Kanadischer Cocktail: die Arbeitswelt von Campari
Collage in Pastell: Für die Campari-Büros in Toronto ließen sich die Gestalter von einer früheren Werbekampagne inspirieren.
Die Geschichte von Campari ist nicht nur die eines leckeren alkoholischen Getränks, sie beinhaltet auch eine über 100 Jahre währende Tradition, mit Künstlern und Gestaltern zu kooperieren. Das Archivmaterial dieser Zusammenarbeit bildet einen gigantischen Fundus, den sich das kanadische Designstudio I-V zunutze gemacht hat. Es wurde mit der Gestaltung der neuen Campari-Firmenbüros in Toronto beauftragt und schuf einen collageartigen Mix aus Farben, Formen und Texturen – inspiriert von einem 89 Jahre alten Poster.
Der Auftrag lautete, einen Ort zu kreieren, der den Geist Camparis einfängt und die Leute inspiriert. Um die Zukunft zu gestalten, dachte sich das junge Designteam, sollte man den Blick zuerst in die Vergangenheit richten. Neben aktuelleren Kooperationen mit Künstlern wie Vanessa Beecroft und Tobias Rehberger fanden die kanadischen Designer Arbeiten der italienischen Futuristen und Künstler Fortunato Depero und Bruno Munari, die in den Zwanziger- und Sechzigerjahren Anzeigen für Campari gestaltet hatten. Insbesondere das 1928 erschienene Poster He Distractedly Put the Bitter Campari on His Head hatte es I-V angetan: Genau wie Depero, wollten sie ihre „Volumen auf einer Leinwand treiben lassen“, erklären die Architekten ihre Idee. Dazu haben sie die Zutaten, die ihnen zur Verfügung standen, gut durchgeschüttelt und eine abstrakte Raum- und Materialcollage geschaffen, bedeckt mit wundersamen Farben und Mustern.
Über Brücken und Treppen
I-V teilen das Büro in drei Bereiche ein: Eingang, Arbeiten und Versorgungseinrichtungen. Das Hauptaugenmerk bei der Planung lag auf der intelligenten Nutzung der großen, offenen Fläche und hohen Decken, nachdem die alte Industriehalle zuvor als Filmstudio genutzt wurde. Es sollten sowohl öffentliche als auch private Arbeitsbereiche entstehen. Wie auf dem Poster von Fortunato Depero schufen die Planer eine fließende, räumliche Struktur. Neben 16 Arbeitsplätzen, die sich als geschlossenes Cluster im Zentrum der Halle befinden, platzieren die Architekten unterschiedlich große Besprechungsräume als eigenständige Volumen in dem doppelgeschossigen Raum. Sie lassen sich über Türen, die mit Polycarbonat-Platten verkleidet sind, vollständig öffnen und an allen Seiten passieren. Über ihnen bieten Mezzanine einen öffentlichen Raum abseits der Arbeitswelt: Treppen und Brücken führen hinauf in eine reduzierte Relax-Landschaft mit pfirsichfarbenen Sofas und transparenten Tischen. Der vor den Augen der Arbeitenden verborgene Ort bietet Mitarbeitern und Gästen Platz für informelle Treffen oder kleine Pausen.
Farben, Muster und Texturen
Deperos Poster von 1928 war noch in Schwarzweiß – doch spätere Arbeiten des Futuristen und anderer Künstler im Auftrag Camparis strotzen nur so vor Farbe. Entsprechend rückten diese in den Mittelpunkt der Gestaltung von I-V. „Wir abstrahierten Farben, Muster, Texturen und Formen aus den Plakaten,“ erzählt der verantwortliche Planer Emil Teleki, „und schichteten sie, bis wir eine ausgewogene dreidimensionale Leinwand geschaffen hatten.“ Erste, sanfte Farbtupfer bieten die Kinesit-Bürostühle von Arper, die auch aufgrund ihrer weichen Formensprache perfekt in die neu gestaltete Arbeitswelt passen. Aber auch der gummibeschichtete Boden bringt Farbe ins Spiel und nutzt sie zur Zonierung der Bürolandschaft: dunkelblau steht für Erschließung und mintgrün für Arbeiten. Als Oberfläche für die Büromöbel, den obligatorischen Tresen und den großen Konferenztisch verwenden die Architekten das von Ettore Sottsass entwickelte Bacterio-Muster. Die rotweiße Struktur eine Reminiszenz an die originale Farbe von Campari, Karmin, die aus der Cochenillelaus gewonnen wurde. Die Wände von Halle und Besprechungsräumen wurden dagegen in Weiß und Grau gehalten, um für einen optisch ruhigen Rahmen zu sorgen. Der Übergang von Marke zu Raum gelingt I-V auf eine sehr organische Art – und durch die ungewöhnliche und kühne Architektur haben sie eine inspirierende und schöne Bürowelt geschaffen.
