Auf den Spuren der Matrix
Räumliche Kodierung: Das Foyer eines Forschungs- und Ausstellungszentrums in Lissabon.

Wie Architektur und Typografie auf schlüssige Weise verschmelzen, zeigt der Pavillon des Wissens in Lissabon. Im Foyer des Ausstellungs- und Veranstaltungszentrums hat das Designbüro P06-Atelier einen interaktiven Raum geschaffen, der filmreife Referenzen in einen Ort mit starker Identität überführt.
Es ist eine der einprägsamsten Szenen aus der Traumfabrik: Wenn giftgrüne Zahlen- und Schriftenreihen wie Regentropfen an der Leinwand herab perlen und den Quellcode einer künstlichen Welt offenbaren. Dass sich nun die Eröffnungssequenz der Matrix-Trilogie in der realen Welt materialisiert hat, ist dem portugiesischen Designbüro P-06 Atelier zu verdanken. In Lissabon haben sie dem Foyer des Pavilhão do Conhecimento (Pavillon des Wissens) ein neues Gewand verliehen – und dabei die Filmvorlage der Wachowski-Geschwister in die Wirklichkeit geholt.
Recycelte Gebäudehülle
Das Gebäude war ursprünglich für die Expo 1998 als Pavillon des Meeres errichtet worden. Nur wenige Monate später wurde es zu einem interaktiven Forschungs- und Ausstellungszentrum umgebaut, das inzwischen eine weitere räumliche Überarbeitung erfahren hat. Die Herausforderung für das Team von Studio-Gründer Nuno Gusmão bestand darin, eine räumliche Trennung zwischen dem öffentlichen Foyer und den darüber liegenden Labors, Büros, Konferenzbereichen und Multimediaräume zu vollziehen. Gleichzeitig sollte die Bestimmung des Gebäudes deutlicher ablesbar werden, um dem zuvor recht austauschbaren Ort eine eigene Identität zu geben.
Der Entwurf von Atelier P-06 ist ein Raum im Raum, der in das kubische Foyer eingefügt wurde. Die weiße Außenhaut erscheint nicht hermetisch verschlossen, sondern eröffnet Einblicke in die dahinter liegenden Etagen. Genau an dieser Stelle kommt nun die Matrix ins Spiel – oder besser gesagt die Zahlen, Buchstaben und Symbole der ASCII-Kodierung (American Standard Code for Information Interchange), die auf jeder Computertastatur zu finden sind. Indem der Zeichensatz per CNC-Fräse aus der MDF-gefertigten Haut herausgestanzt wurde, entstand ein halbdurchlässiger Filter: eine visuelle Barriere, die gleichermaßen trennt und verbindet.
Dynamischer Zeichensatz
Für Dynamik sorgt die Auswahl der Kodierung, die sich hauptsächlich aus Pluszeichen, Querstrichen, X-Buchstaben und 7-Ziffern zusammensetzt. Mit ihren diagonalen, vertikalen und horizontalen Linien erzeugen sie ein lebendiges Muster, das den gesamten Raum erfüllt. Auch die Position der Zeichen wurde so gewählt, dass eine monotone Reihung vermieden wird und stattdessen teils weniger und teils stärker durchlässige Bereiche entstehen. An denjenigen Stellen, an denen die Haut auf eine Rückwand trifft, wurden schallschluckende Paneele sowie eine verstecke LED-Beleuchtung integriert. Schließlich soll der wohlkalkulierte Buchstabensalat seine Lesbarkeit nicht verlieren.
Für einen beruhigenden Ausgleich sorgt die schwarz gehaltene Decke und der Betonfußboden in neutralem Grau. Letzterer wird an einigen Stellen dennoch mit weißen Zeichensätzen strukturiert, um die Ein- und Ausgänge des Foyers zu markieren. Den Besuchern wird auf diese Weise eine einfache wie schlüssige Botschaft auf den Weg gegeben: Wer wirklich etwas wissen will, sollte sich auf die Spuren der Matrix begeben.
FOTOGRAFIE Ricardo Gonçalves
Ricardo Gonçalves
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