte er den Effekt eines offenen Raumes hervorrufen. Hier wird die Sicht auf Himmel und Pflanzen frei. Den Eindruck eines Innenhofs untermauert auch der mit Kieselsteinen versehene Fußboden. Obwohl die Innenarchitektur mit wenigen geometrischen Grundformen und einer auf das Wesentliche reduzierten Möblierung minimalistisch bleibt, gelang den Planern von MNMA Studio so eine warme, lebendige und natürliche Atmosphäre.
Materialien, Objekte und Pflanzen wirken wie aus einer anderen Zeit und lassen die Großstadt für einen Moment aus dem Blick rücken. Nicht Perfektion, sondern eine authentische Umgebung sowie ein wohnliches Erlebnis waren die Ziele von Andre Pepato und Mariana Schmidt. Tatsächlich ist ihnen mit dem Dois Trópicos ein Refugium gelungen, in dem nichts von der Erholung ablenkt.
FOTOGRAFIE Andre Klotz
Andre Klotz