Das Prototyp-Büro
Die neuen Räume des Bureau Borsche in München

Das Büro von heute muss vor allem der Anforderung „Anpassungsfähigkeit“ gerecht werden und modulare Lösungen bieten, die sich schnell und einfach auf veränderte Nutzungen und Nutzer einstellen. Der Münchener Grafiker Mirko Borsche ist in neue Arbeitsräume gezogen, für die Gonzalez Haase AAS die architektonische Ausgestaltung übernommen haben. Parallel entstand eine Kooperation mit dem Designer Stefan Diez und dem Möbelproduzenten Wagner Living, die aus den prototypischen Lösungen von Gonzalez Haase AAS nun ein flexibles Möbelsystem entwickeln. Das Studio ist Schauraum und Labor für die hochflexible Nullserie.
Von der klassischen Altbaufassade ist im Innern des neuen Büros von Mirko Borsche nicht mehr viel zu erahnen. Von der Profession des Grafikers schon. Noch unbezogen zeigt es nicht mehr Farbe und Material als gebürstetes Aluminium, transluzentes Polycarbonat und Betonplatten im Terrazzo-Look. Das Spektrum nimmt sich in Nuancen von Weiß bis Grau zurück und sorgt mit einem fließenden und ätherischen Interieur für verschwimmende Raumgrenzen, in denen die großen Möbelelemente von Wagner, Diez und Gonzalez Haase AAS zu Monolithen werden.
Das Kreativenquartett
Als Mirko Borsche die Räume in der Paul-Heyse-Straße entdeckte, war hier noch ein Kebab-Restaurant untergebracht. Die fantastische Lage unweit des Karlsplatzes und des Hauptbahnhofes sowie das Potenzial der 315 Quadratmeter im Erdgeschoss ermutigten, die Entkernung zu wagen. Gerade zu dieser Zeit arbeitete das Bureau Borsche an der Webseite des Berliner Architekturbüros Gonzalez Haase AAS, das wiederum mit dem Produktdesigner Stefan Diez und dem Unternehmen Wagner an einem innovativen und anpassungsfähigen Möbelsystem für moderne Arbeitsumgebungen forschte. Aus dem Kreativenquartett entstand eine kongeniale Kooperation, in der die individuellen Kompetenzen ausgespielt und Borsches Büro zur ersten Fallstudie wurde.
Ein Büro mit drei Funktionen
Die Räume in Vorder- und Hinterhaus wurden in kollaborative, individuelle und reflektive Bereiche aufgeteilt. Im Gemeinschaftsraum wird im Team gearbeitet, die Rückzugsräume lassen sich kontemplativ nutzen und das Archiv dient der Inspiration. Die Lösung der Architekten sieht einen Arbeitsraum im hinteren Bereich des Büros vor, einen Showroom im vorderen Gebäudeteil und den Keller als Lager der Sammlung. Das Untergeschoss erfüllt dabei auch eine erschließende Funktion, denn es dient als Verbinder zwischen dem halböffentlichen Bereich zur Fassade und der privaten Zone im Hinterhaus. Was nach der Entkernung noch auf die historische Bausubstanz schließen ließ, wie Säulen, Stahlträger und die Backsteinmauer, wurde Papyrusweiß gestrichen und so zur Leinwand für die neuen Elemente und Materialien. Gonzalez Haase AAS setzte vor allem auf eine kühle und klare Ästhetik. Der Boden besteht aus großformatigen, quadratischen Terrazzo-Betonfliesen mit 60 Zentimetern Seitenlänge, die im Showroom auch als Wandpaneele verbaut sind.
Vom Flugzeug an den Tisch
Die Idee einer massiven und doch ätherischen Architektursprache mit homogener Wirkung setzt sich bei dem mit Wagner entwickelten Möbelsystem fort. Aus Aluminiumprofilen, Verbindern aus hochglanzpoliertem, massivem Aluminium und Wabenplatten werden Tische, Regale und Raumteiler zusammengestellt, wobei eine industrielle und rohe Ästhetik beibehalten wird. Die Platten zeigen sich mit offenen Kanten, die Verbinder bleiben unlackiert. Gemeinsam wirkt alles wie aus einem Guss. Was das hochflexible Baukastensystem auch in Bezug auf Größe und Dimension leisten kann, zeigt der neun Meter lange Arbeitstisch, der zwischen den Säulen beinahe sakral den Raum dominiert. Sein Format steht im Gegensatz zum Gewicht: Die industriellen Aluminiumplatten stammen aus dem auf Leichtigkeit ausgerichteten Flugzeugbau.
Transluzente Grenzen
Das Mobiliar strukturiert die offenen und weiten Räume. Ein wandhohes Regal, das rückseitig mit durchscheinenden Polycarbonatplatten verkleidet wurde, trennt unterschiedliche Arbeitsbereiche, ein silberner Gerüstvorhang lässt sich situativ zwischen Lounge und Schreibtische ziehen. Die Beleuchtung basiert auf LED-Lichtbändern, erinnert an die funktional-linearen Lichtlösungen einer Galerie und sorgt für ein fließendes Raumgefühl. Bei der Bestuhlung haben Mirko Borsche und Gonzalez Haase AAS auf einen jungen Klassiker aus dem Wagner-Portfolio gesetzt: Das von Stefan Diez entwickelte Modell D1 ist an seinem rot abgesetzten Dondola-Gelenk zu erkennen, das nicht nur für ergonomische Bewegungsabläufe sorgt, sondern im weißgrauen Interieur von Borsche kleine Akzente setzt. Dabei ist das prototypische Studioprojekt von Mirko Borsche für Wagner nur das erste Spielfeld, das zwar die Potenziale des Baukastensystems räumlich voll ausnutzt, aber noch nicht die gestalterischen. Denn die Paneele würden sich beispielsweise auch individuell bedrucken lassen – und damit sind auch farblich der zeitgenössischen Büroplanung keine Grenzen gesetzt.
FOTOGRAFIE Bureau Borsche, Gerhard Kellermann
Bureau Borsche, Gerhard Kellermann

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