Berge für Zwerge
Geknickte Leseplattformen: Eine neue Bibliothek in Monterrey macht Kinder zu Gipfelstürmern.

Ein grau-gelbes Bergmassiv zieht sich durch die alten Industriehallen im Zentrum Monterreys: Wo einst harte Kerle Stahl herstellten, soll nun die Gripsproduktion der Kleinsten angeregt werden. Und das in einer Lernatmosphäre, die Tradition und Spaß sowie Alt und Neu miteinander verknüpft.
Monterrey ist nicht nur die drittgrößte Stadt des Landes, sie ist auch so etwas wie eine mexikanische Mischung aus Ruhrpott und München: Die Region ist zwar geprägt durch ihre industrielle Vergangenheit, weiß sich aber auch eingebettet in eine wunderschöne Kulisse aus Bergen und Tälern. In ihrem Entwurf für die neue Kinderbibliothek verband das Architekturbüro Anagrama beide Faktoren zu einer einzigartigen Leselandschaft.
Himbeerrote Stahldecke
Im Herzen der Stadt befindet sich der Fundidora Park: Einst ein ehrwürdiges Stahlwerk, das nach seiner Stilllegung unter Denkmalschutz gestellt wurde und seitdem rekultiviert wird. Heute beherbergt die Anlage Gärten, Museen sowie ein Kongress- und Kulturzentrum. Letzteres trägt den Namen Conarte und war der Auftraggeber für die neue Kinderbibliothek, die jungen Menschen die Liebe zum Lesen und Lernen vermitteln soll. Für die Architekten ging es darum, „den fast unantastbaren Charakter des Gebäudes weiterzudenken und vielleicht sogar zu verstärken.“ Ein Beispiel dafür ist der Umgang mit Farbe: Während die Wände aus Ziegelsteinen unbelassen blieben, bekam die industrietypische Deckenkonstruktion aus Stahlträgern einen himbeerroten Anstrich. Alter und neuer Glanz vereinen sich zum Markenzeichen des gestalterischen Umbruchs.
Gelbes Bergwerk
Am Boden findet der eigentlich sichtbare Eingriff statt: Anagrama fügte eine asymmetrisch-geknickte Leseplattform ein, die sich – ähnlich einer Berglandschaft – zu kleinen Berggipfeln und Tälern formt. Eine Reminiszenz an die einmalige, landschaftliche Kulisse der Stadt. Es gibt keine vorgegebenen Sitzplätze: Ein grauer Teppichboden schmiegt sich als kinderfreundliche Oberfläche über alle Einbauten und kann flexibel besessen und bespielt werden. Das Innere der Anhebungen wird als Bücherregal genutzt und auch hier bleiben sich die Architekten in ihrem Gestaltungsansatz treu: Mit ihren leichten Vor- und Rücksprüngen erinnern die Objekte an die markante Form eines Stahlträgers – doch mit ihrer gelben Lackierung bieten sie auch einen poppigen Gegenpol zur historischen Industriearchitektur.
Im gleichen Gebäude realisierten die Architekten noch einen weiteren Programmpunkt für Conarte: Das Kulturzentrum wünschte sich einen flexiblen Veranstaltungssaal mit einer Bühne. Auch hier ließ Anagrama die Hülle weitestgehend unbehandelt und ergänzten den Bestand nur vorsichtig. An der, ebenfalls himbeerroten, Decke befestigten sie in einem engen Raster vertikal herabhängende Leuchtstoffröhren, die wie Lichtzapfen den Raum erhellen. Weniger subtil, dafür umso imposanter kommt die Bühne daher: Wieder mit Ähnlichkeiten zu der Form eines Stahlträgers – nur etwas größer – und komplett mit Plexiglasplatten verkleidet, bildet der Einbau den krönenden Abschluss der Umbauten. Die Renovierung des historischen Baus zeigt, dass alte Substanz eine großartige Kulisse für neue Ideen sein kann – und dass das Thema „Bibliothek“ noch viele Lesarten zulässt.
FOTOGRAFIE Caroga
Caroga
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