Licht im Schacht
Die Stadt Bethlehem im US-amerikanischen Staat Pennsylvania war bis zu Anfang dieses Jahrtausends bekannt für sein Stahlwerk, das damals zweitgrößte der USA. Nach dem Konkurs des Werks 2001 wurde im vergangenen Jahr auf dem Gelände ein Casino inklusive Hotel, Bars und Restaurants eröffnet. Heute steht die Stadt Bethlehem landesweit für eine vorbildliche Revitalisierung eines ganzen Areals, denn dem Casino-Betreiber Las Vegas Sands ist es gelungen, die Industrie-Vergangenheit der Stadt mit dem neuen Geschäftsmodell zu verbinden. Und sogar die Hochöfen des traditionellen Werks glühen noch heute – durch eine Lichtinstallation der englischen Lichtdesigner von Speirs and Major.
Mehr als 150 Jahre rauchten in Bethlehem die Hochöfen. Hier wurde seit 1857 Stahl produziert, der sich noch heute in Monumenten wie dem Chrysler Building, dem Rockefeller Center oder der Golden Gate Bridge findet. In den Hochzeiten des Werks arbeiteten dort mehr als 30 000 Menschen, das Firmengelände von Bethlehem Steel glich einer kleinen Stadt mit eigener Polizeistation und Feuerwehr.
Vom Stahlwerk zum Casino
Bereits in den 1990er Jahren geriet das Werk durch günstigere Konkurrenz aus dem Ausland in finanzielle Schieflage, bis es 2001 schließlich Konkurs anmelden musste. Die Stadt Bethlehem verlor ihre ökonomische Lebensader und erhielt dafür ein industrielles Brachland von fast sechseinhalb Quadratkilometern, das durch die jahrzehntelange Belastung mit giftigen Materialien kontaminiert war. Das Gelände musste zunächst saniert werden, denn der Bau von Wohnhäusern oder Schulen wurde gesetzlich untersagt. Die Stadt beschloss, zunächst eine Fläche von rund 660 000 Quadratmetern des ehemaligen Werksgeländes zu renaturieren und damit in Zukunft eine Basis für neue Jobs zu schaffen.
Sechs Jahre später, im Jahr 2007, kaufte der Casino-Betreiber Las Vegas Sands von der Stadt Bethlehem das Areal, das inzwischen in „Bethworks“ umbenannt war, um dort ein Casino-Resort zu bauen, mit dem auch rund 1000 Arbeitsplätze einher gingen.
Vergnügungs-Resort mit Industriecharme
Das mehr als 700 Millionen Dollar teure „Sands Casino Resort Bethlehem“ ist nun das größte Casino des Bundesstaats Pennsylvania. Auf dem Areal befinden sich auch ein Hotel mit rund 300 Zimmern, ein Konferenzcenter, eine Shopping Mall, Restaurants, Bars sowie zahlreiche unter- und überirdische Parkplätze. In Arbeit befindet sich außerdem ein Kunst- und Kulturzentrum für Theateraufführungen und Konzerte, das im Frühjahr 2011 fertig gestellt sein soll. In der zweiten Hälfte des kommenden Jahres soll auch das „National Museum of Industrial History“ in Bethlehem seine Tore öffnen, das eine permanente sowie temporäre Ausstellungen zur amerikanischen Industriekultur, insbesondere der Stahlproduktion, zeigen wird und damit an die Tradition der Stadt anknüpft.
Dass über 150 Jahre Stahlproduktion eine Stadt und ihre Einwohner prägen und dies nicht einfach durch blinkende Casinolichter überdeckt werden kann, war sowohl den Stadtvätern als auch den Casino-Betreibern klar. So fand man schließlich einen Weg, beides sinnvoll zu kombinieren. In das Casino-Design wurden der raue Industrie-Charme und die historischen Elemente durch Backsteinwände, Stahlelemente und perforierte, hinterleuchtete Metallblenden in fast allen Gebäuden integriert. Auch der große Erz-Kran wurde erhalten. Er dient als gestalterisches Element und soll die Besucher an die ursprüngliche Funktion des Geländes erinnern.
Licht symbolisiert die Stahlproduktion
Dass die industriell geprägte Historie der Stadt nicht vergessen wird, war besonders den Bürgern ein Anliegen. Um die Geschichte der örtlichen Stahlproduktion wiederaufleben zu lassen, beauftragte Las Vegas Sands die englischen Lichtdesigner von Speirs and Major damit, für einen Teil des noch bestehenden Werks eine dynamische Lichtinstallation zu konzipieren. Die Lichtgestalter versahen die alten Hochöfen und Rutschen schließlich mit LED-Leuchten, die das Werk von unten in den Farben rot und blau anstrahlen. Die Farben symbolisieren dabei den Erhitzungs- und Abkühlungsprozess des Stahls. Die Schornsteine scheinen somit durch die rote Beleuchtung regelrecht zu glühen. Die Lichtintensität, als Symbol des Erhitzens, nimmt mit der Zeit langsam zu, sodass das Werk in intensivem Rot erstrahlt, bevor es sich durch Einsetzen des blauen Lichts „abkühlt“ und schließlich für einen Moment in der Dunkelheit versinkt.
Mit diesem Beleuchtungsszenario ist es Speirs and Major gelungen, über Licht eine Verbindung zu der industriellen Vergangenheit des Ortes zu schaffen und diese in die Gegenwart zu integrieren. So wird die Geschichte der Stadt gewürdigt und den Casino-Besucher nebenbei die spannende Aussicht auf eine eindrucksvoll illuminierte Industrielandschaft geboten.
FOTOGRAFIE Alyssha Eve Csuk, Speirs and Major Associates
Alyssha Eve Csuk, Speirs and Major Associates
Links