Japanisch wohnen in London
Apartment im Barbican-Komplex von Takero Shimazaki Architects

„Es ist ein standort- und kundenspezifischer architektonischer Dialog – in Sprache, Tradition, Renovierung“, sagt Takero Shimazaki über sein Projekt im Londoner Shakespeare Tower. Für seine Bauherren, die viele Jahre in Japan und Skandinavien gelebt haben, gelang ihm ein harmonischer Hochhaushybrid, der westliche und fernöstliche Konzepte harmonisch miteinander verwebt.
Für die einen kalte Betonhölle, für die anderen kulturelles Paradies: Der brutalistische Barbican-Komplex in Londons Innenstadt ist gleichzeitig ein Kulturzentrum und das Zuhause von insgesamt 2.000 Bewohner*innen. Entworfen in den Siebzigerjahren von Chamberlin, Powell & Bon und benannt nach Englands berühmtestem Schriftsteller, ragt hier der Shakespeare Tower mit 123 Metern in die Höhe. Er kann zwar nicht mehr den Titel des höchsten Wohngebäudes Europas für sich reklamieren, besitzt mit seiner kantigen Betonfassade aber noch immer eine markante Präsenz in der britischen Metropole.
Skandinavien trifft Japan
Der starke Charakter des Gebäudes war auch den Bauherren durchaus bewusst. „Trotzdem wollten wir ein Design, das unsere eigenen Lebenserfahrungen widerspiegelt“, sagen sie über ihre Zeit in Asien und Skandinavien. Das ebenfalls in London ansässige Büro Takero Shimazaki Architects, das für dieses Projekt mit einer japanischen Planerin zusammenarbeitete, sollte der riegelförmigen Dreizimmerwohnung typisch japanische Charakteristiken verleihen. Außerdem benötigten die Bewohner eine geeignete Kulisse für ihre Sammlung dänischer Möbel, japanischer Leuchten, koreanischer Töpfe und schwedischer Gemälde.
Fließende Übergänge
Inzwischen verfügt das Apartment über einen weitläufigen Ess- und Wohnbereich, dessen Funktionen fließend ineinander übergehen. Trotzdem war keine gänzlich offene Fläche gewünscht, bei der der gesamte Raum auf den ersten Blick ersichtlich ist. Vielmehr seien sie an Dingen interessiert, die verborgen erscheinen und nur allmählich entdeckt werden können, sagen die Auftraggeber und lehnen sich damit an asiatische Gestaltungsweisen an.
Tatamimatten und Terrazzo
Über den Eingangsbereich gelangt man zur einen Seite durch einen schmalen Korridor zum Schlafzimmer der Bewohner. Auf der anderen Seite der Wohnung befinden sich verschiedene Sitzgruppen, ein Klavier und die Küche. Sie ist inzwischen als eigener Raum im Raum mit hölzernen Fenstern vom Wohnzimmer separiert, ermöglicht aber den Blick auf den angegliederten Innenraum, den Balkon und die Stadt. Das ehemalige zweite Schlafzimmer verwandelten die Architekten in einen japanischen Raum, den sie mit Tatamimatten auslegten. Seine zwei, dem Wohnraum zugewandten Wände ersetzten sie durch hölzerne Schiebetüren, wodurch sich das Zimmer auf Wunsch abgrenzen lässt. Sonst bildet es mit den anderen Wohnarealen ein Raumkontinuum, bei dem eine mit Terrazzo verkleidete Säule und die variierenden Oberflächen auf dem Boden für optische Gliederungen sorgen.
In den Wolken wohnen
Der Teppichboden aus gewebter Wolle entspräche der Farbe blasser Wolken, erzählen die Bauherren, die westliche Standards auch in der Farbwahl hinterfragten und bewusst umdrehten. Statt die Decken weiß zu tünchen, ließen sie diese mit massivem Kirschholz verkleiden. Ein „warmes und friedliches Ambiente“ in der brutalistischen Stadtwohnung erreichen die Planer außerdem mit Wänden aus Lehmputz, Einbauschränken aus Holz und einem Eingangsbereich mit Arai-Dashi-Kieseln auf dem Boden. Damit verzichten sie auf aufregende Farben und richten das Augenmerk lieber auf eine Vielzahl reizvoller Texturen sowie auf die eindrucksvollen Ausblicke nach draußen.
Mit diesem Umbau innerhalb des berühmten Londoner Wolkenkratzers entwickelte das Planerteam von Takero Shimazaki Architects viele feinfühlige Strategien, die für eine austarierte Stimmung sorgen.
FOTOGRAFIE Anton Gorlenko
Anton Gorlenko
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