Projekte

Hüttenzauber im Teufelstal

Feriendomizil von Atelier L’Abri in Kanada

Es muss nicht immer ein Grand­ho­tel sein: In der kanadischen Region Lac-Supérieur hat Atelier L’Abri das Feriendomizil Farouche Tremblant gestaltet – ein Cluster aus puristischen Finnhütten mit Blick auf die Laurentinischen Berge und eingebettet in die Felder eines Biobauernhofs.

von Norman Kietzmann, 16.01.2023

Der Mont-Tremblant-Nationalpark zählt 400 Seen und sechs Flüsse. Für Wanderungen und Radtouren ist er ebenso geeignet wie als Skigebiet. 130 Kilometer sind es bis nach Montreal, 140 Kilometer bis in die Hauptstadt Ottawa. Dass es an diesem Ort durchaus bodenständig zugehen kann, zeigt die Ferienunterkunft Farouche Tremblant im Tal des Devil's River. Auf der Nordseite des Chemin du Lac-Supérieur, der Hauptstraße des Örtchens Mont-Tremblant, passieren die Gäste bei ihrer Ankunft mehrere Gewächshäuser, Blumenwiesen und Felder. 100 Hektar Land, der Großteil davon unberührt, gehören zum Biobauernhof mit Gästebetrieb.

Rustikaler Charme
Als Rezeption dient eine Scheune, in der saisonale Gemüse von den umliegenden Feldern sowie lokale Käsesorten verkauft werden. Der Neubau wurde von Atelier L’Abri nicht nur geplant. Das auf Holzbau spezialisierte Büro in Montreal hat ebenso die Baumaßnahmen ausgeführt. Die Scheune dient auch als gastronomischer und sozialer Mittelpunkt: Hinter einer U-förmigen Bar schließt sich ein kleines Restaurant mit sechs Tischen an, wo ausschließlich Speisen aus den Erzeugnissen des Bauernhofes zubereitet werden. Die hölzerne Materialität der Stühle und Tische korrespondiert mit der Verkleidung des offenen Dachstuhls mit Brettern aus Hemlock-Tannen. Das Holz verbreitet einen angenehmen Duft und unverkennbar rustikalen Charme. Wie bei traditionellen Bauernhäusern in der Region üblich, sind die Dachflächen mit kohlefarbenen Stahlblechen verkleidet.

Ums Feuer versammelt
Nach Westen öffnet sich sich der Speisesaal mit großen Panoramafenstern zum Fluss und den Gipfeln der Laurentinischen Berge. An den beiden Seitenwänden können gläserne Schiebetüren geöffnet werden, um Zugang zu zwei Terrassen zu gewähren: Die eine ist in der warmen Jahreszeit mit weiteren Tischen und Stühlen möbliert. Auf der anderen Terrassenseite gruppieren sich um eine offene Feuerstelle ganzjährig vier Adirondack Chairs. Die Gartenstühle hat der Amerikaner Thomas Lee 1905 für sein Sommerhaus in Westport im Bundesstaat New York entworfen. Bis heute erfreuen sie sich vor allem in den Neuenglandstaaten und in Kanada großer Beliebtheit.

Erhöhtes Refugium 
Wem es auf den Stühlen zu kalt wird, der kann sich an einem offenen Kamin aufwärmen, der vor der Fensterfront im Inneren des Restaurants platziert wurde. Oberhalb der Bar haben die Planer*innen von Atelier L’Abri ein Zwischengeschoss eingezogen, das als kollektives Wohnzimmer dient. Die Gäste können hier auf einem Sofa oder einem Sessel Platz nehmen. Von einem mit Bänken flankierten Tisch lässt sich das Geschehen im Restaurantbereich überblicken. Die erhöhte Position des Wohnzimmers lässt auch die Temperaturen steigen. Ein gemütlicher Rückzugsort, der vor allem in der kühlen Jahreszeit seine volle Wirkung entfaltet.

