Ein Haus, zwei Gesichter
Refugium in den australischen Bergen von Robbie Walker
 
											
											
					Spiel der Gegensätze: Der Architekt Robbie Walker hat in Australien ein Wohnhaus realisiert, das eine klare, puristische Sprache mit sinnlichen Nuancen in Einklang bringt. Skandinavische Designklassiker verstärken die Liaison aus Modernismus und Naturinstinkt.
Kein Schnickschnack. So lässt sich ein 400-Quadratmeter-Wohnhaus im australischen Bundesstaat Victoria auf den Punkt bringen, das der Architekt Robbie Walker für seine Familie entworfen hat. Es liegt in der Ortschaft Mansfield am Fuße der Viktorianischen Alpen, die bis zu 1.986 Meter in die Höhe ragen. Die Herausforderung bei diesem Projekt bestand darin, gleich zwei Wetterextreme unter einen Hut zu bringen: bitterkalte, dunkle Winter und brütend heiße Sommer mit einer unbarmherzig brennenden Sonne. Die Lösung lässt sich durchaus als bipolar beschreiben. Die eine Hälfte des Hauses öffnet sich, die andere Hälfte igelt sich regelrecht ein.
         
											
											
					
Duale Perspektive
Die Gegensätze spiegeln sich in den Materialien Glas und Beton, die im identischen Maßverhältnis zum Einsatz kommen und so die duale Perspektive bei der Planung unterstreichen. Die nach Norden ausgerichtete Haushälfte ist doppelt verglast. Bodentiefe Fenster holen das Maximum an Tageslicht ins Innere, wo eine offene Küche in einen großzügigen Wohnbereich übergeht. Von dort aus können die Hausbewohner*innen einen Panoramablick auf die Region Taungurung Country genießen. „Eine Landschaft, so rau, wild und atemberaubend wie die Wetterbedingungen. Sowohl der Sonnenaufgang als auch der Sonnenuntergang sind von dieser Haushälfte sichtbar. Es ist wirklich ein Ort, an dem man sitzen und die Welt beobachten kann“, sagt Robbie Walker.
         
											
											
					
Gefilterte Lichtwirkung
Wenn die Sonnenstrahlen auf den polierten Betonboden der Wohnküche treffen, werden sie wie durch einen riesigen Spiegel in die Tiefe des Hauses weitergeleitet. Die Intensität des einfallenden Sonnenlichts lässt sich durch Blenden regulieren. Sie sind den gläsernen Fassaden um einige Meter vorgelagert, sodass schattengeschützte Räume entstehen: Pufferzonen zwischen drinnen und draußen, die vom frischen Luftzug umspielt werden und so für eine natürliche Abkühlung sorgen.
         
											
											
					
Unsichtbare Solaranlage
Die Blenden fangen das Licht ab, bevor es ins Innere des Hauses fällt und dort einen Treibhauseffekt bewirkt. Mit ihrer Materialität aus verrosteten Stahlgittern bringen die Paneele eine raue, industrielle Ästhetik ein. Zugleich besitzen sie eine sinnliche Facette. Im Sonnenlicht wird ihre rötliche Farbe regelrecht zum Leuchten gebracht. An besonders heißen Tagen kann eine Klimaanlage zur Kühlung der Innenräume hinzugeschaltet werden. Ihren Strom bezieht sie über eine Solaranlage, die unsichtbar auf dem Dach installiert wurde.
         
											
											
					
Materielle Kontraste
An dunklen Wintertagen sorgen zwei Kamine für die nötige Wärme. Sie sind jeweils mittig vor die beiden gläsernen Querfronten des Wohn- und Kochbereichs platziert. Der Blick kann so die tänzelnden Flammen erfassen und parallel hinaus in die teils schneebedeckte Landschaft wandern. Die Geschossdecke ist mit unbehandeltem Sperrholz verkleidet, ebenso die Korpusse der Küchenzeile. Um Abfälle zu vermeiden, wurden die Dimensionen der Schrankfronten so bemessen, dass für sie jeweils eine gesamte Sperrholzplatte zum Einsatz kam.
         
											
											
					
Rückzug im Bunker
Die Holzoberflächen schaffen einen warmen Gegenpol zur Rückwand aus kerngefüllten Betonziegeln, die den Übergang zur zweiten Haushälfte markiert. „Wenn das Wetter am kältesten und unwirtlichsten ist, dient dieser Gebäudeteil als Zufluchtsort. Er erweckt den Eindruck eines Bunkers und bietet einen ruhigen und geschützten Platz für mehrere Schlafzimmer und ein Bad“, erklärt Robbie Walker.
         
											
											
					
Industrieller Charakter
In die Rückwand der Wohnküche sind einige durchlässige Ziegel integriert. Das Sonnenlicht kann so in den Flur scheinen, der alle Räume des „Bunkers“ verbindet und auch den Übergang zur Garage markiert. Die Dimensionen der einzelnen Zimmer sind jeweils von der Breite der Betonziegel abgeleitet. Kein Putz soll dort die ursprüngliche Materialität übertünchen. Dasselbe gilt für die verzinkten Kabelverkleidungen und freiliegenden Kupferrohre, die den industriellen Charakter des Interieurs betonen.
         
											
											
					
Haariger Sitz
Skandinavische Designklassiker verstärken die Verbindung aus Modernismus und Naturinstinkt. Der Esstisch mit Eichenplatte wird von acht Exemplaren des Holzstuhls J41 umringt, den Børge Mogensen in den Dreißigerjahren als Überarbeitung traditioneller Sprossenstühle entwarf und der heute von Hay gefertigt wird. Im Wohnzimmer zieht ein Flag Halyard Sessel von Hans Wegner die Blicke auf sich: ein Entwurf aus dem Jahr 1950, den PP Møbler im Programm führt. Das Möbel verfügt über Kordel-bespannte Sitz- und Rückenlehnen, auf denen ein langhaariges Schafsfell ruht. Die Botschaft: Purismus wird in diesem Haus nicht mit atmosphärischer Kälte verwechselt, sondern mit wohldosiertem Kuschel-Faktor in Szene gesetzt.
FOTOGRAFIE Dave Kulesza Dave Kulesza
| Projektname | Mansfield House | 
| Entwurf | Robbie Walker Architects | 
| Typologie | Einfamilienhaus | 
| Ort | Mansfield, Victoria, Australien | 
| Wohnfläche | 400 Quadratmeter | 
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