Das Kabinett des Mr. Lidell
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Der britische Musiker Jamie Lidell studierte Physik und Philosophie, bevor er in seiner Stimme seine eigentliche Gabe fand. Und die nutzt er nun schon seit einigen Jahren, um sich langsam, aber beständig einen Platz im Popgeschäft zu erobern. Für das Video zu seiner neuen Single You Naked hat er sich von dem Londoner Designkollektiv Flat-e einen Projektionswürfel konzipieren lassen, den er mittels Mikrofonständer steuern kann – wie mit einem Joystick. Sein neues Spielzeug gefiel dem Sänger so gut, dass er es gleich mit auf Welttournee nahm.
Jamie Lidells Musik wird als Future-Soul bezeichnet, nicht umsonst gilt er als einer der innovativsten Produzenten unserer Zeit. Er hatte nach eigener Aussage schon immer ein großes Interesse an Maschinen, sammelt alte Synthesizer und analoge Aufnahmegeräte – und so ist es nicht verwunderlich, dass sein Sound und die Liveauftritte von allerlei Gerätschaften und Apparaten geprägt sind, die seine One-Man-Show flankieren. Ein prägendes Element seiner Arbeit sind beispielsweise Loops: Ein Aufnahmegerät hält seinen Gesang fest, wiederholt das Eingespielte, legt Schicht für Schicht übereinander und konstruiert so seinen ganz eigenen Sound.
You Naked
Für seine aktuelle Single You Naked ließ er sich von Flat-e, dem Studio der drei Londoner Licht- und Videokünstler Matt Bateman, Robin McNicholas und Rob Slater, eine audiovisuelle Bühnenkulisse samt Anwendungssoftware maßschneidern, die es in und an sich hat. „In das Mikrofon ist ein Sender integriert, der seine Position und Orientierung erfasst und an eine Kontrollsoftware übermittelt“, erklären die Gestalter. Die Software wiederum transformiert die Daten in projiezierte Muster, die sich in Echtzeit und kohärent zu den Bewegungen Lidells verändern. „Wenn Jamie sich mit dem Mikrofonständer nach links neigt, kippt der Projektionshorizont ebenfalls nach links“, erklärt Flat-e. „Und wenn er ihn nach vorne drückt, hat es den Anschein, als würde er sich durch seine Umgebung bewegen, dabei ist es nur das Muster.“ So wird die Performance unmittelbar als 3D-Visualiserung auf eine würfelförmige Konstruktion übertragen und bildet den Hintergrund seiner Shows. Und sollte Mr. Lidell doch mal eine Verschnaufpause benötigen, kann die Steuerung auch variiert werden und auf die Frequenzen der Musik reagieren.
Im Kabinett
Der Projektionswürfel ist ein simples Rahmengebilde, das mit transparenten Gazen bespannt ist und in einem dunklen Bühnenraum steht. Der Sänger steht in oder vor dem Kubus, wird von den Mustern überlagert oder hintermalt, mal ist er perfekt ausgeleuchtet, mal nur als schwarze Silhouette zu erkennen. Seine Schatten werden verzerrt und in die Länge gezogen, der Lichtmodus wechselt von farbig zu schwarz-weiß, und die Muster changieren von einfachen Linien zu expressionistischen Farbflächen. Wie im Kabinett des Dr. Caligari überlagern sich Zwei- und Dreidimensionalität, Projektion und Wirklichkeit und führen zu etwas Neuartigem. Flat-e sehen die Inspiration für ihr Design in Tarnmustern, optischen Täuschungen und dem guten, alten Diskolicht. Das i-Tüpfelchen ist der Mikrofonständer: Er kann wie ein Laserschwert ebenfalls hell und diversen Farben erstrahlen, die integrierte LED-Beleuchtung macht es möglich.
Wer Jamie Lidell und seine farbenprächtige Show erleben will, kann dies noch auf der diesjährigen Welttournee tun.
FOTOGRAFIE Sandra Ciampone
Sandra Ciampone
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