Projekte

Gut gebaute Gazelle

Das Architekturbüro Bronsvoort Blaak hat für den Radhersteller Gazelle ein historisches Gebäude in einen modernen Produktionsort verwandelt.

von Claudia Simone Hoff, 18.05.2016

Freie Sicht auf die Fahrradproduktion: Das Architekturbüro Bronsvoort Blaak hat für den niederländischen Fahrradhersteller Gazelle ein historisches Gebäudeensemble in einen modernen Produktionsort verwandelt. Mit dabei: ein Backsteinbau von 1902, ein lichtdurchflutetes Atrium, jede Menge Fahrräder und am Boden feinstes Steinzeug von Ceramiche Refin.

Gazelle steht in verschnörkelten Jugendstil-Lettern über dem Eingangsbereich des imposanten roten Backsteingebäudes. Im Wilhelminaweg 8 im niederländischen Dieren befindet sich der Unternehmenssitz von Koninklijke  Gazelle, dem größtem Fahrradhersteller der Niederlande. Hier hatte Willem Kölling 1892 einen Fahrradhandel eröffnet und war damit so erfolgreich, dass er kurzerhand beschloss, seine eigenen Fahrräder zu bauen – und der neuen Firma den klingenden Namen Gazelle gab.

Unter einem Dach
Das Fabrikensemble besteht aus mehrere Gebäuden, die in verschiedenen Epochen und Stilen erbaut wurden: ein Backsteingebäude mit einer Fassade aus dem Jahr 1902, der sogenannte Belman-Flügel in der funktionalen Architektur der dreißiger Jahre sowie zahlreiche kleinere Nebengebäude. In Dieren, wo rund 350.000 Fahrräder pro Jahr vom Band laufen, soll das Unternehmen in den kommenden Jahren zum führenden Produzenten von Premium-E-Bikes in Europa ausgebaut werden, weshalb die gesamte Produktion neu aufgestellt wurde. Die Aufgabe für die Architekten war ziemlich umfassend: die Integration einer neuen Produktionshalle in das historische Bauensemble. Die Lösung: die komplette Sanierung der Bestandsbauten, die konzeptuell und gestalterisch mit dem Neubau verbunden wurden. „Wir haben eine große Erfahrung in der Gestaltung von öffentlichen Räumen, aber der Auftrag von Gazelle war etwas ganz Besonderes“, sagen die Architekten und beschreiben zugleich die Komplexität des Projekts: „bestehende Strukturen nutzen, Respekt vor der Vergangenheit zeigen und zugleich die modernste Fahrrad-Fabrik der Welt bauen.“

Licht & Luft
Das labyrinthische Durch- und Ineinander von Gebäuden und baulichen Ergänzungen wurde entwirrt und in ihrer Struktur vereinfacht, wobei Originalpläne und -zeichnungen den Architekten Anton Bronsvoort und Geert Henk Blaak als Vorlage dienten. In der neuen, 6800 Quadratmeter großen Produktionshalle – Innovation & Production Center genannt – werden bis zu 1000 Fahrräder pro Tag hergestellt. Ein breites, zur Straße ausgerichtetes Fensterband sorgt für Transparenz zwischen Innen und Außen. Räumliches Zentrum des Unternehmens ist das gläserne Atrium, das viel Tageslicht ins Innere bringt. Im Erdgeschoss befindet sich die Kantine für die Mitarbeiter, die Obergeschosse mit den Büros wurden mit weiten Fensterflächen zum Innenhof geöffnet, so dass sich für Mitarbeiter und Besucher attraktive Ein- und Durchblicke bieten. Überall verteilt im Gebäude: Fahrräder von Gazelle, dekorativ platziert in abgerundeten Schauboxen.

Auf dem Boden bleiben
Ein gestalterisch verbindendes Element zwischen den verschiedenen Gebäudeteilen ist der zurückhaltende und doch elegante Fußboden, der in den Bestandsbauten und auch in der neuen Produktionshalle zum Einsatz kommt: die Kollektion Pietre di Borgogna Diamante des italienischen Herstellers Ceramiche Refin, hier im Großformat von 90 mal 90 Zentimetern. Die Feinsteinzeug-Fliesen im hell-warmen Farbton Diamante sind inspiriert von natürlichem Kalkstein aus dem Burgund – täuschend echt bis hin zum unregelmäßigen Muster, den zarten Äderungen und fossilen Muscheln der Oberfläche. Die quadratischen Fliesen passen sich schön ihrer historischen Umgebung an.

Schlank und schnell
Atmosphärische Elemente wie alte Fliesen, Türen und Handläufe, die Einbindung der Produktionsabläufe in die Architektur, eine optimierte Wegeführung, ein helles, offenes Interior mit einer Gesamtnutzfläche von 27.500 Quadratmetern – das ist das Ergebnis der sorgfältigen Planung des Architekturbüros Bronsvoort Blaak, das auch von einem engen Budget und den strengen Bestimmungen des Denkmalschutzes gelenkt wurde. Nicht mehr nur die Fahrräder der Niederländer sind schlank und schnell wie eine Gazelle. Nun wird auch der Produktionsstandort dem Unternehmensnamen gerecht. Rund 450 Mitarbeiter dürfen sich freuen: über einen Arbeitsplatz, der licht, komfortabel und ziemlich inspirierend ist.

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Links

Projektarchitekten

Bronsvoort Blaak Architecten

www.bronsvoortblaak.nl

Projekt

Fahrradfabrik Koninklijke Gazelle

www.gazelle.de

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