Zickzack in der Landschaft
Vom Restaurant führen Wanderwege in die umliegenden Berge hinauf. In südliche Richtung gelangen die Gäste zu den Unterkünften der Farouche Tremblant, die ebenso von Atelier L’Abri gestaltet und errichtet wurden. Die Dächer der vier puristischen Finnhütten sind mit Zedernholzschindeln verkleidet. Indem die Dächer bis zum Boden hinabreichen, erhalten die kompakten Häuser eine prägnante A-Silhouette. Im Vierer-Verbund entsteht so eine Zickzack-Formation, die aus den Büschen am Flussufer deutlich herausragt. Zugleich wirken die Dächer wie Echos auf die Tannen, die sich hinter den Hütten mit ihren spitz zulaufenden Kronen nach oben verjüngen.

Dreieckiges Doppel
Die Rückseiten der Häuser sind mit den gleichen Zedernholzschindeln verkleidet wie die Dächer. Sie werden jeweils von einem vertikalen Fenster durchbrochen. Der Zugang erfolgt auf der gegenüberliegenden Seite über eine vorgelagerte Terrasse. Sie ist um drei Stufen erhöht und ebenso aus Holz gebaut. Ihr dreieckiger Zuschnitt greift die Dachform auf. Fast könnte man meinen, die Terrasse wäre ein immer bleibender Schattenwurf der Architektur: nicht in präziser Abmessung, sondern in legerer Annäherung. Atelier L’Abri kombinierten hier ganz nonchalant die Formen eines spitzen und eines gleichschenkligen Dreiecks.

Dichte Nebelschwaden
Das Innere der Hütten ist überaus spartanisch eingerichtet: Ein Doppelbett wird seitlich von den beiden Dachflächen eingefasst. Das Kopfende schließt bündig mit dem Fenster an der Nordseite ab. Der Bettkasten ist erhöht, sodass das abgesenkte Fußende als Rückenlehne für eine angeschlossene Sitzbank dient. Davor haben die Gestalter*innen zwei kleine Sitzhocker sowie einen frei stehenden Ofen platziert. Mehr braucht es nicht.

Der Star in dieser Umgebung ist ohnehin die Aussicht: Die gesamte Südfassade ist einschließlich der mittig platzierten Eingangstür verglast, sodass die Blicke hinaus in die Flusslandschaft und die Berge wandern. Wenn dichte Nebelschwaden aus dem Gewässer aufsteigen oder das Mondlicht für dramatische Schattenwürfe sorgt, sind die Hütten ganz in ihrem Element: Sie definieren Orte der Einkehr, um wieder Kräfte zu tanken für all die Ablenkungen, die die Gäste im Alltag erwarten.

Facebook Twitter Pinterest LinkedIn Mail
Projektinfos
Projekt Farouche Tremblant
Ort Lac-Supérieur, Québec, Kanada
Entwurf Atelier L'Abri
Fläche 464 Quadratmeter
Projektteam Stefania Praf, Charles-Édouard Dorion, Vincent Pasquier, Nicolas Lapierre, Francis Martel-Labrecque
Produkte Lepage Millwork, Vicwest, Scierie Armand Duhamel & Fils, Entrepôt du Cèdre
Fertigstellung 2022
Links

Entwurf

Atelier L’Abri

labri.ca

Projekt

Farouche Tremblant

www.farouche.ca

Mehr Projekte

Skandinavisches Design für britische Küstenluft

Vestre möbliert Strandpromenaden von Roker und Seaburn

Vestre möbliert Strandpromenaden von Roker und Seaburn

Urbaner Abschlag

Industriell geprägter Indoor-Golfplatz Muni in Montreal von Ivy Studio

Industriell geprägter Indoor-Golfplatz Muni in Montreal von Ivy Studio

Geschichtsträchtige Oase

Parkhotel Mondschein mit Bar und Restaurant Luna in Bozen von Biquadra

Parkhotel Mondschein mit Bar und Restaurant Luna in Bozen von Biquadra

Holz und Stein im alpinen Dialog

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Apartmenthaus Vera von atelier oï und CAS Architektur in Andermatt

