Gespaltene Persönlichkeit
Bruch im Fundament und schwarzer Beton: Ein Ferienhaus im mexikanischen Tepoztlán verschmilzt mit seinem Kontext.
Ein Haus, ein Spalt und zwei Boxen: Der Bungalow im mexikanischen Tepoztlán bietet nicht nur seinen Bewohnern die Möglichkeit, Anteil an der paradiesischen Landschaft zu nehmen, auch der Natur wird Raum zur Entfaltung in der Architektur gewährt. Ein Bruch, der das Haus in zwei Teile separiert, macht es möglich, dass sich Pflanzen einen Teil des Neubaus zu eigen machen.
Das kleine Haus ist nicht das erste an diesem Ort: Sein etwas älterer Vorgänger, die Tepoztlán Lounge, liegt in Sichtweite. Sie wurde von dem gleichen Architekturbüro entworfen und ebenfalls als temporäres Wohn- und Feriendomizil konzipiert.
Kleines Schwarzes
Der LMM Bungalow des mexikanisch-spanischen Architekturbüros Cadaval & Solà-Morales soll als Rückzugsort für gestresste Großstädter aus dem nahegelegenen Mexico City dienen: Die Metropole liegt keine 50 Kilometer von dem malerischen Ort Tepoztlán entfernt. Die Stadt gehört zu den „Pueblo Mágicos“ und damit zu den von offizieller Seite als „besonders sehenswert“ erachteten Plätzen des mittelamerikanischen Landes. Gutes Wetter und eine atemberaubende Natur bilden die Kulisse für eine Vielzahl exklusiver Ferienhäuser – und auch bei dem eher bescheidenen Neubau spielt die Landschaft die Hauptrolle. Wie eine überdimensionale Kamera sitzt der Bungalow auf einer Anhöhe und öffnet sich ausschließlich in eine Richtung, hin zum etwas tiefer liegenden Tal mit seinen exotischen Bäumen und Pflanzen. Weiter verstärkt wird der Eindruck eines architekturgewordenen Fotoapparats durch die schwarze Hülle aus Beton, die sich wie ein schützendes Gehäuse um den innenliegenden, fragilen Glaskörper legt. Für die Planer ging es bei der Farbwahl allerdings auch um eine Art Tarnung: Schwarz fällt in einem natürlichen Kontext am wenigsten auf.
Am Scharnier
Der Grundriss ordnet sich ebenfalls ganz der Landschaft unter, obwohl er mit einem interessanten Twist aufwartet: Die Architekten splitteten den Grundkörper in zwei Teile auf, die sie, zusammengehalten an einem imaginären Scharnier, leicht auseinander drehten. Dadurch entstanden separate, durch einen schmalen Spalt voneinander getrennte Raumkisten. In der einen liegt das Schlaf-, in der anderen das Wohnzimmer. Die Vorteile sahen die Planer nicht nur in einer differenzierteren räumlichen Sprache mit zwei unterschiedlichen Ausblicken, sondern auch in der Verzahnung mit der Natur. Der Bruch, der sich wie ein Keil in das Gebäude drückt, bietet Pflanzen und Tieren Platz, sich einen Teil des verloren gegangenen Geländes zurückzuerobern. Obwohl räumlich voneinander getrennt, sind beide Boxen über bodentiefe Fenster visuell miteinander verbunden. Der LMM Bungalow ist trotz seiner exklusiven Lage ein bescheidener Ort, der sich ganz dem Genuss der üppigen Natur und des subtropischen Wetters verschrieben hat: Das Haus bietet, zwischen und unter Bäumen liegend, ausreichend Schutz und Intimsphäre für seine Bewohner – und öffnet sich doch radikal nach außen.
FOTOGRAFIE Sandra Pereznieto, Diego Berruecos
Sandra Pereznieto, Diego Berruecos