Eine Bühne für Blumen
Der beste Blumenladen der Welt.
Die Vergänglichkeit der Blume macht sie zu einem typischen Vanitasmotiv, das uns von der Endlichkeit irdischer Schönheit und des Lebens erzählt. In Kopenhagen hat mit dem Tableau ein Blumenladen eröffnet, der die Pflanze ebenfalls zum Gegenstand eines Kunstwerkes macht. Das Interieur des dänischen Architekten David Thulstrup kommuniziert mit dramatischer Geste, indem es das Grün in monumentaler Architektur und zwischen geometrischen Materialskulpturen platziert.
„Den besten Blumenladen der Welt“ wollte David Thulstrup gestalten. Der Designer und Architekt ist für seine archaischen, minimalistischen und dezent exzentrischen Entwürfe bekannt. In seinem Portfolio finden sich auch die ätherisch-natürlichen Designkonzepte der beiden mit Michelin-Sternen ausgezeichneten Noma-Restaurants in Kopenhagen. Die Dänen würden seine Herangehensweise wohl stedsans nennen, das Gefühl für einen Ort. Dieses Widerspiel von Raum und Emotion zeigt auch der Blumenladen Tableau, der in einem markanten Gebäude aus dem 19. Jahrhundert auf der Store Kongensgade im Herzen von Kopenhagen eröffnet hat. „Hier wird der Vertrieb von Blumen auf ein neues Level gebracht. Blumen sind immer noch die Protagonisten, aber der Raum ist supercool und inspirierend“, erklärt David Thulstrup sein Idee.
Galerie fürs Grün
Tableau ist das neueste Laden-Projekt von Julius Værnes Iversen, der mit seinem Bruder Magnus in der dänischen Hauptstadt eine kleine Blumenhandelskette namens BB Flowers führt. Bei der Gestaltung des neuen Konzeptes gab der Auftraggeber dem Gestalter freie Hand – lediglich dem Charakter einer Galerie sollte der Shop gerecht werden. Deshalb werden die Pflanzen wie Kunstwerke in Szene setzt: Auf individuellen Podesten, die für sich genommen bereits anspruchsvolle Skulpturen sind, werden die Blumen arrangiert. Die gesamte Inszenierung, von der Lichtwirkung bis zur Raumarchitektur, ist ein Gesamtkunstwerk. Die Wände und Decken wurden bis auf den rohen Beton zurückgebaut und alle Zeichen der Zeit und der vorausgehenden Nutzung belassen – was dem Raum die Atmosphäre einer vergessenen Industriebrache gibt. Dazu passen auch die individuell entworfenen Deckenleuchten aus einer Metallplatte, die als Reflektor dient, und einem darunter schwebend installierten Lichtelement, das an Neonröhren erinnert.
Monolithisch und monothematisch
„Der Laden heißt Tableau, weil Julius Iversen uns aufgefordert hat, spektakuläre Arrangements und spannungsvolle Szenarien zu gestalten“, erläutert David Thulstrup. Er entwarf sechs Ausstellungs-Displays aus jeweils einem Material – aus Terrazzo-Blöcken, grauen Glasscheiben, transparenten Glasbausteinen, Bornholmer Gestein, polierten Metallprofilen und Lochblech. Sie bilden ausdrucksstarke Monolithen, die wie Inseln im kontrastierenden Blau des Vinylbodens liegen. Sie können von den Kunden erworben werden, genauso wie die Blumen und die Vasen aus Drahtgitter, die in Zusammenarbeit mit dem Bildhauer Poul Isbak entstanden sind. „Es geht um die monumentalen Qualitäten der Materialien, die mit möglichst wenig Intervention zu geometrischen Figuren werden – und die den Blumen einen klaren Rahmen geben“, sagt David Thulstrup.
Nachtlook Neon
Eine ganz besondere Installation findet sich im hinteren Teil des Ladens. In diesem Bereich hatte sich der Auftraggeber die Abteilung für Topfpflanzen gewünscht. Statt sie aber auf Regalen auszustellen, entwarf der Architekt ihnen ein eigenes Display mit einer kühlen, technoiden Ausstrahlung, die entfernt an einen Kühlschrank aus einer Großküche erinnert. Das runde Metallgerüst hat einen Kern aus Neonröhren, die tagsüber weißes Licht abgeben, das den ganzen Raum mit erhellt. Nachts wechselt die Farbstimmung zu einem intensiven Pink, das die Pflanzen im Wachstum unterstützt. Gleichzeitig gibt es dem Tableau-Flowershop nach Ladenschluss ein futuristisches Disco-Flair, wenn das farbige Licht durch den Raum bis ins Schaufenster wirkt und zum Akzent in der Fassade wird.
FOTOGRAFIE Irina Boersma
Irina Boersma