Astrohütten im Alentejo

Tiny Houses von Madeiguincho unter Korkeichen und Kosmos

Tiny Houses von Madeiguincho unter Korkeichen und Kosmos

Der Fjord als Bühne

Sauna Trosten in Oslo von Estudio Herreros

Sauna Trosten in Oslo von Estudio Herreros

Mehr als heiße Luft

Saunen inmitten der Natur

Saunen inmitten der Natur

Hygge auf Tschechisch

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge

Umbau des Cottage Two Sisters von Denisa Strmiskova Studio im Isergebirge

Die rosaroten Zwanziger

Umbau der Casa 1923 in Faro von PAr Plataforma de Arquitectura

Umbau der Casa 1923 in Faro von PAr Plataforma de Arquitectura

Wohnmaschine Reloaded

Umbauprojekt Unit-15 in Basel von Katrin Greiling

Umbauprojekt Unit-15 in Basel von Katrin Greiling

URLAUB DAHEIM

Apartmenthotel in Pfronten von Stein + Buchholz Architekten

Apartmenthotel in Pfronten von Stein + Buchholz Architekten

Ruf der Wildnis

Holzhäuser Territoire Charlevoix von Atelier L’Abri in Kanada

Holzhäuser Territoire Charlevoix von Atelier L’Abri in Kanada

Zwischen Erbe und Erneuerung

JKMM Architects und Fyra haben Alvar Aaltos Haus der Kultur in Helsinki umgebaut

JKMM Architects und Fyra haben Alvar Aaltos Haus der Kultur in Helsinki umgebaut

Tanzen mit OMA

Nachtclub Klymax auf Bali in Kooperation mit DJ Harvey

Nachtclub Klymax auf Bali in Kooperation mit DJ Harvey

Blick in die Unendlichkeit

Ferienhaus von Block722 auf der griechischen Insel Syros

Ferienhaus von Block722 auf der griechischen Insel Syros

Disko unterm Fresko

Umbau einer Villa am Comer See durch J. Mayer H.

Umbau einer Villa am Comer See durch J. Mayer H.

Rohbau unter Palmen

Das Boutiquehotel Nico im mexikanischen Surferort Sayulita von Hybrid und Palma

Das Boutiquehotel Nico im mexikanischen Surferort Sayulita von Hybrid und Palma

Urbanes Wohnzimmer

Teehaus Basao Panji in Xiamen von Building Narrative

Teehaus Basao Panji in Xiamen von Building Narrative

Paradis in Ostende

Kuratiertes Kunst- und Designapartment

Kuratiertes Kunst- und Designapartment

Alpine Kontraste

Moderne Chalets im Skigebiet Les Trois Vallées

Moderne Chalets im Skigebiet Les Trois Vallées

Residenz in der Schwebe

Ein Wipfel-Nest von i29 in den Niederlanden

Ein Wipfel-Nest von i29 in den Niederlanden

Skandinavien im Unterallgäu

Umbau eines Bauernhofs in moderne Ferienwohnungen

Umbau eines Bauernhofs in moderne Ferienwohnungen

Locke lockt

(Apart-)Hotel von Grzywinski+Pons an der Spree in Berlin

(Apart-)Hotel von Grzywinski+Pons an der Spree in Berlin

Chalet mal anders

Minimalistisches Berghotel in Südtirol von Martin Gruber

Minimalistisches Berghotel in Südtirol von Martin Gruber

Aufwachen im Schnee

Ferienhaus bei Oslo von Fjord Arkitekter

Ferienhaus bei Oslo von Fjord Arkitekter

Infrastruktur fürs Glück

Bibliothek in Kirkkonummi von JKMM

Bibliothek in Kirkkonummi von JKMM

Stille Ecke

Pretziadas La Residenza auf Sardinien

Pretziadas La Residenza auf Sardinien

Utopie unter der Sonne

Atelier du Pont gestaltet das Hotel Son Blanc auf Menorca

Atelier du Pont gestaltet das Hotel Son Blanc auf Menorca

Eine Ausstellung, die Stellung bezieht

Fotografiska Berlin im einstigen Tacheles von Studio Aisslinger

Fotografiska Berlin im einstigen Tacheles von Studio Aisslinger

Alpenchic mit Sixties-Vibe

Das Hotel The Cōmodo in Bad Gastein

Das Hotel The Cōmodo in Bad Gastein