FOTOGRAFIE Lisa Petrole
Lisa Petrole
I-V
www.iviviviv.comLisa Petrole
www.lisapetrole.comMehr Projekte
Vertikal, vernetzt, und verantwortungsvoll
Hochhausensemble FOUR in Frankfurt von UNStudio
Lieblingsplatz mit Tiefgang
Lepel & Lepel bauen eine Büroetage im Duisburger H2 Office um
Neu aufgegleist
Umnutzung eines Ringlokschuppens in Osnabrück von Kresings
Alte Schule
Wohnlicher Co-Working-Space in London von Daytrip
Ab ins Beet
Bürolandschaft in Japan von DDAA für Kokuyo
Arbeiten im Penthouse
RHO gestaltet das neue Headquarter von Design Hotels in Berlin
Ganz der Kunst gewidmet
Atelier für eine Malerin in Germantown von Ballman Khapalova
Kreative Transformationen
Nachhaltiges Bauen mit regionalen Ressourcen und innovativen Produkten von JUNG
Lebendiges Labor
Umbau einer Büroetage zum dynamischen Testumfeld
Mehr Stimmung als Stromverbrauch
Innovative Beleuchtung von Fagerhult im Bol-Headquarter
Architektur zum Anbeissen
MoDusArchitects verwandeln das Loacker-Flaggschiff in Heinfels in eine räumliche Erlebniswelt
Ein Office für alle Fälle
Ippolito Fleitz Group und Brunner gestalten den Beiersdorf Campus in Hamburg
Charlottenburger Altbau(t)räume
Office Space von BBPA am Berliner Fasanenplatz
Vom Altar zum Arbeitsplatz
Büroumbau in ehemaliger Kirche mit Einrichtungslösungen von Kinnarps
Arbeiten wie aus einem Guss
Fellowes stattet elf ergonomische Arbeitsplätze in der Hamburger Speicherwerkstatt aus
Inspirationen am Fleet
Neu gestalteter Showroom von Kinnarps in Hamburg
Eine Stadt aus Räumen
Kollaborativer Arbeitsort von Alberto Hueso in Spanien
Tabula Casa
Die inspirierenden Studioräume von Nerea Apraiz in Bilbao
Nachhaltig auf allen Ebenen
Intelligente Lichtlösungen für den Bürokomplex Tripolis-Park in Amsterdam
Arbeiten in neuem Licht
BOS hat das eyeo-Büro in Berlin als Stadtrundgang inszeniert
Architekturwandel an der Alster
Umbau der BAT-Hauptverwaltung in Hamburg durch Ratschko Architekten
Kreative in der Konservenfabrik
Zirkuläres Büro-Interieur im belgischen Leuven von tweestroom
Büro auf Abruf
Meeting Suites by Bene in Wien
Rohbaucharme und Ruhezone
Modernes Bürokonzept von Delta Pods im Sky Park Bratislava
Bestand und Weitblick
Nachhaltige Transformation des DUO Towers in Düsseldorf durch DJH Architekten
Massivholz und Mixed-Use
Die Team 7 Welt von Matulik Architekten mit Vestre-Outdoormöbeln
Zirkuläre Raute
Bürogebäude The Cradle in Düsseldorf von HPP Architekten
Zukunft im Industriedenkmal
PLY Atelier gestaltet Ramboll-Office in den Berliner Wilhelm Hallen
Kalifornische Moderne
Fabrikhallenbüro nahe Hollywood von 22RE
Zwischen White Cube und Colour Blocking
Batek Architekten gestalten Prophylaxepraxis T7.2 in Berlin