Brutales Panorama
Mexikanisches Ferienresort von Miguel Angel Aragonés

Cluburlaube sind nicht jedermanns Sache. Doch Club ist nicht gleich Club. Im mexikanischen San José del Cabo entstand mit dem Mar Adentro Cabos ein Resort, das Architekturliebhaber*innen und Purist*innen gleichermaßen glücklich stimmt. Nach den Plänen von Miguel Ángel Aragonés gruppieren sich weiße Betonkuben um künstliche Wasserflächen – und schaffen die perfekte Rahmung für Sonnenuntergänge über dem Pazifik.
Eine weite Piazza wird beidseitig von schräg gestellten Betonmauern flankiert. In der Mitte ein schmaler Wasserlauf, der sich in der Ferne mit dem Ozean zu verbinden scheint. Dieses Bild hat sich fest in der Architekturgeschichte verankert: Als zentrale Ansicht von Louis Kahns 1965 eröffneten Salk Institute for Biological Studies in San Diego. Intensiv hatte sich der Altmeister bei der Planung mit Klosterbauten rund um den Globus beschäftigt und so einen stimulierenden Rückzugsort zum Forschen und Denken geschaffen: eine Liaison aus Architektur und Landschaft, die den Blick unweigerlich nach vorne richtet – hinaus aufs Wasser.
Horizont im Blick
Dass Kahns Meisterwerk nicht nur Forschern und Institutsmitarbeitern vorbehalten sein sollte, davon ist der Architekt Miguel Ángel Aragonés aus Mexiko Stadt überzeugt. Rund 1.300 Kilometer südlich von San Diego bringt das Salk Institute nun frischen Wind in die Welt des Cluburlaubs: als Vorbild für das von Aragonés geplante Ferienresort Mar Adentro Cabos im mexikanischen Badeort José del Capo. „Der Horizont markiert die Grenze unseres Blickfelds. Eine klare, konstante Linie. Nur die Stimmung und die Farben verändern sich, nicht jedoch die Form“, erklärt der Architekt. Sein Leitbild ist ein Schaukasten, der die wechselnden Lichtstimmungen am Zusammenprall von Ozean und Himmel erfahrbar machen soll.
Würfel und Wasser
Miguel Ángel Aragonés organisierte die 110 Hotelzimmer und Suiten sowie 60 Apartment-Residenzen als kubische Volumina, die sich auf drei Höhenstufen um meerwassergefüllte Becken gruppieren. Die beiden unteren Ebenen in unmittelbarer Strandnähe sind zweigeschossigen Eigentumsvillen vorbehalten, die zum Teil über fünf Schlafzimmer verfügen und fast vollständig von Wasser umgeben sind. Der eigentliche Hotelbereich liegt auf der dritten Ebene im hinteren Teil des Grundstücks, damit dessen höhere Volumen nicht den Meerblick versperren. Die drei Höhenebenen wurden so bemessen, dass die Wasserbecken auf jeder Ebene optisch mit dem Meer verschwimmen und nicht von den Dächern der tieferliegenden Gebäude unterbrochen werden.
Temporäre Monolithen
Die weiß verputzten Betonkuben sind an drei Seiten verschlossen und öffnen sich nur zur Meer mit breiten Balkonen und einer bodentiefen Verglasung. Zum Sonnenschutz können elektronisch gesteuerte Rollos nach unten gefahren werden. Deren weißes Hightechtextil korrespondiert mit den Fassaden und verwandelt die Gebäude im geschlossenen Zustand in temporäre Monolithen. „Ich habe mir schwimmende Häuser vorgestellt, die über dem Meerwasser zu schweben scheinen“, begründet Miguel Ángel Aragonés die Liaison aus Wasser und Beton.
Schattenspendendes Geäst
Eine einprägsame Erfahrung bieten zweifelsohne die geschwungenen Wege, die nicht nur die einzelnen Gebäude auf der dritten Höhenebene des Resorts verbinden. Sie bieten Zugang zu einer kreisförmigen Anordnung von Sonnenbetten sowie zu einem separaten Restaurant- und Barbereich. Miguel Ángel Aragonés trat auch hierbei in prominente Fußstapfen und überwölbte die Gastronomieinsel mit einem Dach aus verschlungenem Geäst. Referenzen an Herzog & De Meurons Pekinger Olympiastadion werden damit ebenso eingebunden wie an die markante Ei-Form des Nationalen Zentrum der Darstellende Künste, das Paul Andreu in einen künstlichen See neben dem Platz des Himmlischen Friedens realisierte.
Lichtverstärkte Dämmerung
Tiki-Kitsch wird auch in den fast vollständig in weiß gehalten Innnenräumen vermieden. Dennoch ist keine Monotonie zu befürchten. Mithilfe einer vielfarbigen Beleuchtung können die Zimmer, Suiten und Apartments in atmosphärische Stimmungen getaucht werden, die sich über die Glasfronten auf die Wasseroberflächen übertragen. Als Verstärker für die Sonnenuntergänge wirkt die Außenbeleuchtung der Betonkuben, die beim Einsetzen der Dunkelheit in einem satten Türkiston erstrahlen. Das Aufeinandertreffen der Elemente wird damit nicht nur emotionalisiert. Die wohl kalkulierte Dosis Brutalismus, die Miguel Ángel Aragonés diesem Hotelensemble verabreichte, erhält damit eine leichte, spielerische Komponente – genau richtig für einen Badeurlaub auf den Spuren von Louis Kahn.
FOTOGRAFIE Joe Fletcher
Joe Fletcher
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