Im Bad mit Mr. Chipperfield
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Luxushotels gibt es viele. Doch selten sind sie gestalterisch so gelungen wie das gerade wiedereröffnete Café Royal. David Chipperfield Architects hat mit der Umgestaltung des legendären Hauses ein Highlight der Londoner Hotellerie geschaffen. Ihm gelingt der Spagat zwischen Luxus und vornehmer (englischer) Zurückhaltung. Das zeigt sich insbesondere an der Gestaltung der Badezimmer.
Vier Jahre haben Umbau und Sanierung des denkmalgeschützten Gebäudes aus dem 19. Jahrhundert in der Regent Street direkt am Piccadilly Circus gedauert. Das Fünf-Sterne-Hotel verfügt über 159 Zimmer und Suiten, sechs davon in historischem Ambiente. An die ruhmreiche Vergangenheit erinnern nicht nur die Suiten. Insbesondere die gastronomischen Einrichtungen wie der legendäre Grill Room atmen den Geist des vergangenen Jahrhunderts. Mit allem, was dazu gehört: vergoldete Stuckaturen, Ölgemälde, üppige Kristalllüster, Buntglasfenster, Kamine und Brunnen aus Marmor. Für die denkmalgerechte Sanierung arbeiten David Chipperfield Architects eng mit dem auf historische Gebäude spezialisierten Architekturbüro Donald Insall Associates zusammen.
Reich, berühmt & schön
1865 hatte der nach London eingewanderte Franzose Nicholas Thévenon das Café Royal als gastronomischen Betrieb eröffnet, der sich rasch zu einem Treffpunkt der Intellektuellen, Reichen und Berühmten entwickelte. Hier trafen sich Oscar Wilde, Virginia Woolf und Winston Churchill, später machten hier Liz Taylor und Richard Burton, David Bowie und Mick Jagger die Nacht zum Tag. Heute gehört das Hotel zur israelischen Hotelgruppe The Set, die nach dem von Piero Lissoni gestalteten Hotel The Conservatorium in Amsterdam nun ein zweites Luxushotel im Portfolio hat. Die Idee: Ein historisch und architektonisch bedeutsames Gebäude wird in ein luxuriöses, gestalterisch anspruchsvolles Hotel umgewandelt.
Marmor, Stein & Messing
Im Unterschied zu den öffentlichen, im historistischen Stil gehaltenen Räumen sind die Zimmer des Café Royal zurückhaltend gestaltet und muten in ihrer Reduziertheit beinahe japanisch an. Die Zimmer sind geräumig, wobei die Größen von 30 Quadratmetern (Portland Rooms) bis zu 212 Quadratmetern (Empire Suite) reichen. Bereits die niedrigste Zimmerkategorie wartet mit einem Vorraum – samt Einbauschrank, Lederbank und Kitchenette mit Nespresso-Maschine –, Badezimmer und Schlafraum auf. Im Interior beschränkt sich der Farbeinsatz auf wenige gedeckte Töne wie Braun, Beige und Curry. Die Materialien sind Portland-Stein – als Reminiszenz an die Fassadenverkleidung des Gebäudes – Carrara-Marmor, Leder und Messing. Neben einem Fußboden aus Eichenholz sind es die Steinarbeiten, die in ihrer Materialität beeindrucken: Raumhoch sind die Wände und im Badezimmer auch der Fußboden mit den querformatigen, bossierten Steinen verkleidet. Als gestalterischen Clou hat das breite, bequeme Bett eine Rückwand aus Leder erhalten, die – ebenso wie die Türen des Einbauschranks – die Form der behauenen Steinplatten aufnimmt.
Das gestalterisch stringente Konzept wird bis ins kleinste Detail durchgesetzt. Die satinierten Glastüren zum WC und zur Dusche haben beispielsweise statt eines Türgriffs eine kreisrunde, mit Messing ausgelegte Aussparung, sämtliche Knäufe und Hebel – für die WC-Spülung, das Licht oder die elektrisch verschließbaren Vorhänge – sind flächenbündig in die Wand eingelassen und außerordentlich fein verarbeitet. Genau wie die Ledersessel und Marmor-Beistelltische oder die Chipperfield-Stehleuchte von Driade Home Office. Ebenso ist das in den Zimmern eingesetzte, interaktive Entertainment-System erwähnenswert. Das TV-Gerät BeoVision 11 des dänischen Herstellers Bang & Olufsen verfügt nicht nur über eine hervorragende Bild- und Klangqualität – es passt sich mit seiner schlichten geradlinigen Optik genau in die elegante Ästhetik ein.
Regendusche, Hammam & Swimmingpool
Betritt man das Badezimmer durch die Paravent-ähnlichen Glas-Messing-Türen, gehen von einem großen Vorraum mit Waschbecken und Badewanne zwei satinierte Glastüren ab: eine führt in die Toilette, die andere in den Duschraum, der mit einer Regendusche ausgestattet ist. Badewannen und Waschbecken sind aus einem Stück Carrara-Marmor gefertigt. Ergänzt wird dieser Luxus um eine Fußbodenheizung und die Dornbracht-Armatur Tara von Sieger Design. Wer sich noch nicht ganz von der in der Decke eingebauten Regendusche erholt fühlt, kann ab Sommer dieses Jahres das Akasha Holistic Wellbeing Centre besuchen. Auf 1.200 Quadratmetern locken im Spa dann ein ebenfalls mit Carrara-Marmor ausgestattetes Hammam und ein beheizter 18-Meter-Indoorpool.
Auf manch einen mögen komplett mit Carrara-Marmor ausgestattete Badezimmer wie längst überholt geglaubter Luxus erscheinen. Doch sind es bei diesem Projekt die Details – die Bossierung der Wandplatten, die aus einem Stück Stein gefertigten Wannen und Becken, die reduzierten Materialkombinationen –, die den Räumen einen völlig neuen Look verleihen. So viel Luxus hat natürlich seinen Preis – doch wenigstens sind die 400 Britischen Pfund pro Nacht stilvoll investiert.
[Fotos 2, 8 und Teaser: Claudia Simone Hoff]
FOTOGRAFIE Hotel Café Royal
Hotel Café Royal
Links
Donald Insall Associates, London
www.insall-architects.co.ukArmaturen: Dornbracht
www.dornbracht.comEntertainment-System: Bang & Olufsen
www.bang-olufsen.comMehr Projekte
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