Die Motten und das Licht
Verkehrsunterführungen sind meist rein pragmatisch angelegt: Verkehr und Fußgänger sollen einen möglichst kurzen Weg nehmen können. Derart lieblos gestaltet, werden diese Tunnel von einem Großteil der Menschen oft gemieden. Dass es auch anders sein kann, zeigt die Stadt Karlsruhe, die den Raum unter einer seit fast hundert Jahren bestehenden Eisenbahnüberführung grundlegend sanierte und ihn mit einer künstlerischen Lichtwand ausstattete. Gestaltet wurde die Lichtwand mit dem Titel „Moth Motion“ von dem Darmstädter Büro netzwerkarchitekten in Zusammenarbeit mit der Künstlerin Andrea v. Lüdinghausen. Statt Dunkelheit und nacktem Beton erwarten die Fußgänger und Fahrradfahrer an der Karlsruher Schwarzwaldstraße nun fliegende Motten und eine angenehm ausgeleuchtete Zone.
Insgesamt zwei Jahre dauerte die Erneuerung der Eisenbahnüberführung an der Schwarzwaldstraße, unmittelbar am Karlsruher Hauptbahnhof. Neben einer grundlegenden architektonischen Umgestaltung wurde die Unterführung zudem von ursprünglich rund 101 Metern Länge auf 65 Meter verkürzt. Bereits im Jahr 2005 hatte das Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe einen Wettbewerb ausgelobt, um Vorschläge für die neue Unterführung zu erhalten. Gewonnen hat der Beitrag von netzwerkarchitekten aus Darmstadt, die gemeinsam mit Künstlerin Andrea v. Lüdinghausen aus Hannover das Konzept „Moth Motion“ präsentierten.
Bewegung als Basis
Ausgangspunkt des Konzepts sind die Faktoren Geschwindigkeit und Perspektive. So besitzt die Unterführung an der Schwarzwaldstraße die Funktion eines Stadteingangs, welcher von Fahrzeugen und Fußgängern passiert wird. Je nach Fortbewegungsart und -mittel ergeben sich natürlicher unterschiedliche Geschwindigkeiten und Perspektiven, aus denen sich die Wahrnehmung der Nutzer ergibt. Das künstlerische Konzept von „Moth Motion“ greift diese Aspekte auf: In ihrer Gesamtheit ist die Lichtwand und das darauf gezeigte Motiv einzig über die Bewegung durch die Unterführung hindurch wahrzunehmen. Ein Verharren oder Stillstehen lässt den Besucher nicht mehr, sondern, im Gegenteil, eher weniger erkennen. Lediglich aus einzelnen Blickwinkeln lässt das Gesamtpanorama, bestehend aus mottenähnlichen Wesen von unwirklicher Größe, erkennen. Das Prinzip, mit dem Andrea v. Lüdinghausen und netzwerkarchitekten bei diesem Projekt arbeiteten, nennt sich Anamorphose. Bei dieser, seit der Renaissance bekannten Darstellungsform, wird ein Gegenstand deformiert dargestellt und ist nur unter bestimmten Bedingungen wirklich zu sehen.
Lichtwand auf 60 Metern
„Moth Motion“ zeigt auf einer Länge von über 60 Metern und einer Höhe von circa 3,50 Metern überdimensionale Schwärmer aus der Familie der Schmetterlinge. Vorlage für die abgebildeten Wesen ist der Wanderfalter Kolibrischwärmer, dessen Flügelschlag extrem schnell ist und der seine Flugrichtung in Sekundenbruchteilen in alle Richtungen ändern kann. Im Tunnel gleiten so vereinzelte Exemplare des Schwärmers am Betrachter vorüber. Das Bild stellt sich dabei abhängig von Tageszeit und Blickwinkel immer wieder anders dar: Spiegelungen mischen sich mit abstrakten Formen, sodass leicht gedehnte bis extrem stark verzerrte Bilder den Passanten Motive erkennen lassen, die im Verlauf ihrer Bewegung durch die Unterführung immer wieder verschwinden.
Um diesen Effekt zu erzielen, wurden auf den roh belassenen Betonwänden der Unterführung 41 1,5 Meter breite und drei Meter hohe, schwarze, zweiseitig bedruckte Verbundsicherheitsscheiben montiert. Die Verglasung ist mit einem Abstand von rund 17 Zentimetern vor der Betonversatzschale angeordnet, sodass in den Zwischenraum die Hinterleuchtung für die Scheiben eingebaut werden konnte. Diese erfolgt durch eine lineare LED-Lichtschiene an der inneren Oberseite der Konstruktion. Das innere untere Rahmenprofil fungiert dabei als Reflektor und erzeugt trotz des geringen Abstands des Bildes von der Wand eine ausreichende und gleichmäßige Hinterlüftung. Das Motiv des Nachtfalters wurde als schwarzer opaker Siebdruck auf die Verglasung aufgebracht, wobei jede Scheibe ein anderes Motiv trägt. Durch eine farbige PVB-Folie ist die Verglasung zusätzlich vollflächig gelb transparent eingefärbt.
