Die Neugestaltung des Hauses Usher
Das Konzerthaus Usher Hall in Edinburgh ist seit fast hundert Jahren ein Anziehungspunkt für Künstler, Kulturinteressierte und Musiker aus aller Welt. In dem historischen Gebäude gaben sich die großen Musiker des 20. Jahrhunderts die Ehre, quer durch alle Sparten: von Ella Fitzgerald über Kiri te Kanawa bis hin zu den Rolling Stones. Nach einer umfassenden Sanierung wurde das Haus nun wieder eröffnet und präsentiert sich nicht nur mit zeitgemäßer Infrastruktur und neuer Inneneinrichtung sondern auch mit einem neuen, verglasten Gebäudeflügel. Verbunden wird der historische Teil mit dem Erweiterungsbau über eine moderne Wendeltreppe, deren Achse ein fast 14 Meter hohes, stabförmiges Lichtobjekt bildet.
Eine Spende von 100 000 Pfund, die der Whiskey-Hersteller Andrew Usher zwei Jahre vor seinem Tod an die Stadt Edinburgh übergab, legte im Juli 1896 den Grundstein für eines der bedeutendsten Konzerthäuser Europas. Seit der Eröffnung 1914 ist die Usher Hall nicht nur Spielstätte für zahlreiche Konzerte, sondern seit 1947 auch Zentrum des jährlich stattfindenden Edinburgh International Festival für Musik, Oper, Theater und Tanz. Die aus aller Welt anreisenden Künstler und Besucher schätzen neben dem historischen Ambiente vor allem den Konzertsaal, der für seine besonders gute Akustik berühmt ist. Es gab insofern nur wenig Anlass für eine Modernisierung. Bis zu einem kleinen Zwischenfall im Jahr 1996, der die fast 14 Jahre währende Sanierungs- und Umbauphase einläutete.
Erst Sanierung, dann Erweiterung
Nach einem Konzert in der Usher Hall 1996 bröckelte plötzlich der Putz von der Decke und das Haus wurde kurzerhand geschlossen. Über die nächsten zwei Jahre mussten alle elektrischen Leitungen und Systeme erneuert werden, es wurden moderne Heizungs- und Lüftungssysteme installiert, die Decken im Auditorium repariert und restauriert und eine neue Bestuhlung eingesetzt. Sogar die historische Orgel der Usher Hall wurde für eine Million Pfund aufgearbeitet. Im Dezember 1999 fand die Wiedereröffnung der Konzerthalle statt, und mit dem Haus selbst wurde sogleich auch das Programm „entstaubt“ und modernisiert. Im Zuge dieser Neuorientierung reifte die Idee heran, die Usher Hall nicht nur zu sanieren, sondern sie mit moderner Architektur auch baulich ins 21. Jahrhundert zu überführen. Es folgten ausgiebige Gespräche mit Besuchern und Mitarbeitern des Hauses, woraus ein grober Plan entstand, was konkret am und im Haus erneuert werden sollte. Umgesetzt wurde die sogenannte „Phase II“ von den Architekten Law Dunbar Naismith, kurz LDN. 2003 begannen die Bauarbeiten zum neuen, gläsernen und leicht gekrümmten Gebäudeflügel, der einen Teil der bestehenden, historischen Architektur umschließt. In dem Glasanbau befinden sich nun die Büroräume und die Gastronomiebereiche. Ergänzt wurde die Konzerthalle auch um barrierefreie Zugänge sowie Aufzüge und zentrale Treppenaufgänge, die erstmals alle Etagen des Gebäudes miteinander verbinden.
Leuchtendes Treppenhaus
Hier befindet sich auch das fast 14 Meter hohe Lichtobjekt, das sich wie ein Stab durch die Mitte der Wendeltreppe zieht. Konzipiert wurde es von den britischen Lichtdesignern von Speirs and Major, die von LDN Architekten für die neue Beleuchtung der Usher Hall herangezogen wurden. In enger Zusammenarbeit mit den Architekten integrierten die Lichtdesigner zeitgemäße Beleuchtungselemente behutsam in das historische Gebäude. Die modernen Elemente wurden demnach fast unsichtbar in Decken und Wände integriert, sodass eine angenehme Allgemeinbeleuchtung entsteht und historische Elemente, wie zum Beispiel Säulen und Rundbögen, dezent hervorgehoben werden. Als Leuchten sichtbar sind in erster Linie die historischen Kronleuchter, die von den hohen stuckverzierten Decken abgependelt sind. Im Gegensatz dazu steht die moderne Interpretation des „Kronleuchters“ im Treppenhaus, das die originale Usher Hall mit dem neuen Anbau verbindet. Es entstand die Idee, das Treppenhaus quasi von innen heraus zu beleuchten, da keine Beleuchtungslösung in die Betonwände integriert werden konnte, ohne dass sie deutlich sichtbar gewesen wäre. Frei nach dem Motto „Was man nicht verheimlichen kann, sollte man betonen“, entwickelten Speirs and Major in Zusammenarbeit mit Mike Stoane Lighting eine zeitgenössische Form des Kronleuchters: Wie ein langes, schmales Rohr, von der Decke nach unten hin abgependelt, bildet er quasi die Achse des Treppenaufgangs. Um eine lineare Lichtführung zu erreichen verwendeten die Lichtdesigner mehrere Leuchtstoffröhren-Elemente, die verbunden sind durch Ringe aus Milchglas, welche wiederum per LED beleuchtet sind. Die leuchtenden Ringe dienen dabei zum einen als auflockerndes Element, zum anderen lässt sich durch sie auch die Höhe des Leuchters variieren.
Die Verbindung von Vergangenheit und Zukunft scheint – trotz oder gerade wegen der langen Bauzeit – bei der Usher Hall hergestellt zu sein. Schließlich war die Sanierung, so äußerte sich Generaldirektor Karl Chapman gegenüber der Zeitung Scotland on Sunday, die größte Veränderung in der Geschichte der Konzerthalle. Und er sei überzeugt, dass es der Usher Hall in den nächsten hundert Jahren zugute kommen wird.
FOTOGRAFIE James Newton
James Newton
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