Flämische Typveränderung
Zweite Chance: Edouard Brunet und François Martens haben ein düsteres Einfamilienhaus bei Brüssel neu belebt.
So manch einer hätte dieses Gebäude sicher lieber abgerissen gesehen: innen düster, außen angegraute Klinker und eine abweisende, gedrungene Erscheinung. Dass ein zweiter Blick durchaus lohnt, beweisen Edouard Brunet und François Martens, die mit ihrem Umbau eines Wohnhauses in Flandern neue Perspektiven in eine unattraktiv verschlossene Nachkriegsarchitektur gebracht haben.
Zunächst die guten Aspekte dieses Hauses: Es liegt in einem grünen Wohngebiet in Tervuren unweit von Brüssel und hat einen Garten, groß genug zum Spielen, Sonnenbaden und Verweilen für die ganze Familie. Wären da nicht die wenigen und zu kleinen Fenster gewesen sowie das visuell schwergewichtige, tief nach unten gezogene Schindeldach, wodurch der Bau innen wie außen wenig einladend wirkte. Mit François Martens und Edouard Brunet stand den neuen Eigentümern ein Duo zur Seite, das es verstand, mit den Umständen sorgsam umzugehen und dem Gebäude einen freundlicheren Charakter zu verleihen, ohne sämtliche alten Merkmale gänzlich zu überdecken.
Neuer Ausdruck, alter Geist
Der Kontakt zu den Architekten entstand über einen Kindheitsfreund des Eigentümers, der ihn mit François Martens in Verbindung setzte. Für die Realisierung des Projektes holte sich dieser den befreundeten Kollegen Edouard Brunet ins Boot, um gemeinsam diese kleine Verwandlung zu realisieren. „Da die Bauherren bezüglich der Ästhetik des existierenden Hauses zwiegespaltener Meinung waren, wurde es auch Teil des Projektes, den architektonischen Ausdruck neu zu gestalten, außen wie innen, während der originale Geist erhalten bleiben sollte“, so die Architekten.
Dach und Fassade vereinen
Dass dem Dach eine besondere Aufmerksamkeit zuteil werden musste, stand außer Frage. Immerhin nimmt seine Schräge etwa die gleiche Höhe ein wie das Erdgeschoss. Während die alten, schwarzen Schindeln über die Jahre verwitterten und eine rosa Färbung annahmen, greift das neue Dach die Optik der Fassade auf: Hellgraue, längliche Kacheln zitieren die Klinker der original erhaltenen Mauern des Hauses. Darüber hinaus wurden im Dachgeschoss ein paar der Fenster vergrößert, verschoben oder hinzugefügt.
Bewusste Betonung
Der eigentlich größere Einschnitt in den Bestand fand im Erdgeschoss sowie teilweise auf der Kellerebene des Hauses statt. Absicht der Architekten war es, große Fenster auf der Rückseite und den Seiten des Hauses zu installieren, sodass sich dieses zum Garten und dem Sonnenverlauf nach öffnet. Dabei fanden Edouard Brunet und François Martens einen Weg, ihre jeweiligen Eingriffe bewusst herauszustellen. So rahmten sie jede der neu geschaffenen Öffnungen in Schwarz – was von innen wie die betonte Rahmung des Blickes ins Grüne wirkt.
Perspektiven erweitern
Ebenso schwarz ragt eine terrassenseitige Erweiterung des Baus in den Garten hinein, der zwei gemauerte Windfänge weichen mussten. Dem Charakter des Hauses tut es in jedem Fall gut, so wird ein fließender Übergang von drinnen nach draußen geschaffen und große Glasschiebetüren bringen Tageslicht in Küche, Ess- und Wohnbereich. „Um so gut wie möglich die visuelle Präsenz der Säulen und der Schiebefensterrahmen des Anbaus zu minimieren, wurden diese aneinander ausgerichtet“, erklären die Architekten. Dieses Detail erziele einen einfachen und rhythmischen architektonischen Ausdruck und betone die geschaffenen Blickachsen, etwa von der Eingangstür zur Terrasse. Ein einfacher Kniff, nämlich die Glasfront höher zu gestalten als die eigentliche Deckenhöhe, erlaubt es, sogar vom etwas tiefer gelegenen Wohnbereich bis in die Baumkronen im Garten zu blicken.
Mehr Transparenz, mehr Wohnlichkeit
Auch auf der eher geschlossenen Vorderseite des Hauses fanden die Architekten einen Weg, mehr Tageslicht bis in den Eingangsbereich zu bringen. Ein Dachfenster erhellt den oberen Flur und durch einen gläsernen Boden bekommt auch das Erdgeschoss noch natürliches Licht ab. Dadurch wird Transparenz neben hellen Holzfußböden zum tonangebenden Element dieses Hauses – und gleichzeitig der größte Unterschied zur früheren Wohnsituation. Beispielsweise wurde auch oberhalb der neu integrierten Kellertreppe im Wohnzimmer eine Barriere aus Glas geschaffen. Details wie diese unterstützen die fließenden Übergänge aller Wohnbereiche, die von den Bewohnern mit einer Mischung aus dänischen Klassikern und reduzierter Moderne eingerichtet wurden.
François Martens und Edouard Brunet ist es in ihrer Kooperation gelungen, ein eher abweisendes Gebäude in ein charakterstarkes Objekt zu transformieren – und das mit letztlich sparsamen Eingriffen. Das zweite Leben des Wohnhauses mit einer Gesamtfläche von nunmehr 370 Quadratmetern wird begleitet von Offenheit und Großzügigkeit, vor allem auf der Gartenseite. Gut, dass hier niemand den Bulldozer herbestellt hat.
FOTOGRAFIE Dennis De Smet
Dennis De Smet
Edouard Brunet
www.eb-architecture.euFrançois Martens
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