Designoase in der Wüste
Ferienhaus inmitten einer Wildwest-Kulisse
Draußen sagen sich Schlange und Kojote Gute Nacht, drinnen wähnt man sich in einem urbanen Concept Store. Das Designer-Paar Carlos Naude und Whitney Brown hat mitten in der kalifornischen Wildnis ein Wochenendhaus eingerichtet. Der frisch renovierte Bungalow vereint mehrere Funktionen: Teils Rückzugsort für seine Besitzer, teils mietbares Feriendomizil, dient Casa Mami zugleich als Möbel-Showroom – und zeigt, wie autarkes Wohnen funktioniert.
Pioneertown, Kalifornien, ist ein surrealer Ort. Im Jahre 1946 wurde das Städtchen als bewohnbare Western-Kulisse gegründet. Zwei Stunden von Los Angeles entfernt, entstand irgendwo im Nirgendwo zwischen Mojave- und Colorado-Wüste eine Geschäftsstraße mit Restaurants und Motels – versteckt hinter falschen Fassaden im Wildwest-Stil. Seit den Vierzigerjahren drehen Hollywood-Regisseure inmitten der Saloons und Sheriffbüros Kinofilme. Der wichtigste Teil der Kulissen wurde jedoch von Mutter Natur erschaffen und ist heute unter dem Namen Joshua-Tree-Nationalpark bekannt: Die Kombination aus Wüstensand, bizarren Felsformationen, Sträuchern und Kakteen gilt als natürliches Habitat von Revolverhelden und Indianerhäuptlingen.
Filmreifes Wüstenpanorama
Carlos Naude und Whitney Brown, Gründer des in L.A. ansässigen Designstudios Working Holiday, sahen in dieser filmreifen Landschaft sofort das ideale Setting für ihren lang gehegten Traum vom Wochenendhaus in der Wildnis. Schon während der zehnminütigen Autofahrt von Pioneertown zur angebotenen Immobilie in der Wüste war die Kaufentscheidung gefallen. „Die Schönheit der Natur hat mich so beeindruckt, dass es mir fast egal war, wie das Haus aussieht“, erinnert sich Carlos Naude.
Tatsächlich entsprach der unscheinbare Bungalow nicht gerade den Vorstellungen der beiden Designliebhaber. Er ist im Pueblo-Stil errichtet worden, einem von den Lehmbauten amerikanischer Ureinwohner inspirierten Architekturstil. Mit ihren flachen Dächern und erdfarbenen Fassaden fügen sich diese Bauwerke nahtlos in die Wüstenlandschaft. „Wir wollten aber kein Haus, das sich anpasst, sondern ein Haus, das hervorsticht“, sagt Naude, der den Bungalow mit einem weiß-schwarzen Anstrich und einem hellgrauen Kiesgarten modernisierte.
Ein Haus voller Lieblingsstücke
Während der fünfmonatigen Umbauphase entstand ein zweites Schlafzimmer in der ehemaligen Küche. Eine schlanke Küchenzeile wurde in den offenen Wohn- und Essbereich integriert. Schlicht, modern und gemütlich wünschten sich Naude und Brown das Interieur ihrer Casa Mami. Sie wollten die rund 90 Quadratmeter Wohnfläche mit persönlichen Lieblingsstücken füllen. Das Ergebnis: eine Möbelcollage aus Entwürfen internationaler Hersteller – mit Schwerpunkt auf amerikanischem und skandinavischem Design.
Urlaub machen im Möbel-Showroom
So versammeln sich Stühle aus Dänemark um einen Esstisch eines kalifornischen Labels. Und ein dänischer Sessel sorgt neben dem Kamin für eine hyggelige Atmosphäre. „Ich habe fünf Jahre in Skandinavien gelebt. Diese Zeit hat mich stilistisch stark beeinflusst“, meint Naude. Ein Großteil der Ausstattung – von der Bettwäsche bis zum Türknauf – kann über den Online-Shop von Casa Mami erworben werden. „Wenn unseren Gästen ein Möbelstück gefällt, sollen sie die Möglichkeit haben, es gleich für ihr eigenes Zuhause zu bestellen“, erklärt Naude das Konzept.
Auch wenn die Inneneinrichtung an Concept Stores in Kopenhagen oder Stockholm erinnert, verliert man hier nie das Wildwest-Setting aus den Augen. Neue Terrassentüren mit großzügigen Glasflächen und filigranen Metallprofilen bilden einen eleganten Rahmen für die malerische Landschaft. Zusätzlich holen Naude und Brown mit Kakteen und Fächerpalmenblättern die Wüstenflora ins Innere des Hauses.
Autark wohnen in der Wildnis
Im Einklang mit der Natur zu leben, bedeutet für die Besitzer des Hauses auch nachhaltig und umweltbewusst zu wohnen. Der sparsame Umgang mit Ressourcen hat in diesem Fall nicht nur idealistische Gründe. Dank seiner Lage am Rande der Zivilisation ist der Bungalow gänzlich „off-grid“, also unabhängig vom öffentlichen Versorgungsnetz. Auf dem Dach befinden sich Solarpaneele für eine autarke Stromversorgung. Casa Mami verfügt über einen eigenen Wassertank sowie eine Mini-Kläranlage. Wenn man zu viel verbraucht, fehlt am nächsten Morgen das Wasser zum Duschen oder der Strom zum Kaffeekochen. Wer in diesem Off-Grid-Haus in der Wildnis Urlaub macht, kann so manches Abenteuer erleben – ohne dabei auf gutes Design verzichten zu müssen.
FOTOGRAFIE Carlos Naude, Cándida Wohlgemuth
Carlos Naude, Cándida Wohlgemuth