Japanisches Doppel
Zwei Stadthäuser mit fernöstlichen Einflüssen in Düsseldorf von Nidus

Zwei Townhouses in Düsseldorf sind das erste Neubauprojekt des Architekturbüros Nidus. Mit schlichten Materialien und einem dramaturgisch gestalteten Grundriss beziehen sich die Wohnhäuser auf einen japanischen Baustil. Zugleich schlagen architektonische Referenzen eine Brücke zur rheinländischen Umgebung.
Nippon am Rhein nennen Düsseldorfer Touristiker*innen gerne ihre Stadt. Tatsächlich leben nirgendwo in Deutschland so viele Japaner*innen wie hier. Das ist ablesbar an den vielen japanischen Läden, Restaurants und Festivals, bisher aber weniger an den Bauten. Die Architektinnen des Büros Nidus haben das mit ihrem ersten, japanisch inspirierten Neubauprojekt namens Sankt Göres geändert. Zuvor hatte Nidus vor allem im Bestand gearbeitet. Ohne dem Briefing eines Bauherren oder einer Bauherrin folgen zu müssen, haben sie die beiden Townhouses geplant, gebaut und dann verkauft – an ein japanisch-dänisches Paar, das sich in der Architektur sofort wiederfand.
Einflüsse aus der Umgebung
Von außen betrachtet unterscheiden sich die beiden Neubauten nur dezent von ihrer Umgebung im dörflichen Vorort Kaiserswerth. Inspiriert von diesem Umfeld, entschieden sich die Architektinnen bei ihrer monolithischen Konstruktion für eine helle Klinkerfassade. Die Tür- und Fensterbögen geben dem Doppelhaus eine sakrale Anmutung, angeregt durch die denkmalgeschützte Diakonie in der Nähe, deren Baustil auch die umliegenden Stadthäuser beeinflusst hat. Den Architektinnen war es wichtig, dass sich die beiden Stadthäuser in den Kontext einfügen. Auch das leicht asymmetrische Satteldach passt in die Nachbarschaft.
Pure Materialien
Die farbliche und haptische Anmutung der Fassadenmaterialien wird im Inneren fortgeführt und ergänzt. So entsteht eine harmonische Symbiose von Außen- und Innenraum. Im Inneren sprechen natürliche, zurückhaltende Materialien für sich. Die Sichtbetondecke und geschliffene Estrichböden werden mit hellen, grün-grau gestrichenen Wänden und Einbauten aus Eiche kontrastiert. Prägnant sind die Eichenfenster, die mit dem schlichten Holzmobiliar korrespondieren. „Wir wählen immer Materialien, die schön altern und eine lebendige Patina entwickeln“, unterstreicht Caroline Steffen von Nidus. Eine in Holz eingefasste Couch schlägt einen ästhetischen Bogen zwischen Terrasse und Wohnraum und nimmt die Form des Gebäudes auf. In Zusammenarbeit mit der Berliner Textildesignerin Nadine Goepfert entstand außerdem ein Teppich aus Himalaya-Wolle und Seide, dessen Design aus den Grundrissen abgeleitet ist.
Räumliche Dramaturgie
Übergänge zwischen den Räumen sind ein zentrales Element der japanischen Architektur, das die Architektinnen von Nidus in ihren Entwurf einfließen ließen. „Wir legen in unseren Projekten großen Wert auf die dramaturgische Gestaltung eines Grundrisses: Wie erlebt man die Bewegung durch ein Haus? Inspiriert von japanischen Konzepten haben wir diese Herangehensweisen in unsere Arbeit integriert“, erklärt Caroline Steffen. Dramaturgische Abfolgen von Enge und Weite, von Bewegungs- oder Verweilräumen prägen das Projekt Sankt Göres und schaffen Wohnlichkeit. Ein Beispiel dafür ist der Wintergarten zwischen Wohnraum und Garten, der an einen japanischen „Engawa“ erinnert, eine Veranda, angepasst an die klimatischen Verhältnisse. Die Badezimmer unter den hölzernen Dachschrägen im Obergeschoss sind als wohnliche Zimmer geplant – mit frei stehender Badewanne und bodengleicher Dusche. Dadurch erinnern sie an ein japanisches „Onsen“, eine heiße Quelle.
Als erstes Neubauprojekt von Nidus zeigt Sankt Göres, wie sich ein zurückhaltender japanischer Stil in die rheinländische Nachbarschaft einfügen kann, ohne als Fremdkörper wahrgenommen zu werden. „Dieses Projekt markierte den Beginn unserer Philosophie für zeitgemäßes Bauen und legte den Grundstein für unsere Herangehensweise an Neubauprojekte“, ordnet Caroline Steffen das Projekt ein. Zugleich habe sich durch das Projekt ihre Haltung zu ressourcenschonendem Bauen und ihr Blick auf Grundrissstrukturen geschärft. Auf weitere Nidus-Neubauten darf man gespannt sein.
FOTOGRAFIE Volker Conradus Volker Conradus
Projektname | Sankt Göres |
Architektur | Nidus |
Ort | Düsseldorf |
Bauzeit | 2020-2023 |
Fläche | 500 Quadratmeter |
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