Best-of Zahnarztpraxen
Schluss mit dem Weiß-Monolog

Gut gestaltete Zahnarztpraxen können Patienten die Angst nehmen und die Heilung fördern. Als Markenräume unterstreichen sie die Positionierung der dort tätigen Mediziner. Wie viel Spielraum es trotz hygienischer und praktischer Anforderungen gibt, zeigen diese Beispiele.
Wie in einer Dünenlandschaft erhebt sich in der Zahnarztpraxis KU64 der Anmeldetresen aus dem Boden. Orangefarbene Elemente breiten sich wellenförmig aus, sorgen für Abgrenzung und Privatheit ebenso wie für interessante Durchblicke. Mit KU64 schufen Graft Architekten in Berlin nicht nur gestalterisch einen neuen Typus der Zahnarztpraxis mit einer Abkehr vom bis dahin bekannten, steril wirkenden Weiß-Monolog. Auch der Service unterscheidet sie sich deutlich: Samstagssprechstunden, Latte macchiato im Wartezimmer oder Cartoons für Kinder machen den Zahnarztbesuch ähnlich angenehm wie den Gang zum Frisör.
Die Praxis als Markenraum
Gerade in Großstädten, wo es ein Überangebot an Zahnarztpraxen gibt, müssen sie sich von der Konkurrenz abheben. Die Raumgestaltung ist dabei ein Aspekt. Peter Ippolito, Geschäftsführer der Ippolito Fleitz Group in Stuttgart, hat in München die Praxis Weissraum gestaltet. „Zahnarztpraxen sind in erster Linie Markenräume. Die Marke umfasst die gesamte Customer Journey vom Anruf und der Terminvereinbarung über den Empfang bis hin zur Behandlung und Abrechnung“, sagt der Architekt. „Das räumliche Empfinden spielt also nicht die einzige, aber doch eine wichtige Rolle für das Gesamterlebnis, besonders weil nicht alle Menschen voller Vorfreude zum Zahnarzt gehen, sondern vielleicht mit Ängsten oder Schmerzen.“
Heilende Farben
Diesem Aspekt trägt auch die Praxis T7 Zahnmedizin Berlin Rechnung. Von Patrick Batek ließ Dr. Jens Olmscheid die 210 Quadratmeter zu hellen, modernen Räumen umgestalten. Bereits der Anmeldetresen aus Alucobond erinnert eher an die Rezeption eines Boutique-Hotels. Ein Sideboard mit textiler Oberfläche, Polstersessel aus Holz sowie ein Sofatisch aus Marmor schaffen eine warme und persönliche Atmosphäre im Wartezimmer. Wichtig war dem kunstbegeisterten Zahnarzt eine helle, galerieartige Raumwirkung. Sie kommt durch Trennwände in drei verschiedenen Gelbtönen zustande. Internationale Studien zum Thema Healing Architecture haben inzwischen gezeigt, dass der Einsatz von Farben und Licht einen positiven Einfluss auf den Heilungsprozess hat und Ängste abbauen kann. Das Helios Universitätsklinikum Wuppertal beispielsweise fand heraus, dass bei Patienten auf Intensivstationen der Verbrauch an Medikamenten reduziert werden konnte und sich die Arbeitszufriedenheit des Personals steigerte. Ähnliche Ergebnisse zeigte eine Studie mit Graft Architekten an der Charité.
Auf Augenhöhe
Gerade Kinder sollten sich beim Zahnarzt entspannen können. Ihre 260-Quadratmeter-Praxis ließ Dr. Susann Özel aus Hamburg von dem Berliner Architekturbüro Baukind einrichten. Baukind hat sich mit Kindertagesstätten einen Namen gemacht. Architektur auf Augenhöhe ist Architektin Nathalie Dziobek-Bepler wichtig. Das zeigt bereits der Empfangstresen der Praxis Kinderlieb. Er ist zu einer Seite abgesenkt, sodass Kinder bequem hinüberschauen können. Eingebaute Podeste mit Leseecken, einem Turmversteck mit Licht und Soundeffekten und einem Wildholzbaum zum Klettern verkürzen die Wartezeit und nehmen die Angst vor der Behandlung. Zugleich sind die Räume so angeordnet, dass die Prozesse in der Praxis optimiert ablaufen. Weniger Stress kommt letztlich auch den kleinen Patientinnen und Patienten zugute.
Bohren für Hipster
Dass ein Praxisumbau auch mit einfachen Mitteln gelingen kann, zeigt ein Projekt von Raúl Sánchez in Barcelona. Für die Zahnklinik Impress mit ihrer jungen, internetaffinen Zielgruppe unterteilte er einen etwa 80 Quadratmeter großen Raum mit geschwungenen Trennwänden aus Kiefernholz in Behandlungsräume und Büros. Sie sind nach oben hin offen und dem Impress-Logo, einer lächelnden Kurve, nachempfunden. Mut zum Materialmix zeigt sich in einer roten Metallwand, die die Treppe in den ersten Stock flankiert.
Jung und hip ist auch die Zielgruppe von The Urban Dentist in Berlin-Friedrichshain. Studio Karhard, bekannt durch die Gestaltung des Clubs Berghain, gab der Zahnarztpraxis die Anmutung eines Concept Stores oder einer coolen Bar. Patienten werden an einem skulpturalen Terrazzo-Tresen empfangen. Beton und Stahl schaffen eine sachliche Atmosphäre, pastellfarbene Polstermöbel bilden dazu einen warmen Kontrast.
Schöne Schiene
Kein klassischer Zahnarzt ist das Start-up SouSmile im brasilianischen São Paulo. Zu einem bezahlbaren Preis bietet es transparente Schienen zur Zahnkorrektur und Bleaching an. Das Architekturbüro Superlimão richtete für SouSmile Praxisräume in einem ehemaligen Lagerhaus ein. Ein Zwischengeschoss nutzt die Deckenhöhe optimal aus. Es ermöglicht transparente Durchblicke zwischen den verschiedenen Bereichen: Anpassung, Fertigung und Verwaltung. Die Farbpalette reicht – im Einklang mit der CI – von Rosa über Blau bis Gelb.
Zahnkorrektur im Kloster
Mit seinem langen Korridor und den bogenförmigen Durchgängen erinnert die japanische Clinic NK von 1-1 Architects in Aisai entfernt an ein Kloster. Die Räume der Spezialpraxis für ästhetische Zahnkorrektur und die Behandlung von Kindern sind so angeordnet, dass der Patient von der Anmeldung zum Wartezimmer, weiter zur Behandlung und schließlich zur Bezahlung die Räume durchläuft. Durch den Lichteinfall, der sich über den Tag verändert, wechselt auch die Raumwahrnehmung. Die variierende Bepflanzung innerhalb und außerhalb der Zimmer schafft eine Verbindung zur Außenwelt.
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