Fachwerk und Feinkost
Historisches Haus mit zeitgemäßem Interior von Aboutlama

557 Jahre ist das Fachwerkhaus im kleinen Bad Saulgau alt. Jetzt wurde es zu einem Feinkostgeschäft umgebaut. Das Konzept vom Studio Aboutlama macht die Geschichte des Hauses sichtbar und schafft mit modernen Bauelementen, salbeifarbener Lasur sowie sensiblen Interventionen ein modernes Interior – als Kontrast zu den alten Balken des Bestands.
Bad Saulgau liegt im Herzen von Oberschwaben, in einer von Dörfchen dominierten Grünzone zwischen Stuttgart, München und dem Bodensee. Das „Bad“ im Namen verweist auf die Therme des knapp 18.000 Einwohner*innen zählenden Kurorts, dessen Altstadt von historischen Fachwerkhäusern geprägt ist. Dass dort ein gut sortiertes, puristisch und zeitgemäß gestaltetes Ladengeschäft wie elriko – Feine Kost zu finden ist, mag für einen Ort dieser Größe und Lage vielleicht eine Überraschung sein. Gerade hat die Gründerin Elke Rieger ihren neuen Shop eröffnet, dabei gehört das elriko schon länger zu Bad Saulgau. Seit 2015 bietet Rieger regionale Produkte wie Nudeln, Linsen oder Weine in einem kleinen Ladengeschäft an. Dann kam das Angebot, sich zu vergrößern. In der Fußgängerzone von Bad Saulgau wurde eine ehemalige Metzgerei frei und die drei Etagen des historischen Fachwerkhauses wurden nach einer Sanierung und mit einem neuen Interiorkonzept zur neuen Heimat von elriko.
Fachwerk Anno 1465
Gestaltet hat den neuen Shop das in Mannheim ansässige Designstudio Aboutlama, das von den beiden Innenarchitektinnen Elena Laschewitsch und Yordanka Rotta geführt wird. Das Duo arbeitet mit dem Ziel, Räume zum Leben zu erwecken, indem es die vorhandenen Potenziale nutzt. „Wir arbeiten immer aus der Umgebung und der Architektur heraus, um Innen und Außen in Einklang zu bringen. Wir verkaufen keine schönen Bilder, sondern schaffen tatsächliche Lebendigkeit. Was bleibt hängen, was bleibt im Herzen, was im Kopf?“, beschreiben die Planer*innen ihre Herangehensweise. In der ehemaligen Metzgerei fanden sie viel alten Charme vor, aber auch die Ideen vorheriger Nutzer*innen. Das 1465 erbaute Haus wurde bereits 1679, 1890 und zuletzt 1962 umgebaut. Aboutlama fasste den Entschluss, die historische Struktur mit ihren Balken und Ziegeln freizulegen und dann mit einer modernen Intervention in Kontrast zu setzen.
Alte Balken zwischen neuen Brettern
Bereits an der Fassade ist das Zusammenspiel vom Fachwerk-Bestand mit dem neuen Konzept sichtbar. Hinter hölzernen Fensterläden zeigen sich dicke Balken, daneben sind neu geöffnete Ausschnitte in der Außenwand rahmenlos von Glas eingefasst. Im Inneren wurde der Rohbau freigelegt und – wo nötig – sensibel saniert. Einige der alten Holzstrukturen mussten ersetzt werden, während für das neue Layout Holzwände eingezogen wurden. „Wir haben die Raumstruktur so stark wie möglich geöffnet, um Großzügigkeit entstehen zu lassen und dem Gast verschiedene interessante Blickbezüge zu ermöglichen“, erklären die beiden Gestalterinnen. Dazu gehört auch ein quadratischer Durchbruch des Bodens, der durch Glas ersetzt wurde. Das Bodenfenster erlaubt den Blick vom Verkaufsraum im Erdgeschoss in den Weinkeller und leitet Tageslicht in die untere Etage.
Patchwork aus Ziegeln und BetonNeben Holz setzt Aboutlama auf Beton, der zum kühlen Pendant des warmen Naturwerkstoffs wird. Die Böden, die Treppe, aber auch Möbel wie Hocker und Podeste bestehen teilweise aus Zement. Mit den Einbauten wird eine Brücke zwischen Gegenwart und Geschichte geschlagen, indem der historische Bestand in die Innenraumplanung einbezogen und durch moderne Elemente ergänzt wird. Noch schimmert der Tresen aus Messing golden, bald wird sich sein Farbton den kreidiggrün lasierten Einbauten anpassen. Kubische Displays sind aus Ziegelsteinen gemauert, die bei der Entkernung gerettet wurden. Ergänzt durch Holzkästen und Betonquader bilden sie ein Materialpatchwork zwischen den Zeiten. Die Künstlerin Julie Lansom, bekannt für handgewebte Fadenobjekte, hat eine Installation aus abstrahierten Blättern für das elriko entworfen. Sie hängen zwischen dem Café und seiner Galerie im Obergeschoss. Im Zusammenspiel mit den gelben Regalschaukeln entsteht eine Waldszenerie, die gut zum Sortiment passt, wie die Designerinnen erklären: „Wir möchten ein Gefühl der Freude auslösen. Eine Atmosphäre, die den Betrachter an ein idyllisches Picknick unter einer Baumkrone erinnert.“
FOTOGRAFIE Paul Meyer, Frank Hoffmann
Paul Meyer, Frank Hoffmann
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