Projekte

Beton im Fels

Eine Villa an der Costa Brava von Marià Castelló Architecture

Im Örtchen El Port de la Selva im Norden der Costa Brava hat der Architekt Marià Castelló eine Villa realisiert. Der 310-Quadratmeter-Bau für eine Familie mit vier Kindern erstreckt sich über zwei Ebenen. Die Innenräume öffnen sich zu mehreren Höfen und Terrassen mit Blick aufs Meer.

von Norman Kietzmann, 20.09.2022

Auch am Mittelmeer kann es mitunter ganz schon rau werden. Zwar zählen die Strände der Costa Brava 210 Sonnentage im Jahr. Dennoch wehen in den Frühlings- und Herbstmonaten oft eisige Landwinde, die nicht selten Sturmstärke erreichen. Das Wechselspiel aus prallem Sonnenlicht und Starkwind hat die Planung eines Hauses für eine sechsköpfige Familie bestimmt. Die Villa entstand auf einem Hanggrundstück des Puig Gros, eines 325 Meter hohen Berges, dessen Ausläufer die Hafenstadt El Port de la Selva umrunden.

Im Stein verankert
Das Gestein der Bergformation ist vulkanischen Ursprungs. Es besitzt eine markante, dunkle Färbung und ist ausgesprochen hart. Dennoch entschied sich der auf Formentera ansässige Architekt Marià Castelló – Marià mit absteigendem Akzent auf dem letzten Vokal ist im Spanischen ein Männername –, das untere der beiden Stockwerke in den Fels zu schlagen. Das Haus soll somit sicheren Halt gegenüber den starken Nordwestwinden – Tramontana genannt – finden. Indem das erste Geschoss im Fels verschwindet, verringert sich die physische Präsenz des Gebäudes. Die untere Ebene nimmt Garage, Technikräume, Bäder sowie ein Gästeschlafzimmer auf.

Monolithischer Bau
Das Dach des Untergeschosses definiert eine großzügige Terrassenebene, auf der sich das Leben der Familie abspielt. Über der Garage spannt sich der Pool hinweg, der mithilfe eines holzbeplankten Stegs betreten wird. Dieser kann auf Schienen zur Seite gefahren werden, um die darunter liegende Garage bei Bedarf mit Sonnenlicht zu fluten. Oberhalb der Terrassenebene erheben sich zwei eingeschossige Volumina, die die Schlafzimmer, Bäder und Wohnküche aufnehmen. Die Flanken und Rückseiten der beiden Körper sind vollständig aus Sichtbeton gearbeitet, sodass eine monolithische Wirkung entsteht.

Schutz vor Wind und Sonne
Die massiven Wände werden jeweils nur von einem schmalen Fensterband oder einer einzelnen Tür durchbrochen. Über Letztere wird der Holzsteg betreten, der Zugang zum Pool gewährt. Zur Hangseite öffnen sich die beiden Baukörper vollständig mit bodentiefen Fenstern und vorgelagerten Terrassen. Zwischen den beiden aufragenden Betonkörpern verläuft ein gläserner Verbindungsgang, der Winde außen vor hält und dennoch den Blickkontakt zum Meer nicht unterbricht. Die Terrassenebene wird durch die aufsitzenden Gebäudeteile in mehrere Höfe gegliedert, die Schutz vor Wind und Sonne gleichermaßen bieten.

Licht und Schatten
Das Untergeschoss öffnet sich an der Rückseite des Hauses zu mehreren Patios. Die bodentiefen Fenster und Schiebetüren sind leicht zurückgesetzt, sodass die darüber auskragende Terrassenebene sowie die beiden Sichtbetonvolumina der zweiten Geschossebene als Dächer dienen. Das Sonnenlicht wandert entlang der zerklüfteten Felswand in die Untergeschossebene. Der Stein wird damit wirkungsvoll in Szene gesetzt. Zugleich entsteht eine angenehm gedämpfte Lichtstimmung – perfekt um in den heißen Nachmittagsstunden einen ruhigen, kühlen Ort zum Entspannen zu finden.

Beton trifft Fels
Die Materialität von Sichtbeton zieht sich als wiederkehrendes Motiv durch das gesamte Gebäude – in den Innen- und Außenräumen. „Die steinige Natur des Materials stellt einen intensiven Dialog mit dem felsigen Untergrund her. Seine Widerstandsfähigkeit gegenüber starken Winden und der Salzluft macht es zu einer der langlebigsten Optionen mit geringem Wartungsaufwand“, ist Marià Castelló überzeugt. In den Innenräumen ist der Sichtbeton fast ausschließlich an den Decken sichtbar. Die meisten Wände sind weiß verputzt oder mit Paneelen aus Eichenholz verkleidet.

