Capri oder das gelbe Wunder
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Questa casa è un albergo! So lautet das charmante Motto eines Hotels auf der italienischen Insel Capri. Untergebracht im Konvent des ehemaligen Klosters San Michele, liegt es nah der berühmten blauen Grotte und dem Leuchtturm von Punta Carena. Nur zwei Zimmer gibt es hier: nach den Grundfarben ihres Interieurs blauer und gelber Raum genannt. Jedes ist mit einem individuellen Badezimmer versehen, entworfen vom italienischen Architektur- und Designbüro Zeta Studio.
Das blaue Zimmer ist zum Patio ausgerichtet. Öffnet der Gast das Fenster, schaut er auf einen holzbeplankten Innenhof. Hier finden sich neben einem weißen, acht Meter hohen Regal mit eingetopften Agaven und Kakteen auch weiße Sitzgelegenheiten und ein kleiner Beistelltisch. Die monochrome Farbgebung der Möbel wird aufgelockert mit Kissen und Leuchten in kräftigem Gelb und Blau.
Großzügig luxuriös: das blaue Zimmer
Im Inneren ist es wie fast immer bei alten Gemäuern: Allein die Bausubstanz schafft schon die Stimmung. Das blaue Zimmer ist zwar nicht sehr groß, verfügt aber über eine raumschaffende, weiß getünchte Gewölbedecke. Einen schönen Kontrast zum unregelmäßigen Raumgrundriss bildet das geradlinige Doppelbett. Es wirkt fast wie eine Skulptur von Donald Judd und verfügt doch über ein Himmelbett-ähnliches Gestänge, allerdings ohne die flatternden Vorhänge. Dieses Konstruktion bildet einen Raum im Raum und hebt das Bett als Mittelpunkt hervor. Auch hier taucht das blau-gelbe Motto des Hotel-Interieurs wieder auf, in Form einer weiß-blau gemusterten Überdecke von Livio De Simone aus den Sechzigern, gelben Vasen und einer gelb-weißen Wandgestaltung. Zudem wurde der blaue Raum mit einer unter dem Fenster eingelassenen Badewanne, einem weißen Sessel, einem Beistelltisch im Fifties Look und der Leuchte Snoopy von Achille Castiglioni bestückt.
Das Schönste am blauen Zimmer ist jedoch das große En-Suite-Badezimmer, in dem Zeta Studio neue und alte Elemente gekonnt kombiniert. Der hohe Raum mit Deckengewölbe und rot-weißem Fliesenboden mit orientalischem Muster ist ein kleiner Wellness-Tempel. Nicht nur, dass es hier eine große offene Dusche gibt – das Badezimmer ist zudem mit zwei freistehenden, kubisch geformten Waschbecken aus grauem Marmor und mit Armaturen von Zazzeri ausgestattet. Hinterfangen werden die Waschbecken von zwei hohen Spiegeln. Wohnlichkeit schaffen ein mit weißem Stoff bezogener Sessel und ein vor Ort aufgefundener Tisch mit Marmorplatte. Dessen türkisfarbenes Holzgestell setzt einen farbigen Akzent und bietet ausreichend Stauraum.
Einfach klein: das gelbe Zimmer
Im Unterschied zum luxuriösen Bad des blauen Zimmers ist das des zweiten Gastraums einfach gehalten. Es verfügt neben einem weißen Waschtisch mit rundem Aufsatzbecken über eine Dusche und Toilette sowie ein Bidet. Die offene Dusche mit Regenbrause ist schmal geraten – man würde sie wohl eher in einer einfachen Pension als in einem ambitionierten Boutiquehotel erwarten. Auffälligstes Element des Badezimmers ist die blau-schwarz gestreifte Wand, die dem Raum Struktur verleiht. Die bescheidene Größe und Einrichtung des Badezimmers wird vom Ambiente des gelben Zimmers aufgewogen. Auch hier lädt ein Himmelbett zum geruhsamen Schlaf – im Unterschied zu dem des blauen Zimmers ist es in Schwarz gehalten und mit einem gelb-weiß gemusterten Überwurf bedeckt. Beleuchtet wird der Raum durch die dekorativ am Bettgestänge befestigte Leuchte Mayday von Konstantin Grcic und die Wandleuchte Tolomeo von Michele De Lucchi.
Un souvenir de vacances
Questa casa è un albergo! Wie ein Mantra muss sich der Gast dieses Motto immer wieder aufsagen – könnte er doch sonst auf die Idee kommen, seinen Urlaub in einem Privathaus statt in einem Hotel zu verbringen. Nicht nur wegen der geringen Zimmerzahl, auch wegen der individuellen Ausstattung des Hauses. Diese zieht sich ebenfalls durch die öffentlichen Räume, zu denen neben dem Patio auch eine schmale Küche mit großem Rundbogenfenster gehört. Die farbenfrohen Stühle Livia von Gio Ponti sowie ein weißes Küchenmodul locken zum Frühstück oder zum Snack zwischendurch.
Das Highlight aber ist der Wohnraum, italienisch elegant Salotto genannt. Das mächtige Tonnengewölbe war ursprünglich freskiert und die Kunstwerke wurden bei der Restaurierung freigelegt. Auch wenn etwas Gegenständliches mehr zu erahnen als zu erkennen ist – Atmosphäre verströmt das unregelmäßige Weiß-Blau auf jeden Fall. Wie im gesamten Hotel beschränken sich die Designer auf wenige ausgesuchte Einrichtungsstücke, die sich rings um einen historischen Kamin gruppieren: das weiße Stoffsofa Ghost von Paola Navone für Gervasoni, der quadratische Couchtisch Alanda von Paolo Piva für B&B Italia, der gelbe Metallstuhl von Tolix vor einem Schreibtisch von Gio Ponti aus dem Olivetti-Hauptquartier in Mailand und ein blauer geflochtener Vintage-Outdoor-Sessel. Unterschiedlich geformte Spiegel als Wanddekoration, eine Kunstfotografie von Luciano Romano und die weiße Hängeleuchte Cupola von Fontana Arte komplettieren das Bild, das Zeta Studio für die Capri Suite entwickelt hat. Und so sieht das Hotel aus, wie sich der Reisende den Süden wünscht: hell, licht und leicht.
FOTOGRAFIE Gianni Franchellucci
Gianni Franchellucci
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