Disco-Dusche: Car Wash in Moskau
Street Art im Waschkeller: ein Cosy Wash von Gretaproject.
Neonröhren, LEDs und leuchtende Schriftzüge, besprühte Wände, Schaum-Parties und eine dunkle Kellergarage: Was nach dem frühen Disco-Spaß der hiesigen Millenials klingt, befindet sich tatsächlich in einem gehobenen Viertel Moskaus. Im Untergeschoss eines Innenstadtgebäudes bekommen die eingelieferten Luxusschlitten eine exklusive Handwäsche – die für die Besitzer im angeschlossenen Café zur optionalen Reinigungsshow wird.
Autowaschanlagen sind kuriose, aber faszinierende Orte – auch deshalb, weil man sie sich in aller Ruhe anschauen kann. Seit Mitte der Sechzigerjahre lassen sich die zehn Minuten, in denen das Auto durch wirbelnde Bürsten und tanzende Lappen manövriert wird, im Fahrersitz verbringen. Und so ist es nur die logische Folge, dass diese Zeit von den Anbietern der Waschstraßen genutzt wird. Die einen bauen eine Schilderstraße: „Antenne ab, Fenster hoch“, „Nicht bremsen“, „Gang raus“, andere binden individuelles Entertainment ein. Der vollautomatisierte Waschvorgang allein wäre schon eine Schau. Mit bunten Fontänen und blinkenden LEDs wird die Autopflege zur Schaumparty im Eurodance-Stil.
Licht im Schacht
In Moskau hat jetzt eine Autowäsche eröffnet, die aus ihrer Lage im dunklen Untergeschoss eines Innenstadtgebäudes das Beste macht. Um von niedrigen Decken und mangelndem Tageslicht abzulenken, haben die Projektarchitekten von Gretaproject, einem von der Architektin Greta Denisova gegründeten Innenarchitekturstudio, auf Service und Unterhaltung als Gegenmittel gesetzt. Black Star nennt sich die insgesamt 1.200 Quadratmeter große Unterwelt, die sich durch die schwarz gestrichenen Flächen in der Unendlichkeit zu verlieren scheint. Die namensgebende Sonne ist nur als stilisiertes Lichtelement präsent: Neonröhren an Wänden und Decken erleuchten nicht nur den Raum, sondern setzen als Linien, Kreise und Kreuze Akzente im Dunklen. Durch ihre Form und Ausrichtung werden sie gleichzeitig zum Leitsystem, das verschiedene Funktionsbereiche wie die Waschboxen, Durchgangsflächen und die Politurgarage markiert.
Star für Sternchen
Die dunkle Kelleretage ist nach der Transformation immer noch düster, aber jetzt ist die Schwärze Programm. Statt in einer zwielichtigen Parketage landen die Kunden in einem hypermodernen Hip-Hop-Schuppen mit Reinigungsabteilung für die Fahrzeuge und gläsernem Café für die Kunden. Von hier aus können sie das ästhetische Makeover beobachten, spritzwassergeschützt und auf ledernen Lounge-Sofas. Passend zu den Luxuskarosserien, die hier im Zentrum der teuren Metropole tagtäglich durch die Politur gehen, wurde das Interieur durch Zitate aus der Hip-Hop-Kultur ergänzt. Die Tags – oder Kalligraphiekompositionen – in Weiß und Hellblau ziehen sich über Böden und Wände und werden durch Regelmäßigkeit und Flächigkeit zum rhythmischen Muster.
Spiel mit der Wahrnehmung
Inspirieren ließ sich Greta Denisova vom Stadtviertel Wynwood in Miami, wo Street Art und Murals erfolgreich als Werkzeug zur urbanen Aufwertung genutzt wurden. Auf die Hand-Autowaschanlage angewendet, ließen Auftraggeber und Architektin einen Künstler den Namen Black Star interpretieren und den gesamten Raum zur Leinwand werden. Dieser visuelle Musterkniff sorgt dafür, dass die Besucher die einfache Geometrie der Räume als komplex wahrnehmen. Indem eine zweidimensionale Grafik über die dreidimensionale Architektur gelegt wurde, wird der Raum für den Betrachter transformiert – und wirkt aus jedem Blickwinkel anders. Licht und Schwärze, Raumgeometrie und Flächeninszenierung sorgen für eine Autowaschanlage, in der den Autobesitzern nicht langweilig wird – auch ohne automatisch gesteuerte Waschstraße.
FOTOGRAFIE Mikhail Loskutov
Mikhail Loskutov
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