Komplementäre Rohstoffe
Das warme Naturmaterial kommt auch bei den Fenster- und Türrahmen sowie bei einem Großteil der maßgefertigten Möblierung zum Einsatz. Auch einige Klassiker wie der Wishbone Chair von Hans J. Wegner finden in naturbelassener Eiche Verwendung. Es geht darum, einen atmosphärischen Ausgleich gegenüber der Schroffheit des Betons zu finden. Schließlich entsteht aus der Balance von Gegensätzen Harmonie. Eine weitere Kontinuität liegt in der Verwendung von Pòrfit, einem Kies, der aus dem Aushub des felsigen Untergrunds gewonnen wurde. Er findet sowohl für die Verkleidung der Dachflächen als auch für die Böden der Terrassen und Patios Verwendung. Das Haus sondert sich nicht ab. Es verschmilzt mit seiner Umgebung.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Projektinfos
Projektname  Port de la Selva
Typologie Wohnhaus
Ort Port de la Selva. Spanien
Wohnfläche 310 m2
Architektur Marià Castelló Architecture 
Bauleiter José Antonio Molina + Lorena Ruzafa + Marià Castelló
Bauingenieur Joan Noguer
Struktur-Ingenieur Think Enginyeria SLP
Gebäude-Ingenieur QS Enginyeria i Associats SLP
Entwurfsteam Lorena Ruzafa und Marga Ferrer
Planungszeit 2016-2019
Bauprozess 2019-2021
Links

Entwurf

Marià Castelló Architecture

m-ar.net

Mehr Projekte

Aus Werkstatt wird Wohnraum

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Umbau im griechischen Ermionida von Naki Atelier

Londoner in der Lombardei

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Tuckey Design Studio verwandelt ein Wohnhaus am Comer See

Zwischen Stroh und Stadt

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Nachhaltiges Wohn- und Atelierhaus Karper in Brüssel von Hé! Architectuur

Flexibel zoniert

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Apartment I in São Paulo von Luiz Solano

Freiraum statt Festung

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Familienhaus mit Innenhof in Bangalore von Palinda Kannangara

Kork über Kopf

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Umbau eines Penthouse mit Korkdecke von SIGLA Studio in Barcelona

Drei Pavillons für ein Familiendomizil

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Australisches Wohnhaus von Pandolfini Architects und Lisa Buxton

Ein Haus der Gegensätze

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Kontrastreicher Neubau nahe Barcelona von Ágora

Die Magie der Entgrenzung

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Luftiger Neubau Casa Tres Patis von Two Bo in Spanien

Raumsequenzen in der Grotte

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Casa Gruta in Mexiko von Salvador Román Hernández und Adela Mortéra Villarreal

Altes Haus im neuen Licht

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Familienwohnung von Jan Lefevere in Kortrijk

Mehr Platz fürs Wesentliche

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Umbau eines Backstein-Cottage in London von ROAR Architects

Raum-Chamäleon

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Flexibel nutzbarer Anbau in Brisbane von Lineburg Wang

Wohnräume mit Tiefgang

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Innenausbau einer Villa am Rhein vom Düsseldorfer Studio Konture

Holz und Stein im alpinen Dialog

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Haus mit zwei Gesichtern

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau eines Reihenhauses in Lissabon von Atelier José Andrade Rocha

Umbau am offenen Herzen

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Ply Architecture transformierte einen Sechzigerjahre-Bungalow in Australien

Reise in die Vergangenheit

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Studio Hagen Hall gestaltet ein Londoner Reihenhaus im Mid-Century-Stil

Downsizing als Designprinzip

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Kompaktes Wohnhaus in Portugal von Atelier Local

Der Reiz der Reduktion

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Innenarchitekt Ilkka Palinperä gestaltet ein Wohnhaus bei Helsinki

Authentische Askese

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Apartment-Rückbau in Paris von Atelier Apara

Umbau im Anbau

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Gianni Botsford erweitert Fosters Londoner Frühwerk

Visionen vom Wohnen

Design-Apartments auf der MDW 2025

Design-Apartments auf der MDW 2025

Mit Ecken und Kurven

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Umbau eines Reihenhauses in London von Pensaer

Raw in Rio

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Von Säulen geprägter Wohnungsumbau von Estudio Nama

Nostalgie nach Mass

Belgravia Townhouse von Child Studio

Belgravia Townhouse von Child Studio

Grobe Perfektion

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Symbiose aus Beton und Holz in einem Apartment in Tokio von Kenta Hirayama

Appetitliches Apartment

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Wohnungsumbau von Iva Hájková Studio in Prag

Raumwunder in Porto

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Umbau eines portugiesischen Mini-Häuschens von Spaceworkers

Hygge auf Tschechisch

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge