Häuser des Lichts
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Der Kindergarten Leimondo Nursery School am Rande der japanischen Kleinstadt Nagahama ist ein architektonischer Lichtblick inmitten vorstädtischer Einöde. Das Gebäude des Tokioter Architekturbüros Archivision Hirotani Studio besticht vor allem durch die ausgefallene Formensprache seiner Dachkonstruktion: Sieben pyramidenartige Lichtschächte leiten gezielt Tageslicht in die darunter liegenden Räumlichkeiten.
„Häuser des Lichts“ nennen die Architekten Yoshihiro Hirotani und Yusaku Ishida die konisch zulaufenden Räume in dem von ihnen gestalteten Kindergarten. Sie verteilen sich gleichmäßig über die gesamte Gebäudefläche von rund 690 Quadratmetern und erfüllen verschiedene Funktionen, die bei der der Betreuung von Säuglingen und Kleinkindern anfallen: Vom Spielraum über das Musikzimmer bis zu den Sanitärräumen mit kindgerechter Miniaturausstattung.
Sieben Häuser des Lichts
Die sieben Räume sind überwiegend in „ruhigen“ Farben gehalten, die von abgetönten Blautönen über pastellgrün und -gelb bis zu rosa reichen. Die quadratischen und rechteckigen Fenster in den Seitenwänden der Lichtschächte sind nach allen vier Himmelsrichtungen ausgerichtet und lassen somit den Wechsel der Jahres- und Tageszeiten für die Kinder natürlich erlebbar werden. Der gezielte Lichteinfall lässt eine effektvolle Tageslicht-Beleuchtung entstehen, die selbst die Kleinsten dazu einlädt, mit den Sonnenstrahlen zu spielen – oder, wie es die beiden Architekten in japanischer Manier formulieren, „sich am Geschenk des Lichts zu erfreuen“. Gleichzeitig wird die kindliche Wahrnehmung geschult, da Tageslicht eine natürliche Farbwiedergabe ermöglicht und das räumliche Sehen verbessert.
Die „Häuser des Lichts“ werden als Badezimmer, Aufenthalts- oder Mehrzweckraum genutzt und dienen der Strukturierung des Gebäudes. Einen zentralen Treffpunkt des Kindergartens bildet das sechste und größte „Haus des Lichts“, das allen Kindern als Mehrzweckraum zur Verfügung steht. Die Wände sind weiß, lediglich fünf bunte, in einer Reihe aufgehängte Uhren setzen einen auffälligen Farbakzent. Durch die hohe, schmal zulaufende Deckenform und den senkrechten Lichteinfall entsteht eine beinahe sakrale Atmosphäre der Ruhe. Hier fällt die Vorstellung, dass Origami in Japan zu den Unterhaltungsspielen von Kleinkindern zählt, besonders leicht.
Transparenz und Geometrie
Die holzverschalte Außenfassade der Leimondo Nursery School wird nach Süden hin über großflächige Fenster strukturiert, die den Blick auf einen Spielplatz freigeben und die Grenzen zwischen innen und außen verwischen. Die an der Südseite aufgereihten Betreuungsräume für Ein- bis Fünfjährige sind entsprechend durchflutet von Tageslicht, das als besonders anregend und konzentrationsfördernd und somit als wichtiger Bestandteil frühkindlicher Förderung gilt.
Die „Häuser des Lichts“ verfügen nicht über Türen, sondern sind über geometrische Durchbrüche in den Wänden jederzeit zugänglich. So dienen sie als Bindeglied zwischen den verschiedenen Räumlichkeiten und Altersgruppen. Es entsteht eine Atmosphäre der Weitläufigkeit und Transparenz, der es dank durchgehender Dielenböden und Wände in warmem Holzton jedoch nicht an Behaglichkeit mangelt. Die Durchgänge in Form von Dreiecken oder Quadraten sorgen für optische Reize, die in Kombination mit den verwendeten Wandfarben ein wenig den Eindruck eines großen Lernspiels erwecken. Allein die den Erwachsenen vorbehaltenen Konferenz- und Büroräume entziehen sich der allgemeinen Transparenz und befinden sich auf der weniger sonnenverwöhnten Nordseite des Gebäudes.
Licht und Wachstum
Die Leimondo Nursery School ist ein gutes Beispiel dafür, dass ästhetische Vorstellungen von Architekten durchaus vereinbar sind mit pädagogischen Ansprüchen von Eltern und Erziehern. Der Kindergarten bietet dank der vielen durchdachten Details die passende Atmosphäre für die frühkindliche Musik- und Kunsterziehung und besticht durch ästhetische Kompromisslosigkeit. Sicher hätte auch Friedrich Fröbel, der thüringische Urvater der Kindergarten-Idee, Gefallen an diesem Gebäude gefunden. Für ihn sollten Kinder in einem „Garten“ wie „gut gehegte Pflanzen“ heranwachsen - und wo könnten sie das besser als in einem „Haus des Lichts“?
FOTOGRAFIE Kurumata Tamotsu
Kurumata Tamotsu
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