Jenseits der Norm
XYZ Lounge von Künstler und Architekt Didier Fiúza Faustino in Gent

Als Zebrastraat werden ein Straßenzug und ein Kulturprojekt in Gent bezeichnet, in dem flexibles Wohnen, Kunst-, Kultur- und Diskussionsveranstaltungen zusammenkommen. Zentraler Treffpunkt ist die XYZ Lounge, bestehend aus Bar und Veranstaltungsräumen. Ihnen verlieh Didier Fiúza Faustino eine unverwechselbare Gestaltung und schuf so einen Ort zwischen zwischen Zukunft und Jenseits.
Immer wieder thematisiert der französisch-portugiesische Architekt Didier Fiúza Faustino das Verhältnis von Räumen, Körpern und Politik. Man findet nur wenige architektonische Projekte in seinem Portfolio, dafür aber eine Vielzahl von plastischen Werken, die er schon auf zahlreichen internationalen Ausstellungen und Kunstbiennalen präsentierte. In der Installation „Lampedusa“ setzte er sich mit dem Transport von Immigranten auseinander. Das 16 Meter hohe, treppenartige Objekt „Stairway to heaven“ behandelt die Ambivalenz von privaten und überwachten Räumen. Und das „One square meter house“, eine 17 Meter hohe Installation aus Stahl und Harz wirft Licht auf den Besitz von Land.
Raumkörper
Auch im Fall der XYZ Lounge ließ er es sich nicht nehmen, eine politisch-gesellschaftliche Thematik in den Fokus zu rücken und einen Innenraum zu schaffen, der durchaus künstlerische Züge hat. „Wie kann man in einer Zeit, in der soziale, sexuelle und geschlechtliche Identitäten in Frage gestellt werden, einen neutralen und sinnlichen Ort anbieten, der weder ein Symbol für soziale Faktoren noch ein Raum der Identität ist?“, fragt der subversive Kopf, der ein Studio in Paris führt.
Vor diesem Hintergrund überrascht es zunächst, dass man beim Blick auf den Grundriss an traditionelle Kirchenarchitekturen erinnert wird. „Die architektonische Intervention auf der 360 Quadratmeter großen XYZ-Lounge zielt darauf ab, die Nutzung und die Volumen der öffentlichen Räume neu zu definieren“, so der Planer. Er gliederte sie in Eingangshalle, Mittelschiff und Bar, Seitenräume und Zwischengeschosse. Innerhalb der Bar wird die sakrale Wirkung durch eine spitz zulaufende Decke und Oberlichter begünstigt. Sie verleihen dem Raum eine nach oben strebende Dynamik, wie man sie aus gotischen Architekturen kennt. Den Tresen platzierte er mittig und längsseitig im Raum, wodurch er optisch auf die perfekt symmetrische Bar hinweist. Und auch im Nebenraum verfolgte der Planer eine streng zentralistische Logik und eine sakrale Ästhetik. Hier ist es ein altarförmiges Rednerpult, das vor schweren, dunklen Vorhängen ruht. Der großzügige Einsatz von Marmor und Stuck tut sein Übriges.
Science-Fiction, Seligkeit und Sexappeal
Doch trotz der heiligen Andeutungen kann von ewiger Seligkeit keine Rede sein. Faustino bricht den religiösen Kanon mit zeitgenössischen, futuristischen Elementen und bringt seine Vorstellungen von Science Fiction, Romantik, Körperlichkeit und Erotik mit ein. In der XYZ Lounge stoßen geometrische Reliefs auf Textildecken, Stuckleisten auf Marmorplatten, Holzverkleidungen und Stoff, zartes Rosé und marmoriertes Beige auf komplementäre Akzente in Olivgrün. Das Licht erzeugen Beleuchtungsflächen, die die Räume in gleißendes Licht tauchen und so die futuristischen Anklänge unterstreichen. Die verwendeten Materialien hingegen sollen in ihrer Tonalität an Fleisch erinnern, so der Architekt.
Das Mobiliar der Lounge wurde von Faustino eigens entworfen. Seine konstruktive, grafische Gestalt hinterfragt klassische Möbelformen und kratzt förmlich an der harmonischen Atmosphäre, die durch Farbigkeit und Licht erzeugt wird. Das war beabsichtigt. „Die XYZ Lounge, die sich ihrer Dualität bewusst ist, projiziert uns in eine Romantik der Science-Fiction, die in ein unbekanntes und doch vertrautes Anderswo übergeht“, kommentiert Didier Fiúza Faustino. Ein anziehendes Anderswo.
FOTOGRAFIE Felipe Ribon
Felipe Ribon
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