Die Erneuerung und architektonische Gestaltung der Karlsruher Unterführung erfreut nun die Fußgänger, Rad- und Autofahrer, die statt eines dunklen und unangenehm empfundenen Tunnels eine ansprechend gestaltete und hell erleuchtete neue Unterquerung vorfinden – Kunstgenuss inklusive.
Insgesamt zwei Jahre dauerte die Erneuerung der Eisenbahnüberführung an der Schwarzwaldstraße, unmittelbar am Karlsruher Hauptbahnhof. Neben einer grundlegenden architektonischen Umgestaltung wurde die Unterführung zudem von ursprünglich rund 101 Metern Länge auf 65 Meter verkürzt. Bereits im Jahr 2005 hatte das Stadtplanungsamt der Stadt Karlsruhe einen Wettbewerb ausgelobt, um Vorschläge für die neue Unterführung zu erhalten. Gewonnen hat der Beitrag von netzwerkarchitekten aus Darmstadt, die gemeinsam mit Künstlerin Andrea v. Lüdinghausen aus Hannover das Konzept „Moth Motion“ präsentierten.
Bewegung als Basis
Ausgangspunkt des Konzepts sind die Faktoren Geschwindigkeit und Perspektive. So besitzt die Unterführung an der Schwarzwaldstraße die Funktion eines Stadteingangs, welcher von Fahrzeugen und Fußgängern passiert wird. Je nach Fortbewegungsart und -mittel ergeben sich natürlicher unterschiedliche Geschwindigkeiten und Perspektiven, aus denen sich die Wahrnehmung der Nutzer ergibt. Das künstlerische Konzept von „Moth Motion“ greift diese Aspekte auf: In ihrer Gesamtheit ist die Lichtwand und das darauf gezeigte Motiv einzig über die Bewegung durch die Unterführung hindurch wahrzunehmen. Ein Verharren oder Stillstehen lässt den Besucher nicht mehr, sondern, im Gegenteil, eher weniger erkennen. Lediglich aus einzelnen Blickwinkeln lässt das Gesamtpanorama, bestehend aus mottenähnlichen Wesen von unwirklicher Größe, erkennen. Das Prinzip, mit dem Andrea v. Lüdinghausen und netzwerkarchitekten bei diesem Projekt arbeiteten, nennt sich Anamorphose. Bei dieser, seit der Renaissance bekannten Darstellungsform, wird ein Gegenstand deformiert dargestellt und ist nur unter bestimmten Bedingungen wirklich zu sehen.
Lichtwand auf 60 Metern
„Moth Motion“ zeigt auf einer Länge von über 60 Metern und einer Höhe von circa 3,50 Metern überdimensionale Schwärmer aus der Familie der Schmetterlinge. Vorlage für die abgebildeten Wesen ist der Wanderfalter Kolibrischwärmer, dessen Flügelschlag extrem schnell ist und der seine Flugrichtung in Sekundenbruchteilen in alle Richtungen ändern kann. Im Tunnel gleiten so vereinzelte Exemplare des Schwärmers am Betrachter vorüber. Das Bild stellt sich dabei abhängig von Tageszeit und Blickwinkel immer wieder anders dar: Spiegelungen mischen sich mit abstrakten Formen, sodass leicht gedehnte bis extrem stark verzerrte Bilder den Passanten Motive erkennen lassen, die im Verlauf ihrer Bewegung durch die Unterführung immer wieder verschwinden.
Um diesen Effekt zu erzielen, wurden auf den roh belassenen Betonwänden der Unterführung 41 1,5 Meter breite und drei Meter hohe, schwarze, zweiseitig bedruckte Verbundsicherheitsscheiben montiert. Die Verglasung ist mit einem Abstand von rund 17 Zentimetern vor der Betonversatzschale angeordnet, sodass in den Zwischenraum die Hinterleuchtung für die Scheiben eingebaut werden konnte. Diese erfolgt durch eine lineare LED-Lichtschiene an der inneren Oberseite der Konstruktion. Das innere untere Rahmenprofil fungiert dabei als Reflektor und erzeugt trotz des geringen Abstands des Bildes von der Wand eine ausreichende und gleichmäßige Hinterlüftung. Das Motiv des Nachtfalters wurde als schwarzer opaker Siebdruck auf die Verglasung aufgebracht, wobei jede Scheibe ein anderes Motiv trägt. Durch eine farbige PVB-Folie ist die Verglasung zusätzlich vollflächig gelb transparent eingefärbt.
Die Erneuerung und architektonische Gestaltung der Karlsruher Unterführung erfreut nun die Fußgänger, Rad- und Autofahrer, die statt eines dunklen und unangenehm empfundenen Tunnels eine ansprechend gestaltete und hell erleuchtete neue Unterquerung vorfinden – Kunstgenuss inklusive.
FOTOGRAFIE Jörg Hempel
Jörg Hempel
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