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Grotte 2.0

von Julia Bluth, 14.09.2012


Tropf, tropf, tropf.... das Geräusch stetig nachsickernden Wassers erzeugt einen endlosen Widerhall in der kühlen Höhle. Stalagtiten und Stalagmiten werfen bizarre Schatten. Auf den ersten Blick wirken die Höllgrotten wie eine Tropfsteinhöhle aus dem Bilderbuch: unheimlich, magisch, zivilisationsfern. Doch auch hier ist längst die Neuzeit angekommen. Energieeffiziente LED-Beleuchtung, Multimediashow und App sollen helfen, wieder mehr Besucher in die alte Grotte zu locken.


Die Höllgrotten im schweizerischen Kanton Zug entstanden vor rund 6.000 Jahren. Ende des neunzehnten Jahrhunderts während des Eisenbahnbaus entdeckt, entwickelte sich die faszinierende Höhlenformation aus Tuffstein schnell zu einem beliebten Ausflugsziel. Da jedoch seit den fünfziger Jahren nur das Nötigste unterhalten wurde, war die Beleuchtungsanlage reparaturbedürftig und die schummerige Präsentation der Höhle nicht mehr auf der Höhe des Zeitgeistes. Gemeinsam mit Roland Eberle von der Züricher Agentur für Ausstellungsgestaltung und Innenarchitektur re.form entwickelten die Betreiber der Höllgrotten ein modernes Konzept für das unterirdische Naturschauspiel.

Höhlenforscher als Lichtplaner

Das wichtigste Element in der Umgestaltung bildet die neue LED- Beleuchtung. 120 Jahre lang hatten Glühlampen die Höhle in ein einheitliches Braungelb getaucht, das feine Farbunterschiede und Kontraste für das menschliche Auge unsichtbar werden ließ – während der UV-Anteil im Licht an vielen Stellen sogar zu unerwünschtem Mooswachstum führte. Ein weiteres Problem bestand in den hohen Energie- und Wartungskosten: Zwei der verbrauchsintensiven Glühlampen mussten durchschnittlich am Tag ausgewechselt werden.

Nun erhellen 250 LED-Leuchten mit je ein bis zwei Watt Leistung die besonders auffälligen Nischen und Tropfsteinformationen. Montiert wurden sie von Spezialisten aus der Höhlenforschung, die genau wussten, welche Details hervorzuheben waren. Dank der tageslichtähnlichen Lichtqualität der LEDs sind nun zum ersten Mal die verschiedenen Farbtöne der Gesteinsformationen erkennbar, deren Spektrum von Grün- über Orange bis hin zu Blautönen reicht. Ein weiterer Vorteil der korrosionsfesten Lampen ist , dass sie praktisch wartungsfrei sein werden: Zwanzig Jahre sollen die LEDs leuchten und dabei im Vergleich zu den alten Glühlampen bis zu 90 Prozent Energie einsparen.

Dank der bis zu drei Bar wasserdichten LED-Spots können nun auch die kleinen Seen dramatisch ausgeleuchtet und die zwei besonders auffälligen, aus dem Wasser ragenden Gesteinsformationen „Schildkröte“ und „Krokodil“ in Szene gesetzt werden. RGB-LEDs ermöglichen im sogenannten „Zauberschloss“, einem der Höhepunkte der Grotte, eine farbige Lichtshow.

Höllgrotten multimedial


Neben der Beleuchtung wurden weitere grundsätzliche Veränderungen umgesetzt: Die Höllgrotten verfügen nun über eine neu gestaltete Webseite und über einen als App herunterladbaren Audioguide, der vor allem für Familien entwickelt wurde. Das neue Maskottchen, ein kleiner Teufel, wandert mit einer Familie in zehn Stationen durch die Tropfsteinhöhle. Dazu werden Musik- und Lichtinszenierung auf die Geschichte abgestimmt.

Über zwei Jahre hat es gedauert, die alten Höllgrotten atmosphärisch und medial neu zu inszenieren. Mit dem Ergebnis sind alle Beteiligten mehr als zufrieden und erhoffen sich Vorbildcharakter für andere Grottenerneuerungen. Ob Multimediashow, App und Audioguide wirklich das sind, was sich Besucher von einer 6.000 Jahre alten Tropfsteinhöhle erhoffen, bleibt abzuwarten. Manchmal ist Zeitgeist eben auch die Sehnsucht nach Abkehr vom Zeitgeist.
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